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Vermögensungleichheit im Freundeskreis: Wie damit umgehen?

Wörrstadt/Wiesbaden (dpa/tmn) – Partyurlaub auf Mallorca, Städtetrip in New York oder Festival-Ausflug nach Belgien: Muss das wirklich sein? Innerhalb eines Freundeskreises können die finanziellen Verhältnisse enorm unterschiedlich sein – und die einen können sich leisten, wofür die anderen jahrelang sparen müssen. Die Entscheidung über gemeinsame Unternehmungen kann so irgendwann zur Zerreißprobe werden. Wie Freunde mit Vermögensungleichheit und aufkommendem Neid umgehen, damit es der Freundschaft nicht zum Verhängnis wird.

«Erwachsene sehen sich heutzutage – anders als frühere Generationen – durch eine Fülle von Informationen in beständigen sozialen Vergleichsprozessen», sagt Diplom-Psychologin Carola Brücher-Albers. Selbst wenn es in einem Freundeskreis keinen offenen Austausch über Einkommens- und Vermögensverhältnisse gebe, würden Unterschiede schnell offenbar, so die Sprecherin des Arbeitskreises «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen.

Aktiv über die finanziellen Verhältnisse zu sprechen, ist in Deutschland trotzdem eher unüblich. Unter Freunden hängt das laut Finanzcoachin und Diplom-Psychologin Monika Müller vor allem vom Grad der Verbundenheit ab. Bei sehr nahen Vertrauten könne es sich lohnen, den Mut aufzubringen, das Thema anzusprechen, sagt Finanzcoach Bijan Kholghi: «Meist stößt man auf Erleichterung, dass das Tabuthema gebrochen wird und es können sich fruchtbare und hilfreiche Gespräche daraus ergeben.»

Gesprächsvorstoß gut vorbereiten

Monika Müller rät jedoch, nicht ganz unvorbereitet in solche Gespräche zu gehen. «Wenn uns das ein Anliegen ist, das Gespräch zu initiieren, sollte es bestmöglich vorbereitet sein, damit auch was Gutes dabei rumkommen kann.» Man sollte sich also mindestens die Frage stellen: Warum möchte ich überhaupt wissen, wie meine Freunde finanziell aufgestellt sind? Die Beweggründe zu nennen, ist laut Müller sinnvoll, um im Freundeskreis Verständnis für den Vorstoß zu schaffen.

Zudem sollte man sich überlegen, ob man selbst bereit wäre, Auskunft über die eigene Situation zu geben. Wer hier Bedenken hegt, hat automatisch mehr Verständnis für andere, die sich bei dem Thema nicht öffnen möchten. Freundinnen und Freunde sollten das grundsätzlich respektieren.

Insbesondere, wenn sie feststellen, dass sich einer oder mehrere aus dem Freundeskreis bei kostspieligeren Aktivitäten und Ausflügen zurückziehen, kann der Austausch aber nützlich sein. Nur so könnten Monika Müller zufolge gute Lösungen gefunden werden. Denn um diese miteinander zu erarbeiten, sei es erst einmal wichtig zu wissen, ob die Finanzen überhaupt der Grund für den Rückzug sind – reine Mutmaßungen könnten mehr schaden als helfen.

Wer besser verdient, nimmt Rücksicht

Gibt es tatsächlich größere Vermögensunterschiede, die sich auf die gemeinsamen Freizeit- oder Urlaubsplanungen auswirken, sollten Besserverdienende grundsätzlich Rücksicht nehmen und nach den Möglichkeiten der anderen schauen, empfiehlt Kholghi. «Ein starker Zusammenhalt in einer sozialen Gruppe – auch in einem Freundeskreis – ist dadurch gekennzeichnet, dass der «Schwächste» […] mitgenommen wird», findet auch Carola Brücher-Albers.

Immerhin müssten spaßige Aktivitäten nicht unbedingt viel Geld kosten, sagt Kholghi. Wer gerne etwas mit seinen Freunden unternehmen möchte, kann auch über einen Wandertrip oder eine Fahrradtour nachdenken. Beides ist meist deutlich günstiger zu haben.

Soll es doch mal etwas Besonderes sein, kann es Müller zufolge wertvoll sein, finanziell schlechter gestellte Freunde zu fragen, wie sie im Einzelfall mit der Situation umgehen möchten. Ist jemand bereit, für eine besondere Aktivität über seine finanziellen Grenzen hinauszugehen? Wäre die Person gerne dabei, wünscht sich aber noch etwas Zeit, um das Geld zusammenzusparen? Oder können die anderen womöglich sogar aushelfen, indem sie das Geld leihen oder schenken.

Ganz wichtig dabei: Ohne darüber gesprochen zu haben, sollten Freundinnen und Freunde nicht einfach in die Fürsorge übergehen. Ein gut gemeintes, aber aus dem Nichts kommendes «Ich zahl’ dir das» könne der Anfang vom Ende der Freundschaft sein, so Müller.

Gut situiert zu sein, ist nur eine Qualität von vielen

Und was, wenn man selbst der Geringverdiener im Freundeskreis ist? Wenn die anderen mehr verdienen und man spürt, wie deswegen Neid in einem aufkommt? Dann sollte man sich immer vor Augen führen, dass das zunächst einmal menschlich ist, sagt Finanzcoachin Müller. Allerdings könne man es auch als Ansporn begreifen, wenn andere mehr verdienen. Womöglich kann man sogar von ihnen lernen – etwa wenn sie ihr Gehalt in einem vergleichbaren Job besser verhandelt haben.

Außerdem kann es laut Müller helfen, auch mal innezuhalten, den Neidgedanken zu hinterfragen: Ist dieses Mehr denn überhaupt besser? Würde es mir selbst etwas bringen? Hätte ich überhaupt Lust auf die besser bezahlte Tätigkeit meines Freundes oder meiner Freundin? Oder bin ich vielleicht total glücklich mit meinem Job in einer anderen Branche – und dem dort gezahlten Gehalt? «Nicht wenige Menschen zahlen einen hohen Preis dafür, dass sie pro Tag 8 oder 10 Stunden in einem Arbeitskontext verbringen, der ihnen keinen Spaß macht», sagt Finanzcoachin Müller.

Bijan Kholghi empfiehlt, sich vor Augen zu führen, dass jeder Mensch und jeder Lebensweg unterschiedlich ist. Darum könne es hilfreich sein, auf andere Aspekte des Lebens zu schauen, in denen man den Freunden womöglich voraus ist – seien es Familie, Empathie oder Bildung. «Geld verdienen ist nur eine Qualität von vielen», sagt Kholghi. «Leider wird sie in unserer Gesellschaft sehr hoch bewertet.» Das bedeute aber nicht, dass man das persönlich auch so werten muss.

Doch selbst wer all die Punkte verinnerlicht und versucht, sie mit seinen Freunden auszuräumen – nicht jeder Freundeskreis hält die Spannungen aus, zerbricht vielleicht sogar an den finanziellen Ungleichheiten. Monika Müller findet das in Ordnung. «Ich glaube, dass Freundschaften auch auf Zeit bestehen dürfen.» Es sei nicht schlimm, wenn eine Freundschaft in einem Lebensabschnitt da war, sich aber im nächsten auflöst oder zumindest etwas einschläft – gerade, wenn sich Lebensumstände gravierend ändern.

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