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«Swan Upping» – Warum König Charles Schwäne zählen lässt

Seit Beginn seiner Regentschaft gehören König Charles ziemlich viele Schwäne in Großbritannien. Aber woher kommt diese Tradition eigentlich? Ein Besuch bei den königlichen Schwanenzählern auf der Themse. Und ihrem vordersten Mann.

Es gehört zu den Eigenheiten der britischen Monarchie, dass der wichtigste Mann an diesem Nachmittag eine Schwanenfeder an der Mütze trägt. Und dabei nicht mal komisch, sondern sogar respekteinflößend aussieht. David Barber steht in einem kleinen Ort, gut eine Stunde Fahrtzeit westlich von London. Gemeinsam mit seinen Männern ist er im Auftrag des Königs unterwegs.

Erstmals seit der Amtsübernahme von Charles III. werden nämlich in seinem Namen Schwäne auf der Themse gezählt. Die Tradition heißt «Swan Upping» und reicht mehrere Jahrhunderte zurück.

Damals waren Schwäne, so erklärt es der Palast, noch eine hochgehandelte Delikatesse. Und weil es nun mal einige Privilegien mit sich bringt, wenn man König ist, gehört dazu auch, dass viele Schwäne im Land automatisch dem Königshaus gehören.

Zuletzt hatte Königin Elizabeth II. theoretisch Anspruch auf jeden Höckerschwan, der nicht speziell markiert war und in einem öffentlichen Gewässer schwamm. Nach ihrem Tod ist der Anspruch nun auf Charles übergegangen. Allerdings werden Schwäne heute nicht mehr gegessen, sondern jährlich untersucht, um ihren Bestand zu schützen.

David Barber klettert also in eines der hölzernen Ruderboote, die vor einem Pub im englischen Cookham im Wasser liegen. Mehrere Meilen fährt er mit seinem Team die Themse entlang, um Ausschau nach Jungvögeln und ihren Eltern zu halten. Seine Männer tragen weiße Hosen und rote Oberteile. An Barbers Kapitänsmütze ist eine Schwanenfeder befestigt.

Barber ist offiziell «the King‘s Swan Marker». Den Posten hat er schon seit rund 30 Jahren, aber erstmals ist er nun nicht mehr für die Queen, sondern für den King unterwegs. Die Fahnen an den Booten zeigen das neue Monogramm.

Gerudert wird an diesem Nachmittag nur streckenweise, oft ziehen Motorboote die Holzboote hinter sich her. Am Ufer stehen Menschen, die winken. Der Bürgermeister der benachbarten Kleinstadt fährt auf einem Begleitboot mit, die Amtskette um den Hals. Irgendwann rufen Männer «All up!» – das Signal, dass sie Schwäne entdeckt haben. Sie bringen die fiependen Vögel an Land, wiegen und inspizieren sie.

Fragt man Barber, wie man so einen Schwan am besten fängt, antwortet er: «Das ist gar nicht so schwer.» Man kreise die Tiere mit den Booten ein. «Das sind große Vögel. Die können bis zu 14 Kilogramm wiegen. Aber wenn man ihren Hals festhält, ihren Kopf, und man dann die Arme um ihre Flügel legt, dann kann man sie herausheben.» Zuhause ausprobieren sollte man es vielleicht trotzdem nicht? «Oh no», sagt er, «you shouldn‘t.»

Barber trägt ein Buch bei sich und macht Notizen. An diesem Tag finden sie deutlich weniger Schwäne als im Vorjahr, nur etwa ein Drittel. Er erklärt das zum einen mit der Vogelgrippe. Zum anderen habe Hochwasser in der Brutzeit viele Nester weggespült. Am Vortag seien die Zahlen besser gewesen. Die Experten schauen, ob etwa die grauen Jungtiere von Angelhaken oder -schnüren verletzt wurden.

Gezählt wird nur auf einem bestimmten Abschnitt der Themse, also längst nicht im ganzen Land. Und heutzutage dient das Ganze dem Tierschutz und der Bildung. Schülerinnen und Schüler nehmen laut Palast oft teil. Auch Journalistinnen und Journalisten.

Die Fahrt auf der Themse, sie führt an schicken Häusern vorbei – auf einem Immobilienportal findet sich für die Region sogar ein Inserat für 29,5 Millionen Pfund -, und endet an diesem Tag im Garten eines Hotels. Gestandene Männer in geringelten Shirts oder roten Jacken steigen aus ihren Booten. Anschließend, so erzählt der Bürgermeister, wird er im Pub eine Runde Bier ausgeben.

Das «Swan Upping» dient historisch eigentlich dazu, die Jungtiere aufzuteilen, denn auch einigen anderen Parteien wurde früher das Recht gegeben, Schwäne zu besitzen und sie entsprechend am Schnabel zu markieren. Bis heute sind bei dem fünftägigen Spektakel Vertreter von zwei alten Berufsverbänden dabei.

Vielleicht ist es das, was den Nachmittag dann auch so interessant macht. Schwäne untersuchen, das ginge wohl auch mit weniger Brimborium. Ohne Fahnen und alte Holzboote, Uniformen und dekorative Schwanenfeder. Aber dann wäre es vielleicht nicht England.

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