Berlin/Göttingen (dpa/tmn) – Bunte Eier, Schokohasen und ein neues Fahrrad – kein ungewöhnlicher Dreiklang zu Ostern. Damit der Nachwuchs aber nicht nur einen Zuckerflash, sondern auch Freude am Radeln bekommt, helfen ein paar Tipps beim Kauf eines Kinderfahrrades – speziell beim ersten «richtigen». Aber was heißt eigentlich «richtiges»?
«Das Fahrradfahren lernen beginnt eigentlich schon früher», sagt Thomas Geisler vom Pressedienst-Fahrrad (pd-f). Denn die Grundvoraussetzungen werden schon mit ersten Rutschfahrzeugen gelegt. Hier sammelt das Kind Erfahrungen in Bezug auf Geschwindigkeiten und Lenken. Beim Laufrad lernt es dann das Balancieren – und mit dem Kinderfahrrad kommt dann das Pedalieren hinzu, anstelle sich mit den Füßen abzustoßen.
Nicht hineinwachsen – besser möglichst passgenau kaufen
Entscheidend ist die richtige Größe. Denn frei nach dem Motto «Da wächst es noch rein» sollte man nicht kaufen. «Ein zu großes oder zu kleines Fahrrad macht einfach keinen Spaß», sagt Thomas Geisler. «Das A und O ist, dass die Kinder mit den Fingern die Bremsgriffe gut erreichen und ziehen können.»
Bei der Einstellung der Sattelhöhe ist wichtig, dass das Kind zumindest bei den ersten Lernfahrten noch die Möglichkeit hat, mit beiden Füßen auf den Boden zu kommen. «Es kennt dieses mit den Füßen bremsen noch vom Laufrad her und wendet es in Gefahrensituationen noch intuitiv an», sagt Geisler.
«Grundsätzlich bei einem neuen Rad die niedrigste Sattelhöhe einstellen und schauen, dass das Kind mit den Fußspitzen stabil den Boden berühren kann», empfiehlt Nico Langenbeck als Projektleiter von der Stiftung Warentest. So kann es zum Beispiel an einer Ampel stehen bleiben, ohne Gleichgewichtsprobleme zu bekommen. Wenn es dann mit der Zeit Erfahrungen im Radfahren hat, kann der Sattel entsprechend höhergestellt werden, sodass es ergonomisch besser sitzt und die Beine beim Treten besser durchstrecken kann.
Orientierung vor Ort und bei den Größen
«Wir raten, ein Fahrrad am besten beim Händler vor Ort zu kaufen», sagt Nico Langenbeck. Zum einen lassen sich verschiedene Modelle nacheinander Probe fahren, und zum anderen gibt es auch die Beratung und den Service vor und nach dem Kauf.
Auch für Thomas Geisler ist das ideal. Doch für eine Überraschung – oder vorab für eine erste Orientierung später im Laden – kann man sich an der Größe der Reifen orientieren. Manche Hersteller geben im Internet Hinweise, für welche Körpergrößen die Angaben in Zoll in etwa passen.
Allerdings: Eins zu eins lässt sich das nicht von einem auf den anderen Hersteller übertragen, weil sich deren Angaben unterscheiden können, welche Radgrößen zu jeweils welcher Spanne bei den Körpergrößen passen. Und auch die Körpergröße allein ist nur eine Richtschnur, denn etwa auch die Längen der Beine und des Oberkörpers können ja sehr unterschiedlich ausfallen.
Die Räder starten meist bei 10 bis 12 Zoll – oft noch Laufräder ohne Pedale. Es gibt in der Größe aber auch schon Modelle mit Pedalen. Die passen dann oft für Kinder im Alter von etwa anderthalb bis drei Jahren. Ab etwa drei bis vier Jahren sind dann oft Modelle mit 14-Zoll-Reifen passend. Für Kinder ab der Einschulung bei etwa sechs Jahren werden vorwiegend Räder mit 20-Zoll-Größen ins Auge gefasst. Das sei auch die Größe, wo es bei der Ausstattung schon eine größere Auswahl etwa hinsichtlich der Bremsen und der Gangschaltung gebe, so Langenbeck.
Wie schwer sind Kinderfahrräder?
Bei einem der jüngsten von Langenbeck betreuten Tests ging es um Räder mit 20-Zoll-Reifen. Einige Modelle wogen viel – sogar über 15 Kilogramm. «Da ist selbst manch Erwachsenenrad leichter», sagt der Experte. Andere brachten dagegen nur etwa 8 Kilo auf die Waage.
Gerade bei der Auswahl für Jüngere ist es sinnvoll, auf nicht zu schwere Modelle zu achten. «Für das Kind sind sie einfacher zu handeln, etwa beim Anfahren oder wenn sie das Rad auch mal aufheben.» Das Gewicht hängt auch vom Material des Rahmens ab. Ein Rad mit Stahlrahmen mag zwar ein wenig stabiler sein, so Langenbeck. «Aber der ist dann auch deutlich schwerer als etwa einer aus Aluminium.»
