Wacken (dpa) – Für die Metal-Gemeinde beginnt und endet ihr jährliches Fan-Treffen zwar im Schlamm. Doch 61 000 trotzen im schleswig-holsteinischen Wacken seit Tagen den Wetterkapriolen, feiern und haben Spaß. Allerdings bleibt mehr als 20 000 Gleichgesinnten wegen des schlechten Zustands der Campingplätze zum Zuschauen allenfalls der Stream. Erwartet worden waren 85 000 Metalheads, das Festival (W:O:A) war offiziell seit einem Jahr ausverkauft. Die bisherige Bilanz eines ganz besonderen Events:
ERSTATTUNGEN: Wer nicht mehr auf das Gelände durfte, bekommt sein Geld zurück – das haben die Veranstalter den rund 24 000 Betroffenen zugesagt. Wie genau das ablaufen wird, steht offiziell noch nicht fest. Nach Angaben von Festival-Mitbegründer Thomas Jensen wollen aber längst nicht alle ihr Geld zurück, sie wollen lieber eine Karte für 2024. Viele Metalfans hätten sich deshalb bereits an die Veranstalter gewandt. Deshalb soll es voraussichtlich ein Vorkaufsrecht für diese nicht in Wacken feiernden Fans geben. Wie genau das Prozedere aussehen wird, ist aber noch nicht klar.
FRUST DER ABGEWIESENEN: Direkt nach dem zunächst verkündeten Einlassstopp für Autos berichteten in den sozialen Medien zahlreiche Nutzer enttäuscht, sie seien bereits unterwegs oder harrten seit Stunden vor dem Gelände aus. Teils kritisierten sie eine «unterirdische Kommunikation». Später entschuldigten sich Jensen und Festival-Mitbegründer Holger Hübner in einem Videostatement bei enttäuschten Fans. Jensen rechnet damit, dass die Mehrheit der Weggeschicktem dem Kultfestival dennoch die Treue halten wird.
VERLUSTE: Angesichts von etwa 24 000 ungenutzten Karten und einem Ticketpreis von knapp 300 Euro droht den Veranstaltern ein Millionenverlust. «Die wirtschaftliche Situation kann derzeit noch nicht final beurteilt werden», sagt Jensen. «Einen Einlassstopp durch die extrem hohe Menge an Niederschlag im Anreisezeitraum gab es noch nie in der Geschichte vom W:O:A.» So sei eine Situation entstanden, die «wir jetzt mit allen Gewerken und den zuständigen Behörden intensiv diskutieren werden».
STIMMUNG AUF DEM ACKER: Wer es jedoch auf den «Holy Ground», wie die Metalfans das Infield vor den Hauptbühnen des Festivals nennen, geschafft hat, feiert wie eh und je. Bier fließt in Strömen, immer wieder ertönen laute «Wackeeeeen»-Rufe. Das sich viele die Party nicht vermiesen lassen, wird auch deutlich, als Tausende teils bei Regen am ersten Festivaltag mehr als zwei Stunden vor den Toren auf die mehrfach nach hinten verschobene Eröffnung des eigentlichen Festivalgeländes gedulden müssen. Unter Regencapes gehüllt singen sie laut: «Aber scheiß drauf, Wacken ist nur einmal im Jahr.» Auch bei Öffnung des Infields vor den Hauptbühnen Stunden später gibt es lauten Jubel.
DAS WETTER: Durchwachsen. Immer wieder regnet es. Am Mittwochabend bei den ersten Konzerten auf den Hauptbühnen scheint dann aber die Sonne. Auch am Donnerstag gibt es nach viel Regen am Vormittag dann noch viel Sonne, einige Schlammbereiche verfestigen sich sogar. Das gilt natürlich nicht für den Bereich vor den Bühnen. Not macht Wacken-Fans aber erfinderisch. Damit der Schlamm nicht in die Gummistiefel flutscht, nutzen viele Klebeband. Zudem ist die Hilfsbereitschaft in und um Wacken wie gewohnt groß.
DIE LAGE AUF DEM PARTYGELÄNDE: Sicherheit für Fans, Künstlerinnen und Künstler, Mitarbeitende und die Menschen in Wacken und der Region hätten immer höchste Priorität, sagt Jensen. «Die wahren Helden sind für uns die, die zu Hause geblieben sind und dadurch das Festival in der jetzigen Form überhaupt ermöglicht haben.» Auch die Polizei hat bei der Anreise wie die Veranstalter alle Hände voll zu tun, Staus legen den Verkehr lahm. «Jetzt ist die Einsatzlage sehr entspannt und wir hatten eine ruhige Nacht», sagt Polizeisprecherin Astrid Heidorn. Es gebe weniger Einsätze als 2022. «Zahlen hierzu haben wir noch nicht ausgewertet.»
DIE ZUKUNFT: Das nächste Wacken Open Air findet vom 31. Juli bis 3. August statt. Erste Bands wollen die Veranstalter am späten Samstagabend bekanntgeben. Gegen 2.00 Uhr am frühen Sonntagmorgen soll das aktuelle Festival enden. Die Abreise von den arg in Mitleidschaft gezogenen Campingflächen am Sonntag wird einem Teil der Besucher sicher schwerer fallen. Voraussichtlich werden wie bereits bei der Anreise diverse Trecker im Einsatz sein.
WAS NOCH FEHLT: Viele Branchengrößen waren bereits in Wacken, Manowar und Metallica beispielsweise aber nicht. «Wir sind ein Festival und keine Headline-Show, hier spielen noch andere Bands», sagt Jensen. «Mit Manowar-Bassist Joey DeMaio sind wir in Kontakt.» Bei Metallica sei die Lage schwieriger: «Die Band hat sehr viele private Vorgaben, wann die etwas machen können.» Für Künstler mache das Team fast alles möglich. «Wenn wir die Chance kriegen, dann würden wir es natürlich machen.» Aber als Metalfan wolle er eigentlich lieber die Band sehen, deren Namen er noch nicht kenne, weil sie bislang nur als Vorgruppe auftrete.