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Surfen auf dem Dach Afrikas: Kilimandscharo mit Internetanschluss

Auf Afrikas höchstem Gipfel sind Touristen und Bergsteiger nun mit High-Speed-Internet verbunden. Die tansanische Regierung will so mehr Touristen auf den Berg locken - ein riskantes Vorhaben, wie ein Blick auf die Alpen zeigt.

Auf gut 5000 Metern verwandelt sich die Steinwüste in die letzten verbliebenen Eisgletscher auf dem Kilimandscharo. Höher hinaus als auf den 5895 Meter hohen Uhuru-Gipfel, den höchsten Punkt des Kilimandscharo-Bergmassivs, kommt man in Afrika nirgends. Und während die Luft für Bergsteiger auf dem Weg zum Gipfel immer dünner wird, liefert das «Dach von Afrika» seinen Besuchern seit Dienstag selbst auf fast 6000 Metern High-Speed-Internet.

Nach der Corona-Pandemie hat die Regierung von Tansania eine große Kampagne gestartet, um Touristen zurück ins Land zu holen. Selbst die entlegensten Touristenregionen des Landes sollen Internet bekommen. Am Kilimandscharo steht laut Peter Ulanga, dem Geschäftsführer des Telekommunikationsunternehmens TTCL, das den Internetausbau verantwortet, vor allem die Sicherheit im Vordergrund.

Aber es geht noch um mehr: «Jetzt können Sie vom Gipfel ihre Familien anrufen und mitteilen, dass Sie es bis ganz nach oben geschafft haben», sagt Ulanga, der gemeinsam mit Tansanias Informationsminister Nape Nnauye einer der ersten ist, der das Internet am Gipfel nutzt.

Am Dienstag erreichte eine Gruppe nach mehrtägigem Aufstieg den Gipfel und weihte die Internetverbindung offiziell ein.

Überschattet wurde das von einem tragischen Todesfall, wie am Mittwoch bekannt wurde. Ein tansanischer Journalist kam auf dem Rückweg offenbar bei einem Unfall ums Leben, schilderten Kollegen und bestätigten Medienberichte. Einzelheiten zum Tod des 45-Jährigen lagen zunächst nicht vor.

In sozialen Netzwerken soll es jedenfalls künftig viele Bilder von stolzen Touristen auf dem «Dach Afrikas» geben, die dann weitere Besucher auf den Berg locken. Ein riskanter Plan wie der Blick in die Alpen zeigt.

Dort hat sich in den vergangenen Jahren ein Phänomen entwickelt, das man als Social-Media-Alpinismus bezeichnen könnte. Dabei werden ausgewählte Orte zu regelrechten Touristen-Hotspots – zum Beispiel die Gumpe oberhalb des Königssees im bayerischen Nationalpark Berchtesgaden. Der natürliche Überlaufpool ergießt sich zur Seeseite in einem Wasserfall ins Tal. Jahrelang drängelten sich die Massen für ein Instagram-Bild im Natur-Infinitypool.

«Das Publikum an der Gumpe sind keine Bergsteiger, sondern in der Regel junge Menschen von außerhalb des Berchtesgadener Talkessels», sagt Carolin Scheiter, die Sprecherin der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden. Sie seien allein daran interessiert, «dieses eine Foto» zu schießen, um dann gleich wieder abzureisen.

Mittlerweile ist der Pool gesperrt, denn immer wieder kam es zu Unfällen. Vor drei Jahren starben zwei junge Männer beim Baden. In der Pandemie nahm die Zahl der Besucher weiter zu – bis zu 400 an schönen Tagen. «Dazu muss man ergänzen, dass die Gumpe weit abseits des offiziellen Wegenetzes im steilen Bergwald liegt und nur über unbeschilderte Trampelpfade zu erreichen ist», sagt Scheiter.

Im österreichischen Zillertal kann man sich auf der Kebema-Brücke unweit der Olpererhütte ablichten lassen. Die Hängebrücke verbindet zwar nur zwei Vorsprünge in wenigen Metern Höhe, im richtigen Winkel fotografiert, schwebt die Brücke jedoch über den hunderte Meter tiefen Schluchten des Zillertals. Das ist weniger gefährlich als die Gumpe, gleich ist jedoch, dass die Natur unter dem Touristenansturm leidet. Illegales Campen, Lagerfeuer, Einsätze von Kameradrohnen, Müll und Lärm – im Nationalpark Berchtesgaden hätten die Verstöße insbesondere während der Pandemie stark zugenommen, so Scheiter.

Auch am Kilimandscharo spielt der Naturschutz eine entscheidende Rolle. Das Bergmassiv ist Weltnaturerbe, dennoch steht das Ökosystem längst schwer unter Druck. Klimawissenschaftler erwarten, dass die Gletscher des Gipfels in wenigen Jahren komplett abgeschmolzen sein werden. In den vergangenen Monaten kam es außerdem zu schweren Waldbränden, die 3400 Hektar des Nationalparks verwüsteten. Was genau passiert war, blieb zunächst unklar. Die tansanische Polizei sprach reichlich ominös von «menschlicher Aktivität».

Daher legte man bei dem Internet-Projekt nun großen Wert auf die Umweltverträglichkeit, so TTCL-Chef Ulanga: «Die Glasfaserkabel wurden nicht unterirdisch, sondern an der Oberfläche verlegt, um möglichst wenig in das Ökosystem einzugreifen.» Sicherlich haben die Verantwortlichen auch von dem anderen touristischen Großprojekt am Berg gelernt: Seit Jahren plant die Regierung, eine Seilbahn am Berg zu installieren – trotz massiven Protests von Naturschutzgruppen und der lokalen Bevölkerung. Viele leben von dem Geld, das sie als Bergführer für Touristen verdienen können.

Bislang wagen jährlich etwa 50 000 Touristen den Aufstieg auf den Kilimandscharo. Afrikas höchster Berg im Norden Tansanias gilt unter Bergsteigern als unkompliziert. Anders als bei den höchsten Gipfeln der anderen Kontinente, wie dem Mount Everest, können selbst ungeübte Touristen den Gipfel besteigen.

Nach zwei Pandemiejahren ist Tansania auf genau diese Touristen mehr denn je angewiesen. Der Tourismussektor ist für das Land mit seinen vielen Nationalparks ein zentraler Wirtschaftsfaktor. 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden laut dem tansanischen Finanzministeriums durch den Tourismus generiert. 850 000 Menschen arbeiten laut Weltbank in dem Sektor. In der Hochphase der Pandemie gingen die Touristenzahlen um 60 Prozent zurück. Nun will Tansania bis 2025 einen regelrechten Touristen-Boom. Fünf Millionen pro Jahr sollen dann ins Land kommen. Vor der Pandemie waren es noch 1,5 Millionen.

Ulanga ist sich sicher, dass das Internet ein Vorteil für die Bürger vor Ort ist. Die Bergführer könnten nun noch einfacher mit ihren Touristengruppen kommunizieren. Ob das Ziel der tansanischen Regierung aufgeht und die Natur am Kilimandscharo dem neuerlichen Touristenansturm standhält, muss sich allerdings noch zeigen.

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