«Viele Hersteller achten jetzt darauf, möglichst leichte Kinderräder zu bauen, damit die Kinder nicht zu viel Gewicht mitschleppen und beschleunigen müssen», sagt Geisler. «Heute geht es bei den Kinderfahrrädern eher in den Bereich Mountainbike.» Also ohne Gepäckträger und weniger Zubehör. Als Rahmenmaterial kommt Aluminium zum Einsatz.
Einstiegsmodelle mit 16-Zoll-Rädern wiegen rund 6 bis 7 Kilogramm, teilweise sogar nur 5. Aber wie bei den Modellen für Erwachsene gilt: «Je leichter das Rad wird, desto kostenintensiver wird es», sagt Geisler.
Worauf bei der Ausstattung zu achten ist
Mittlerweile haben sich laut Geisler zwei Handbremsen auch beim Kinderrad durchgesetzt. Der Grund sei, dass später ansonsten eine Umstellung vom Rücktritt auf die Handbremsen erfolgen müsste. «Auch die Dosierbarkeit der Handbremse ist einfach besser als die Rücktrittbremse», sagt Geisler.
Zudem müsste man bei einer Rücktrittbremse im Ernstfall ja auch erst mal in der richtigen Pedalstellung sein, um schnell und mit ausreichend Kraft zurücktreten zu können, rät auch Langenbeck von der Rücktrittbremse ab. Einige Hersteller bieten auch farblich unterschiedliche Griffe links und rechts – fürs Vorderrad und Hinterrad.
Beim Licht gibt es meist die Wahl zwischen einem Nabendynamo und einer leichteren, abnehmbaren Akkubeleuchtung. Seitenlaufdynamos gibt es kaum noch oder nur bei sehr billigen Rädern. Rechtlich benötigen Räder für Kinder unter acht Jahren keine Beleuchtung, da sie als Spielfahrzeuge gelten und nur auf dem Gehweg genutzt werden dürfen.
Mehr ist nicht immer mehr
Bei der Auswahl sollte man sich nicht so von Technik-Schnickschnack verleiten lassen. Es gibt Modelle, die schon eine Federgabel oder Vollfederung haben. «Das ist gerade bei kleinen Kindern bei den ersten Rädern aber noch sinnlos. Sie können die Federung noch gar nicht auslösen, weil sie einfach zu leicht sind», sagt Geisler.
Eine Schaltung ergibt demnach ebenfalls erst für Ältere Sinn, weil erst sie den Schalthebel richtig bedienen und auch die Vorzüge der Schaltung auskosten können. Auch lassen sich kleinere Kinder von der Schaltung noch zu sehr ablenken, gerade im Straßenverkehr.
Es gebe Mountainbikes mit 16-Zoll-Reifen mit Schaltung, und für den hauptsächlichen Betrieb im Gelände könne das Sinn ergeben. Aber wenn Kinder vorzugsweise im Alltag unterwegs sind, dann rät Geisler frühestens ab sechs bis sieben Jahren dazu.
Was kosten gute Räder?
Beim erwähnten 20-Zoll-Test schnitten nur drei von zwölf Rädern mit einem «gut» im Qualitätsurteil ab. Diese lagen zwischen rund 270 bis 480 Euro. Auf den allgemeinen Markt bezogen dürfte die Spanne in der genannten Größe bei rund 200 starten und dann hochgehen bis etwa 600 Euro. Da gibt es laut Langenbeck aber auch schon große Unterschiede bezogen auf die verbauten Komponenten, die Ausstattung etwa mit Schaltung, Federung, Bremsen und das Gewicht.
«Es gibt Anbieter, da muss ich die verschiedensten Komponenten und Zubehörteile noch mal extra bezahlen. Das heißt, ich bekomme grundlegend nur das nackte Fahrrad und muss für Schutzbleche, Seitenständer, Licht und so weiter noch on top bezahlen», sagt er.
Bei kleineren Größen um die 14 bis 16 Zoll für Kinder drei oder vier Jahren liegt man laut Langenbeck nicht ganz so weit weg davon. Die starten auch etwa bei 200 Euro. «Da gibt es aber auch Modelle, die schon selbst in der Größe 400 Euro kosten oder sogar mehr mit den ganzen Anbauteilen, die man dazu noch vielleicht benötigt. Also bis 500 Euro kann man auch in der Größe schon ausgeben.»
Vor dem Kauf eine Probefahrt machen
Der Experte von Stiftung Warentest rät zur ausgiebigen Probefahrt. Wenn da schon etwas klappert, quietscht, wackelt oder sich nur schwerfällig bedienen lässt – Finger weg.
Wer nur online bestellt, sollte beachten, dass es sein kann, dass das Rad noch nicht final montiert ist. Dann muss man im Zweifel noch Teile wie Lenker oder Pedale montieren, einstellen oder festziehen. Wer das nicht tun will oder nicht das passende Werkzeug hat, kann das von einer Werkstatt machen lassen.
Ein weiterer Nachteil: Passt das Online-Rad dann doch nicht, muss es in der Regel verbunden mit Zeit- und Kostenaufwand wieder verpackt und zurückgeschickt werden. Aber mittlerweile haben ja einige Versandhändler auch Ladengeschäfte. Dann ist der Weg für die zurückhoppelnden Osterhasen nicht mehr ganz so weit.