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Streit um Klischees – Im Europa-Park durften sich Sombreros drehen

Eine Ballettgruppe von Seniorinnen schneidert Outfits und probt lange für einen Auftritt bei der Bundesgartenschau. Dann kommt es zu einer Diskussion um klischeehafte Kostüme und kulturelle Aneignung. Bei der Schau tritt die Gruppe mit veränderten Kostümen auf, im Europa-Park präsentierten sie ihr Programm nun im Original.

Die Ponchos wehen, als die Seniorinnen des Mannheimer Awo-Balletts Rheinau auf der Bühne tanzen. Und mit ihnen drehen sich die Sombreros und Perücken auf ihren Köpfen: Die Tanzgruppe zeigte im Europa-Park in Rust ihr eigentlich für die Bundesgartenschau erstelltes Programm – in den originalen Outfits. Bei der Bundesgartenschau in Mannheim werden die Kostüme nach einer Debatte um kulturelle Aneignung nur mit Veränderungen zu sehen sein.

«Jetzt kommt’s», sagt Erika Schmaltz, Leiterin der Tanzgruppe, und kündigt den vor allem kritisierten Teil der Aufführung unter dem Motto «Weltreise mit dem Traumschiff» an. Als die Tänzerinnen mit Sombreros die Bühne betreten, pfeifen einige Zuschauer zustimmend. Im Hintergrund sind Freudenschreie aus Achterbahnen zu hören.

Verständnis für die Bedenken der Buga-Verantwortlichen gab es kaum im Freizeitpark. Das Publikum spendete den Frauen viel Applaus. «Ich finde die ganze Debatte um die kulturelle Aneignung lächerlich», sagte etwa Zuschauerin Denise Schneider. «Solang es nicht erniedrigend oder spöttisch ist, habe ich kein Problem damit.»

Ähnlich sah es Europa-Park-Inhaber Roland Mack. Die Kritik, dass Klischees etwa durch schwarze Perücken und Kimonos bedient würden, erreiche ihn nicht. Mack hatte die Seniorinnen eingeladen, in den Originalkostümen im Europa-Park aufzutreten. Angerufen habe er Leiterin Erika Schmaltz selbst.

Das eigentlich für die Bundesgartenschau geplante Programm des Seniorinnen-Balletts hatte im Vorfeld zu einem Disput geführt. Die Buga-Verantwortlichen hatten Bedenken geäußert wegen klischeehafter Kostüme, die zu sehr kulturelle Stereotype bedient hätten. Dabei ging es etwa um einen Tanz mit schwarzen Perücken und Kimonos (sinnbildlich für Japan) und Sombreros und Ponchos (für Mexiko) sowie eine Verkleidung als Pharaonen, um Ägypten zu versinnbildlichen. Daraufhin stand die Show bei der Buga auf der Kippe.

Ein Gespräch zwischen den Buga-Verantwortlichen und den Seniorinnen brachte eine Einigung. Drei der ursprünglich sechs beanstandeten Kostüme würden für die Buga verändert, hatte eine Buga-Sprecherin nach dem Gespräch erklärt. Außerdem würden die Auftritte auf die Hauptbühne verlegt und im Nachgang durch Diskussionsveranstaltungen begleitet. Im Europa-Park trat die Gruppe nun ohne Einschränkungen auf.

Nicht zum ersten Mal sind stereotype Darstellungen Thema in dem Freizeitpark. Nach mehrjähriger Vorbereitung hatte der Park zuletzt die jahrzehntealte Attraktion «Dschungel-Floßfahrt» komplett umgestaltet. Sie war in den vergangenen Jahren unter anderem wegen der Darstellung schwarzer Menschen in die Kritik geraten. Kritiker hatten moniert, die Attraktion verwende Rollenbilder aus der Zeit des Kolonialismus.

Der Park hatte 2021 Vorwürfe des Rassismus und der Diskriminierung zurückgewiesen, im vergangenen Jahr eröffnete die neue Attraktion «Josefinas kaiserliche Zauberreise». Mack betonte am Montag, dass die Umgestaltung ohnehin bereits geplant gewesen und nicht aufgrund der öffentlichen Debatte geschehen sei.

Eine öffentliche Debatte konnte die Tänzerinnen des Awo-Balletts nicht abhalten. Als sie die Bühne verlassen, steht das Publikum begeistert auf und verabschiedet sie noch einmal mit Applaus.

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