Perleberg/Potsdam (dpa/bb) – Roy Hartung ist vorsichtig: Noch weiß er nicht, ob er mit seinem Unternehmen Vormark Kochkultur in Perleberg (Landkreis Prignitz) unter die seit Anfang Januar geltende Mehrwegpflicht fällt. Seitdem müssen Gastronomiebetriebe, die Speisen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, neben Einweg- auch Mehrwegverpackungen bereithalten.
Der neuen Vorgabe zufolge darf dasselbe Produkt in der Mehrwegverpackung nicht teurer sein als in der Einwegverpackung. Ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse, Spätis und Kioske. Allerdings besteht die Möglichkeit, Speisen und Getränke in selbstmitgebrachte Mehrwegbehältnisse füllen zu lassen.
Hartung hat zwei Kantinen in Perleberg, die Essen zum Mitnehmen anbieten. Außerdem beliefert er Privatpersonen, Unternehmen sowie Kitas und Schulen. «Wir denken, dass wir unter die Mehrwegregelung fallen», sagt der Unternehmer. Deswegen hat er für seine Kantinen einen kleinen Stapel an Mehrweggeschirr angeschafft, in denen die Kunden gegen Pfand anstelle von Einwegverpackungen ihr Essen mitnehmen können.
Der Großteil der Gastronomiebetriebe im Land ist nicht betroffen, wie Olaf Lücke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Brandenburg, sagt.
Mehrwegverpackungen vorhalten müssen laut Gesetz nur Betriebe, die mindestens fünf Mitarbeiter haben und eine Verkaufsfläche von mindestens 80 Quadratmetern aufweisen. Auch Ketten wie Bahnhofsbäckereien fallen laut Bundesumweltministerium unter einer Bedingung unter diese Regelung: und zwar dann, wenn im gesamten Unternehmen mehr als fünf Beschäftigte arbeiten, selbst wenn die Verkaufsflächen der einzelnen Stellen weniger als 80 Quadratmeter betragen. Ebenso betrifft die Regelung Gastrobetriebe, die Essen ausschließlich in Einweg-Kunststoffverpackungen ausgeben. Der klassische Pizzakarton fällt in der Regel nicht darunter.
Grundsätzlich hält Lücke eine Mehrwegregelung für sinnvoll, weil sie helfe, Müllberge zu verringern. Dennoch kritisiert er die Neuregelung, weil sie aus seiner Sicht zum falschen Zeitpunkt kommt und nicht konsequent genug ist. «Nach zwei Jahren Corona, Inflation und Kostensteigerungen jetzt noch eine Mehrwegpflicht – das hätte man aufschieben können», meint der Geschäftsführer.
Ebenso hält er die Regelung für inkonsequent, weil es dem Kunden überlassen bleibt, ob er sich für eine Einweg- oder Mehrwegverpackung entscheidet. «Wenn ich Pfand zahlen muss für eine Mehrwegverpackung, dann möchte ich mal sehen, für was sich die Kunden entscheiden», prognostiziert Lücke. Aus seiner Sicht wäre es konsequent gewesen, für einen Übergangszeitraum beide Systeme parallel laufen zu lassen und dann die Einwegverpackungen ganz abzuschaffen.
«Das System funktioniert nur, wenn der Gast es akzeptiert», sagt Lücke. Deswegen plädiert er dafür, dass sich Gastronomen Verbundsystemen anschließen, damit die Kunden – wie bei Getränkeflaschen – Becher oder Essensbehälter überall zurückgeben können. Gerade im Ballungsraum Berlin sei das besonders wichtig, weil es hier viele Pendler gebe. «Für den Verbraucher muss es praktikabel sein.»
Der Dehoga veranstalte für seine Mitglieder für die Umsetzung der Mehrwegpflicht Infoveranstaltungen und biete ihnen Unterstützung an, zumal auf die Gastronomen einige Kosten zukämen. «Die doppelte Umschlagsmenge an Mehrweggeschirr müssen Sie schon vorhalten», sagt Lücke. Da könnten pro Betrieb ein paar Tausend Euro zusammenkommen.