Kassel/Darmstadt/Fulda (dpa/lhe) – Wegen der anhaltenden Trockenheit und niedriger Grundwasserstände beschränken in Hessen immer mehr Kommunen und Landkreise die Wasserentnahme. Im Vogelsbergkreis etwa ist die Entnahme von Wasser aus Bächen, Flüssen und Seen seit Sonntag verboten. «Die Niederschläge können das offensichtliche Defizit etwa in den Quellgebieten im Vogelsbergkreis nicht ausgleichen – und aktuell ist für die kommenden Monate nicht von einer grundsätzlichen Besserung auszugehen», sagte Jens Mischak, Erster Kreisbeigeordneter und zuständiger Dezernent.
Das Verbot solle dazu beitragen, die Ökosysteme zu schützen. Auch in den Vorjahren seien frühzeitig Entnahmeverbote ausgesprochen worden, die Entwicklungen in Bezug auf Trockenheit und Wasserknappheit seien offensichtlich. «Einerseits zeigen Trockenheit und Dürre sowie andererseits Starkregenereignisse, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen.»
Auch Darmstadt hat wie im Vorjahr erneut eine Verfügung zu einer Beschränkung der Wasserentnahme an oberirdischen Gewässern erlassen. Das Verbot untersagt bis auf Widerruf die Entnahme von Wasser aus Bächen, Teichen und Seen. Ausgenommen seien nur Tränken für Vieh und das Abschöpfen mit einem Gefäß.
Neben den Gewässern an der Oberfläche sei aber auch das Grundwasser betroffen. «Auch wenn kein Wassernotstand für Darmstadt ausgerufen werden muss, wie dies in anderen Kommunen der Fall ist, rät die Wissenschaftsstadt Darmstadt zum schonenden Umgang mit dem Trinkwasser», teilte die Stadt mit. Von einem Befüllen von Pools, der Bewässerung von Zierrasen oder Autowäschen werde abgeraten. Zudem habe die Stadt in Bezug auf die sich ändernden klimatischen Bedingungen Flächen angelegt, die mittelfristig ohne Bewässerung auskommen sollen.
Auch im Landkreis Kassel darf seit vergangener Woche kein Wasser mehr aus den Oberflächengewässern entnommen werden. Die beiden größeren Flüsse Fulda und Weser sind von dem Verbot bis auf Weiteres nicht betroffen. «Die Trockenheit setzt unsere Region bereits jetzt unter Druck», erklärte Thomas Ackermann, Dezernent für Umwelt und Klimaschutz im Landkreis Kassel. «Im Dürremonitor Deutschland kann man erkennen, wie dramatisch es mit unserer Region bestellt ist.» Aufgrund der anhaltenden Trockenheit seien die Pegelstände an den nord- und osthessischen Gewässern auch in diesem Jahr in den Niedrigwasserbereich gesunken.
In Fulda gibt es bislang keine Maßnahmen zur Wassereinsparung. Dennoch gilt der generelle Appell, sorgsam mit den Ressourcen umzugehen, wie ein Sprecher der Stadt mitteilte. In den Grünflächen werden weiterhin die Wechselbepflanzung sowie die in den vergangenen drei bis fünf Jahren gepflanzten Jungbäume bewässert.
Die Rasen-Sportplätze müssten regelmäßig ihr Wasser bekommen, um sie bespielbar zu halten. «Ein Vertrocknen der Rasenfläche hätte zudem zur Folge, dass diese dann aufwendig saniert werden müssten, was mit hohen Kosten verbunden wäre», betonte der Sprecher. Dabei werde darauf geachtet, die Flächen vor allem morgens und abends zu bewässern, da zu diesen Tageszeiten die Verdunstung geringer sei. Grundsätzlich sei es zwar auch in Fulda derzeit sehr trocken, allerdings sei die Lage (noch) nicht dramatisch.
Hessens Regierungspräsidien appellieren an die Bürgerinnen und Bürger, verantwortungsvoll mit den Gewässern umzugehen und auf Wasserentnahmen aus Bächen zu verzichten. «Insbesondere an kleinen Gewässern wie Bächen besteht die Gefahr, dass zusätzliche Wasserentnahmen den Fischen und anderen Gewässerorganismen jegliche Überlebensmöglichkeiten entziehen und diese dann absterben», warnte etwa das Regierungspräsidium Darmstadt.
Der BUND Hessen mahnte schnelles Handeln an. «In Hessen droht der nächste Dürresommer», sagte der stellvertretende Geschäftsführer Thomas Norgall. Die anhaltende Trockenheit mache die Einschränkungen und Verbote der Wasserentnahmen nötig. Die Entwicklung der letzten Jahre zeige, wie schnell der Klimawandel unser aller Leben verändere. «Niedrigwasser in größeren Flüssen bedeutet ausgetrocknete Oberläufe und damit die Gefährdung der dortigen Ökosysteme. Der sorgsame Umgang mit Wasser und vermehrte Anstrengungen zum Wassersparen dulden keinen Aufschub mehr», so Norgall.
In der Natur macht sich der Trockenstress bereits deutlich bemerkbar. Besonders die älteren Bäume im Wald oder in den öffentlichen Grünflächen würden unter der Trockenheit der zurückliegenden Jahre leiden, teilte etwa die Stadt Wiesbaden mit. «Zu erkennen ist das an lichten Baumkronen und in der Folge das Absterben von Kronenteilen oder des ganzen Baums.» Die überdurchschnittlichen Niederschläge in diesem Frühjahr hätten nicht ausgereicht, um auch tiefere Bodenschichten mit Feuchtigkeit zu durchdringen.
Das Grünflächenamt setze bei Auswahl und Konzepten für städtische Flächen vermehrt auf möglichst trockenheitsverträgliche Pflanzen, erläuterte die Stadtverwaltung. Einige Beete würden mit mineralischen Mulchschichten vor Verdunstung geschützt und mit einer wassersparenden Tröpfchenbewässerung versehen.
«Weiterhin setzt das Grünflächenamt bei der Bewässerung von Bäumen auf die Verwendung von so genanntem Brauchwasser», ergänzte die Stadtverwaltung. Dieses Wasser sei nicht zu Trinkwasser aufbereitet worden und stamme etwa aus dem Main oder Rhein.
Auch in Kassels Parkanlagen leidet vor allem der Baumbestand. «Wir bewässern in unseren Parkanlagen im notwendigen Maße», erklärte eine Sprecherin des Betreibers Hessen Kassel Heritage. Das beträfe vor allem junge und ältere Bäume, die durch die Trockenheit leiden würden. «Dafür nutzen wir Wasser aus den parkeigenen Reservoirs, die durch Oberflächenwasser, Quellen oder Zuläufe gespeist werden.» Das Gießwasser werde letztlich wieder dem Grundwasserkreislauf zugeführt.