Rostock (dpa/mv) – Ein des Mordes an seinem Vater, seiner Schwester und seiner Mutter angeklagter 27-Jähriger hat laut Zeugenaussagen Tage nach deren Tod gemeinsam mit Freunden gefeiert. Die wussten zu dem Zeitpunkt des Treffens am 18. Februar noch nichts vor den Vorwürfen gegen ihn, aber Vater und Schwester waren bereits zwölf Tage und die Mutter acht Tage tot. «Alles war ganz normal. Er war immer gut gelaunt und gut drauf», schilderte ein früherer Freund des Angeklagten das Treffen.
Der Mann soll am 7. Februar in Rövershagen (Kreis Rostock) zunächst seinen auf der Couch schlafenden und angetrunkenen Vater (52) mit einer Armbrust vier Pfeile in den Kopf geschossen haben. Da er aber nicht sofort tot war, stach er mit einer Gartenmachete mit einer 23 Zentimeter langen Klinge auf ihn ein. Der Vater verblutete.
Noch am selben Tag lockte der Deutsche laut Anklage seine Schwester in das elterliche Haus. Auch ihr schoss er von hinten Pfeile in den Kopf und stieß ihr die Machete in die linke Brust, wodurch laut Anklage Herz und Lunge durchstochen wurden. Einige Tage später, am 11. Februar, soll er dann seine von einer Dienstreise zurückkommende 48 Jahre alte Mutter auf nahezu gleiche brutale Weise umgebracht haben.
Der 27-jährige Zeuge hatte im Februar und im März oft Kontakt zu dem Angeklagten. Ende 2021 sah er auch ein Handy-Video, in dem der Angeklagte mit einer Armbrust auf eine Art Metallbox oder Autotür schoss, die von den Pfeilen durchstoßen wurde. Die Freundin des Zeugen war mit der Schwester des Angeklagten befreundet. «Er war lustig, und es war immer toll, mit ihm zusammen zu sein», sagte der Zeuge. Er, der Angeklagte, habe ihn oft zum Essen eingeladen, immer gute Sprüche gehabt, sei allerdings oft auch aufgedreht gewesen.
Die Schilderung konterkarierte das Erscheinungsbild des Angeklagten im Gericht, wo er mit gebeugtem Kopf neben seiner Anwältin sitzt und den Blick meist gesenkt hält. Auch am vierten Verhandlungstag betrat er den Gerichtssaal 2.002 in blauer Jogginghose, blauem Sweatshirt und mit Fußfesseln. Das Gericht hörte am Donnerstag auch Arbeitskolleginnen der getöteten Mutter. Sie schilderten die Frau, die als Reinigungskraft beschäftigt war, als hilfsbereit und freundlich. Sie habe immer viel gearbeitet.
Sie sei am 14. Februar nicht wie vereinbart zur Arbeit erschienen. Der Sohn habe ihr erklärt, dass die Mutter mit zwei Koffern das Land Mecklenburg-Vorpommern verlassen habe, berichte die 49-jährige Vorgesetzte der Mutter von einem Telefonat mit dem Sohn. «Das war für mich eine befremdliche Situation.» Zu dem Zeitpunkt war die Mutter bereits tot.
Sie und eine weitere Kollegin schickten immer wieder SMS und Whatsapp-Nachrichten auf das Handy der Frau, die aber alle unbeantwortet blieben. Am 23. Februar habe man schließlich über die Notrufnummer 110 eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Die Polizei sei auch zu dem Haus in Rövershagen gefahren, wo sie niemanden angetroffen habe. Die Polizei habe das als erledigt angesehen, weil keine Vermisstenanzeige durch die Familie vorlag.
Bis zur Verhaftung des Angeklagten dauerte es noch mehrere Wochen. Am 28. Februar soll er die Leichen laut Anklage in selbstgebauten Särgen mit einem geliehenen Bagger an einem Feldrand vergraben haben. Am 30. März wurde er verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. In polizeilichen Vernehmungen hatte er die Taten gestanden, sein Geständnis aber vor Gericht widerrufen. Der Prozess ist bis 15. Dezember terminiert und soll am 5. Dezember mit dem fünften Verhandlungstag fortgesetzt werden.