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Wächst Reis auch in Brandenburg? Experiment in ungenutzten Teichen

Der Versuch klingt exotisch: In Brandenburg soll es bald Reisfelder geben. Ob die Idee funktioniert?

Reis aus Brandenburg? Rund 60 Kilometer nördlich von Berlin soll ein Experiment starten: Ein Agrarbetrieb will in nicht mehr genutzten Teichen in Linum im Ruppiner Seeland Reis anbauen. Zehntausende Setzlinge seien gepflanzt, hieß es in der Ankündigung des Unternehmens, das am Freitag sein Projekt vorstellen wollte. Der Betrieb, der Karpfen züchtet und für eine naturnahe Fischwirtschaft mitten im Linumer Vogelschutzgebiet eintritt, sprach vom «nördlichsten Reisanbauversuch der Welt».

Aus Sicht von Experten ist das Neuland in Deutschland. Angesichts des Klimawandels und höherer Temperaturen sei Reisanbau mit bestimmten Sorten hierzulande aber auch nicht ausgeschlossen, sagte die Agrarforscherin Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura der dpa. Große Reisfelder gibt es noch in Italien als vergleichsweise weit nördlich gelegene Anbauregion für das aus Asien stammende Getreide.

Bislang gibt es auch in Brandenburg Tests für den Anbau von Pflanzensorten ohne Erde in sogenannten Klimakammern. In einer Indoor-Anlage lasse sich auf 1,1 Hektar Produktionsfläche pro Tag zwischen zwei und drei Tonnen Reis ernten, sagte Frank Riesbeck, dessen Unternehmen in Paulinenaue im Havelland Prototypen für die vertikale Pflanzenzucht entwickelt habe. Auch in Baden-Württemberg tüftelten Agrarforscher der Universität Hohenheim schon vor vielen Jahren an neuen Entwicklungen: Das Getreide soll in Etagen wie in einer Art Hochhaus das ganze Jahr über und unabhängig von Umwelteinflüssen wachsen können.

Aber geflutete Reisfelder auf Teichanlagen, da, wo früher viele Fische schwammen? Eine Alternative für die Teichwirtschaft könne das nicht sein, sagte der Geschäftsführer des Fischereiverbandes, Lars Dettmann, der dpa. Zumal die Nachfrage nach Karpfen nach seinen Angaben nicht zurückgehe. Das Unternehmen Naturfisch, das nun den Reis-Versuch in Linum starten will, sprach von einem stagnierenden bis rückläufigen Absatz von Karpfen als Speisefisch.

«Wir können die Nachfrage gar nicht decken», sagte dagegen Verband-Geschäftsführer Dettmann. Er sei aber offen und neugierig auf die Ergebnisse des Reisanbauversuchs. Auch Brandenburgs Bauernpräsident Henrik Wendorff sagte angesichts des Wandels in der Landwirtschaft: «Vieles ist denkbar.» Das Linumer Teichland ist Naturfreunden und Vogelkundlern vor allem als Rastplatz für Gänse und Kraniche bekannt.

Die Hochschul-Professorin Bellingrath-Kimura, die an der Humboldt-Universität in Berlin und am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg arbeitet, sagte: «Ich kenne keine Sorten, die in höheren Breitengraden wie Brandenburg adaptiert sind.» Aber eigentlich sei Deutschland für Reis zu kalt – «noch», meinte sie mit Blick auf den Klimawandel. Es fehle hierzulande die nötige Wärme etwa im September und Oktober, wenn der Reis noch reife.

Geflutete Reisfelder stehen zudem in der Kritik, weil sie viel klimaschädliches Methan ausstoßen. Mit bestimmten Bewirtschaftungsmethoden wie etwa dem abwechselnden Fluten und Trocknen der Fläche, lasse sich das Treibhausgas verringern, weiß Bellingrath-Kimura, die aus Japan kommt. Das schwierigste beim Reisanbau sei zudem die Unkraut-Regulierung. Reisbauern in Asien setzten inzwischen auch auf Enten als natürliche Unkraut- und Insektenfresser.

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