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Wolfgang Schäuble ohne Ende

In der Regierung Merkel ist Wolfgang Schäuble der erfahrenste und mächtigste Minister. Im Parlament sitzt er seit bald 45 Jahren. Schäuble wird am Montag 75 Jahre alt - und will weitermachen.

Offenburg (dpa) – Am 19. November kann Wolfgang Schäuble im Bundestag ein besonderes Jubiläum feiern: Dann gehört der CDU-Politiker dem Parlament ohne Unterbrechung auf den Tag genau 45 Jahre an. Einen Rekord hat der Mann aus Baden, seit 2009 Bundesfinanzminister, schon sicher: Er ist in der Geschichte der Bundesrepublik der am längsten amtierende Bundestagsabgeordnete. Von Aufhören ist keine Rede, der Jurist will dem Parlament weiter treu bleiben. «Ich bin Parlamentarier mit Leib und Seele», sagt er.

An diesem Montag wird Schäuble 75 Jahre alt. Er feiert den Geburtstag, sechs Tage vor der Bundestagswahl, in seinem Wohnort Offenburg am Oberrhein. Zu einem Empfang in Schäubles Wahlkreis kommen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Der Christdemokrat, der seit dem Attentat eines geistig verwirrten Mannes auf ihn im Oktober 1990 im Rollstuhl sitzt, vertritt den ländlich geprägten Wahlkreis Offenburg seit 1972 im Bundestag. Er hat jedes Mal das Direktmandat geholt, der Wahlkreis gilt traditionell als CDU-Hochburg.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (l) und Bundeskanzler Helmut Kohl (r) am 23.05.1990 während einer Bundestagsdebatte in Bonn. In der Mitte Kanzleramtsminister Rudolf Seiters.

Schäuble ist erneut auch Spitzenkandidat der CDU Baden-Württemberg. Der Wiedereinzug ins Parlament ist ihm sicher. In der Partei und in seinem Wahlkreis ist er eine Macht: Nominiert von der Offenburger CDU wurde er mit 99,1 Prozent. Bei der Nominierung zur Wahl 2013 waren es 95,5 Prozent. Auch die Wähler stehen mehrheitlich hinter ihm: Bei der Bundestagswahl 2013 bekam Schäuble 56,1 Prozent der für das Direktmandat entscheidenden Erststimmen.

Schäuble, verheiratet und Vater von vier Kindern, ist in der amtierenden Regierung der erfahrenste und mächtigste Minister. Er prägte in Spitzenpositionen die Bonner Republik ebenso wie den aktuellen Berliner Politbetrieb, diente den Regierungen Helmut Kohl und Angela Merkel (beide CDU). Als Bundesinnenminister 1989 und 1990 handele er die Verträge zur Wiedervereinigung aus und gilt als «Architekt der Deutschen Einheit».

Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble (r) gratuliert dem CDU-Vorsitzenden, Bundeskanzler Helmut Kohl, zu seiner Rede bei der traditionellen Wahlkampfauftakt-Veranstaltung am 23.08.1998 in der Dortmunder Westfalenhalle.

Mit Kohl, seinem früheren Förderer, kam es zum Bruch, als Schäuble in den Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre und nach seinen Aussagen im Bundestag zu einer 100 000-Mark-Barspende Anfang 2000 als CDU-Vorsitzender weichen musste. Merkel übernahm von ihm den Parteivorsitz. Als sie 2005 Kanzlerin wurde, machte sie Schäuble zum Innenminister, vier Jahre später zum Finanzminister.

Als Finanzminister managte Schäuble auf deutscher und europäischer Bühne seit 2009 die Finanz-, Euro- und die Griechenlandkrise. Er machte sich einen Namen als harter Verhandler, bei dem seine Kritiker Kompromisse vermissten. So bleibt Schäuble bislang kategorisch bei seinem Nein zu Schuldenerleichterungen für Griechenland.

Der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble legt am 22.11.2005 in Berlin im Bundestag vor Bundestagspräsident Norbert Lammert den Amtseid ab

Mit welchem Amt Schäuble nach der Wahl rechnen kann, ist offen. Das ist dem CDU-Politiker, der in seiner Partei den konservativen Flügel abdeckt, nicht neu. Er war früher als Spitzenkandidat der Berliner CDU im Gespräch, auch als EU-Kommissar sowie als Chef der Eurogruppe und 2004 als Bundespräsident – er kam nicht zum Zug. Zu Kohls Zeiten als Kanzler galt er als dessen Kronprinz. Doch Kanzler oder Präsident wurde Schäuble, trotz seiner Ambitionen, nicht. Im Herbst 2010, nach gesundheitlichen Problemen, dachte Schäuble ernsthaft ans Aufgeben. Merkel überredete ihn zu bleiben – und gab ihm Zeit zur Erholung.

In der badischen Provinz hat Schäuble seine Heimat. Im rund 60 000 Einwohner zählenden Offenburg wohnt er in einem zwischen Fabrikhallen, einem großen Kino-Komplex und der Hauptstraße gelegenen Hochhaus, das als Mehrgenerationenhaus konzipiert ist.

Die Stadt hatte Bedenken, dass sich das Gebiet zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt. «So ist es ja dann auch gekommen», scherzt Schäuble gerne: «Heute wohnt sogar ein Politiker da.»

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