Düsseldorf (dpa/tmn) – COPD, Herzprobleme, Diabetes, Niereninsuffizienz: Kann man mit schweren chronischen Erkrankungen auf Reisen gehen? Viele Menschen sind da unsicher. Die kurze Antwort ist: oft Ja. Doch je nach Erkrankung sind bestimmte Reiseziele besser oder schlechter geeignet. Außerdem müssen Vorbereitungen getroffen werden und Betroffene sollten sich nicht mehr zumuten als daheim.
Zunächst: Die Sehnsucht nach medizinischer Sicherheit kennen auch Reisende ohne chronische Krankheiten. So bietet etwa der Veranstalter Berge & Meer ärztlich begleitete Reisen an. Die sind kein expliziter Service für Schwerkranke, sondern für alle Menschen, die sich sicherer fühlen, wenn eine Ärztin oder ein Arzt dabei ist.
Sie reisen zusätzlich zur Reiseleitung mit, haben Medikamente und Hilfsmittel von der Sonnencreme bis zum Verbandskasten dabei. Tritt ein Notfall auf, würde diese Person die Erstversorgung übernehmen und an der Seite des Betroffenen bleiben, bis der in sicheren Händen ist, erklärt Nina Meyer von Berge & Meer.
«Das sind erfahrene Reiseärzte, die auf vielen Reisen unterwegs sind», sagt sie. «Aber man muss selbst gewährleisten, dass man in der Lage ist, diese Reise zu machen.»
Das gilt generell: Reisende müssen sich im Vorfeld mit dem Programm beschäftigen und selbst einschätzen, ob sie für diese Reise fit sind. Wie gehen Sie da am besten heran?
Hausärztinnen und Reisemediziner konsultieren
Erste Station ist die betreuende Ärztin oder der betreuende Arzt. Der kenne den Patienten gut und wisse, was die Einschränkungen seien, begründet Prof. Tomas Jelinek vom Centrum für Reisemedizin. Anschließend holt man sich Rat bei einem Reisemediziner, der die Destination gut kennt.
Da spielen beispielsweise große Höhen, Luftfeuchtigkeit sowie die medizinische Infrastruktur vor Ort eine große Rolle. Beratungsstellen für Reisemedizin gibt es vielerorts in Deutschland.
Bestimmte Reisearten vermag Tomas Jelinek nicht zu empfehlen. Es passe immer, wenn man es nicht übertreibe. «Auch eine Rundfahrt kann so organisiert sein, dass man sich nicht überlastet». Anders ist es beim Urlaubsziel: Eine Reise in den Himalaya oder die Anden könnte zum Beispiel für Lungenkranke ein Problem werden.
Medizinische Versorgung vor Ort checken
Bei der Wahl ihres Reiselandes sollten Menschen mit Lungenproblemen auf die medizinische Infrastruktur schauen, sagt Jelinek. «Bei einer Lungenschwäche ist es so, dass man auch gegebenenfalls vor Ort Hilfe benötigt. Ist man in einem Land mit schlechter medizinischer Infrastruktur, dann kann es zu Problemen kommen.»
Wichtig ist auch hier die Recherche vorab. Einige Länder mit schlechter Infrastruktur haben manchmal dennoch gute Privatkliniken. In Erfahrung bringen sollte man, ob sich entsprechende Krankenhäuser und Ärzte in der Nähe des Urlaubsortes befinden. «Es ist in der Regel nie so, dass Hotels eine medizinische Infrastruktur anbieten», sagt der Reisemediziner.
Eine Ausnahme seien Kreuzfahrten. «Es gibt Dialyse-Kreuzfahrtschiffe, die für Dialyse-Patienten ausgestattet sind.» Auf Kreuzfahrtschiffen ist auch für andere medizinische Notfälle in der Regel eine kleine Klinik an Bord.
Sind lungenkranke Reisende mit dem Flugzeug unterwegs, müssen sie beachten, dass ein Sauerstoffgerät vorab bei der Airline angemeldet werden muss. Dafür gibt es das sogenannte MEDIF-Formular, so Jelinek. Das füllt der Hausarzt aus, dann sendet man es an den medizinischen Dienst der Airline – mit ausreichend Vorlauf.
Impfstatus rechtzeitig prüfen
Zur Reisevorbereitung gehört auch das Schließen vom Impflücken. «Gerade Menschen mit chronischen Erkrankungen kann man allen eine gewisse Immunschwäche unterstellen», sagt Uwe Novender, Nephrologe aus Berlin und Mitglied im Verband Deutsche Nierenzentren (DN). Daher ist es sinnvoll, rechtzeitig den Impfstatus für das Reiseland zu prüfen und benötigte Medikamente zu organisieren.
«Unsere Patienten bekommen außerdem eine Bescheinigung für benötigte Medikamente mit, in vielen Sprachen», sagt Novender. Durch diese wird bestätigt, dass diese Medikamente in der jeweiligen Menge mitgeführt werden dürfen. Das beugt möglichen Problemen beim Zoll vor.
Der Arzt rät, nicht alle Medikamente in den Koffer zu packen. Falls das Gepäckstück nicht ankommt, hat man sonst ein Problem. «Zumindest die Hälfte sollte im Handgepäck mitgeführt werden.»
Dialyse am Urlaubsort – so funktioniert‘s
Muss ein Patient im Urlaubsort zur Dialyse, dann tauschen die Arztpraxen vorab englischsprachige Dialyseberichte des Patienten aus. Novender erklärt: «Da stehen die Medikamente drauf, wann sie gegeben werden müssen, die Einstellungen von der Maschine, welche Materialien und Nadeln verwendet werden, Blutwerte, einfach alles, damit die Dialyse in den Ferien mit genau der gewohnt guten Qualität erbracht werden kann wie zu Hause.»
Der Aufwand der Arztpraxen und die Dialyse am Urlaubsort werden in der EU, in Island, Liechtenstein, Norwegen sowie der Schweiz in den meisten Fällen von der Krankenkasse bezahlt. Bei einer Behandlung legen die Patienten lediglich die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) vor.
Außerhalb der EU sollte vorab Kontakt zur Krankenkasse aufgenommen werden. Häufig gibt es Kostenübernahmen – allerdings auf Antrag.
Wichtig ist für schwerkranke Urlauber also vor allem die Vorbereitung. Und danach? «Mach dir keine Sorgen und genieße deinen Urlaub», sagt Uwe Novender.