München (dpa/tmn) – Endlich Taschengeld! Für Kinder ist das eine große Sache. Endlich Süßigkeiten oder das Comicheft kaufen, das man will – ohne, dass die Eltern hereinreden. Warum gerade der letzte Punkt wichtig ist, welchen wichtigen Sinn das Taschengeld generell erfüllt und wie Eltern das Thema angehen: Das erklärt die Pädagogin und Jugendforscherin Angelika Guglhör-Rudan im Interview.
Frage: Ab welchem Alter macht es Sinn, mit Taschengeld anzufangen?
Angelika Guglhör-Rudan: Ab dem Übertritt vom Kindergarten in die Grundschule wird es empfohlen und macht es auch Sinn. Das muss aber nicht fix zum ersten Schultag sein. Sondern man kann schon früher anfangen, oder aber auch im Laufe der Grundschulzeit erst damit starten.
Kinder entwickeln sich eben sehr unterschiedlich. Manche sind schon im Kindergarten sehr mit Themen wie Einkaufen oder Geld vertraut und möchten sich vielleicht gerne ab und zu selbst mal eine Kaugummipackung oder ein Heftchen kaufen, während andere das noch gar nicht so zeigen.
Frage: In welchen Abständen sollte das Kind Taschengeld bekommen?
Guglhör-Rudan: In den ersten Grundschuljahren einmal wöchentlich. Kinder haben in dem Alter noch nicht so ein gutes Zeitgefühl und können nicht über so lange Zeiträume denken. Eine Woche ist schon ziemlich lang für ein Kind und wenn es Taschengeld bekommt, dann ist es am Anfang wahrscheinlich gleich am ersten Tag weg und dann muss es sieben Tage warten, bis es wieder etwas bekommt.
Es ist ratsam, Kinder an so einen wöchentlichen Rhythmus zu gewöhnen. Mit dem Größerwerden lernen sie auch, mit dem Geld zu haushalten und zu überblicken: «Okay, jetzt ist Montag. Wenn ich heute mein ganzes Geld ausgebe, dann kann ich morgen nicht noch was anderes kaufen.»
Das ist ein Prozess, der irgendwann mal anfängt und deswegen ist Taschengeld total sinnvoll. Es hat den Zweck, dass Kinder lernen, den Wert von Geld einzuschätzen, also eine Relation zu Geld bekommen und wie man mit Geld haushalten kann.
Am Anfang sollten es kleine Beträge sein, vielleicht zwei Euro die Woche. Das ist auch eine symbolische Sache. Man gibt einem kleinen Kind Geld in die Eigenverantwortung, und das Kind darf damit machen, was es will.
Frage: Eltern sollten also nicht hineinreden, was das Kind damit macht?
Guglhör-Rudan: Ja, das ist ganz wichtig. Kinder müssen lernen, was sie wirklich damit machen wollen und ob sie das Geld tatsächlich jede Woche für, sagen wir: Süßigkeiten ausgeben wollen. Oder ob sie auch mal was anderes kaufen. Die Entscheidung sollten Kinder selbst treffen.
Das heißt aber nicht, dass man mit ihnen nicht darüber sprechen darf. Wenn sie mit einem darüber reden möchten, dann ist es ein guter Moment, als Gesprächspartner da zu sein. Aber man sollte keine Einschränkungen machen: Außer natürlich, es ist irgendwas ganz Gefährliches oder etwas, das für einen als Elternteil überhaupt nicht geht. Dann muss man den gesunden Menschenverstand walten lassen und im Zweifel Grenzen setzen.
Was in dem Zusammenhang noch wichtig ist: Taschengeld sollte weder zur Strafe ausgesetzt noch als Belohnung doppelt gezahlt werden. Natürlich kann es mal Zusatzgelder geben, etwa zum Geburtstag. Aber das Taschengeld sollte bedingungslos gezahlt werden und für die Kinder in seiner Höhe verlässlich sein. Sodass sie wissen, es kommt – egal, was passiert ist.
ZUR PERSON: Dr. Angelika Guglhör-Rudan ist wissenschaftliche Referentin beim Deutschen Jugendinstitut und arbeitet dort in der Fachgruppe Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern. Sie hat im Fach Pädagogik promoviert.