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Wenn der Bademeister fehlt – Freibäder suchen Personal für den Sommer

Was wäre ein heißer Sommer ohne den erfrischenden Ausflug ins Freibad? Doch viele Bäder kämpfen mit Personalmangel - im vergangenen Jahr konnten einige deshalb tagelang nicht öffnen. Nun sucht die Branche nach guten Lösungen.

In Gedanken ist Ralf Becker im Moment oft bei einem perfekten Sommertag mit viel Sonnenschein und 30 Grad im Schatten. Optimales Wetter für einen Tag im Freibad! Doch im vergangenen Jahr gab es in Essen, wo Becker den Bäderbetrieb leitet, lange Gesichter bei den Besuchern: Wegen Personalmangels blieben Freibäder selbst in den Sommerferien zeitweise geschlossen. Anderen Städten ging es nicht besser. Damit das in diesem Jahr nicht wieder passiert, suchen Bäder händeringend Leute. Doch der Arbeitsmarkt ist leer gefegt.

«Dieses Jahr haben wir schon im Winter angefangen, nach Rettungsschwimmern für den Freibadbetrieb zu suchen», sagt Becker. Sport-Studenten und Abiturienten wurden angesprochen, ambitionierte Schwimmer in den Vereinen umworben. In den Schwimmbädern hängen Plakate, die auf den Job am Beckenrand aufmerksam machen. In den nächsten Wochen startet noch eine große Kampagne mit Anzeigen in der Zeitung, Werbespots im Radio und Werbung in den Sozialen Netzwerken. Die Stadt bietet künftigen Mitarbeitern kostenlose Kurse an, um das benötigte Rettungsschwimmabzeichen in Silber zu erreichen.

Kein kleiner Aufwand, um die 50 in Essen benötigten Rettungsschwimmer für die Freibadsaison zu gewinnen. Aber ohne das nötige Personal bleiben die Freibäder zu. «Bislang haben wir durch unsere Bemühungen etwa die Hälfte der Stellen besetzt», sagt Becker. Das sei immerhin schon deutlich mehr als im vergangenen Jahr um diese Zeit.

Schätzungen zufolge fehlen in Deutschland zwischen 2000 und 3500 Bademeister – das sind die Fachleute, die sich um das ganze Bad mit seiner Technik, den Wasserwerten und so weiter kümmern. Die vielen Rettungsschwimmer, die gerade in den Stoßzeiten im Sommer am Beckenrand stehen, sind da noch gar nicht mitgezählt.

«Viele sind nicht mehr bereit, bei schönem Wetter und am Wochenende im Schwimmbad zu stehen, wenn die anderen frei haben», sagt Peter Harzheim, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister. Harzheim führt das auch auf die Arbeitsbedingungen zurück. «Der Beruf ist kaputtgespart worden. Schwimmmeister werden teilweise wie Aushilfen bezahlt.» Und auch Rettungsschwimmer hätten oft lukrativere Alternativen, als im Sommer befristet für ein paar Wochen im Freibad zu arbeiten. Auf einen Tariflohn von rund 15 Euro brutto pro Stunde plus Zuschläge kommt ein Rettungsschwimmer etwa in Essen.

«Im letzten Jahr haben schon sehr viele Bäder in Deutschland die Öffnungszeiten reduzieren müssen. Das wird diesen Sommer kaum besser werden», glaubt Eric Voß, der bei der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen in Essen für das Thema Personal zuständig ist. Er ermuntert die Betreiber, das Thema offensiv anzugehen – mit Werbung etwa in Schulen, Unis und auf Ausbildungsmessen.

Viele Bäder haben schon reagiert. In Nordrhein-Westfalen haben im vergangenen Jahr 250 junge Menschen die Ausbildung zum Bademeister begonnen, deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. In Dortmund etwa haben die Bäderbetriebe die Zahl der Auszubildenden mehr als verdreifacht. Die Perspektiven seien gut, sagt Sprecherin Sonja Schöber. «Wir sind natürlich bemüht, immer alle Auszubildenden zu übernehmen.» Aber um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben, müsse sich an den Gehältern für Bademeister etwas tun, betont Schöber. Dafür müsse letztlich die Politik das Geld bereitstellen, denn schon heute sind Schwimmbäder Zuschussbetriebe.

Der Job an sich sei eigentlich attraktiv, sagt Schwimmmeister Harzheim. «Man bringt Kindern das Schwimmen bei, schaut in viele zufriedene Gesichter, übernimmt Verantwortung für Technik mit Millionenwert, für die Wasseraufbereitung, für Pumpen und Lüftungsanlagen. Und im Ernstfall kann man einem Menschen das Leben retten.»

Kurzfristig werden die ergriffenen Werbe-Maßnahmen zur Personalgewinnung aber wohl nicht ausreichen. «Wir werden in den nächsten Jahren nicht das Angebot halten können, an das wir uns gewöhnt haben», sagt Voß. Viele Städte haben zuletzt im Sommer schon die Öffnungszeiten der Hallenbäder reduziert, um genügend Personal für die Außenbecken zu haben. Andere lassen im Zweifel lieber die Freibäder zu, damit in den Hallenbädern der Vereinssport und der Schwimmunterricht weitergehen können – Leverkusen etwa geht diesen Weg.

In Essen setzt Bäder-Chef Becker darauf, dass durch die Werbekampagne in den nächsten Monaten noch viele offene Stellen besetzt werden können. Denn dann muss er im Sommer gar nicht überlegen, welche Bäder er öffnen kann und welche nicht.

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