Reit im Winkl/Winterberg (dpa) – Neuschnee und weiße Landschaften schon in der ersten Dezemberhälfte: Die Skisaison hatte trotz Energiekrise und Sparmaßnahmen vielversprechend begonnen. Seit Tagen aber bereiten Regen, Wind und Tauwetter den Liftbetreibern Sorgen. Manche Pisten sind schon zu – und es sieht nicht so aus, als ob bald Schnee kommt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) meldet für die nächsten Tage weiter außergewöhnlich milde Temperaturen und einen an Silvester unter anderem im Alpenvorland «rekordverdächtigen Jahresausklang» mit fast bis zu 20 Grad.
Dabei sind die Wintersportler, so heißt es allerorten, nach zwei Corona-Jahren heiß aufs Skifahren. Die Nachfrage sei groß. Höhere Preise und Energiesparmaßnahmen wie ungeheizte Sessellift-Sitze und der Verzicht auf Heizstrahler an Hütten schreckten sie nicht ab.
Winterstimmung aber fehlt. Rundum grüne Landschaften. Auch neben den mit Schneekanonen beschneiten Pisten ist die weiße Pracht vielfach dahin – es sieht aus wie sonst im Frühjahr. Tauwetter um Weihnachten ist nicht selten. Doch in diesem Jahr ist es ungewöhnlich mild. Im Flachland stieg die Temperatur teils auf frühlingshafte 15 Grad. Nur weit oben wie etwa an der Zugspitze (2962 Meter) gab es zuletzt Schnee statt Regen.
In Reit im Winkl auf der Winklmoosalm, Heimat der Ex-Skirennläuferin Rosi Mittermaier, ist das Skigebiet seit Heiligabend geschlossen. «Aufgrund des anhaltenden Tau- und Regenwetters» müsse die Saison pausieren. «Wir hoffen auf baldigen Schnee und halten euch an dieser Stelle informiert», heißt es auf der Internetseite. Am Großen Arber im Bayerischen Wald wurde der Saisonstart gerade erneut verschoben – inzwischen «auf unbestimmte Zeit». Auch auf den Loipen geht praktisch nichts mehr.
Es sei nicht sicher, in welchem Umfang der Skibetrieb bis zum Ende der Ferien laufen könne, sagt die Sprecherin der oberbayerischen Alpen-Plus-Gebiete Brauneck, Spitzingsee, Wallberg und Sudelfeld, Antonia Asenstorfer. Am Spitzingsee und Sudelfeld sehe es aber aktuell nicht so schlecht aus. «Eine Zeit lang warme Temperaturen macht den Pisten nicht so viel aus. Aber der Regen und der Wind setzen ihnen zu», sagt sie. «Es hat bis oben hin geregnet. Wir schauen von Tag zu Tag, was wir erhalten können.»
Auch in anderen Wintersportgebieten schaut man besorgt auf den Wetterbericht. Ohne die umstrittenen Schneekanonen, da sind sich die Liftbetreiber einig, wäre eine Skisaison nicht mehr möglich. Dabei konnte wegen der hohen Temperaturen zuletzt nicht einmal nachts beschneit werden. Umweltschützer hatten gewarnt, dass Schneekanonen den Betrieb niedrigerer Gebiete auf Dauer nicht retten können, und in der Energiekrise einen kompletten Verzicht auf Beschneiung verlangt.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sieht die Skisaison in Bayern aber nicht in Gefahr. «Dank der Investitionen in moderne, energiesparende Seilbahnen und durch gezielte Beschneiung hat Bayern einen Traumstart in die Wintersportsaison hingelegt», sagte der Freie-Wähler-Chef der Deutschen Presse-Agentur in München. In den Skigebieten werde derzeit rund ein Drittel des Winterumsatzes erwirtschaftet. «Diese Einnahmen wurden heuer durch technische Beschneiung gesichert, genauso wie viele Arbeitsplätze bei Hotels, in der Gastronomie, im Einzelhandel vor Ort etc.» Das «Dauergenörgel von Klimaextremisten und Grünen» gegen das Seilbahn-Förderprogramm und die technische Beschneiung hätten sich somit als falsch erwiesen.
In Winterberg im Sauerland, wo die Bergstationen auf bis 840 Metern Höhe liegen, leidet die Schneedecke ebenfalls. In der Region liefen noch 35 Lifte – nach mehr als 40 vor Weihnachten. «Wir sind sicher, dass es über den Jahreswechsel hinweg Wintersport gibt», sagte die Sprecherin der Wintersportarena Sauerland, Susanne Schulten. Der Umfang hänge aber vom Wetter ab. Kleinere Gebiete hätten gar nicht geöffnet, größere hätten vor Weihnachten Depots aus Maschinenschnee angelegt. Diese würden nun genutzt. «Es ist sehr aufwendig.»
Der Geschäftsführer der Bergbahnen Sudelfeld, Egid Stadler, bleibt optimistisch. «Zumachen müssen wir bestimmt nicht.» Etwa 60 bis 70 Prozent der Pisten seien offen, die Hauptabfahrten «gut in Schuss». «Mit den beschneiten Pisten haben wir kein Problem.» Aber: «Ohne Beschneiung hätten wir schon zu.» Tauwetter um Weihnachten kenne man auch von früher. Der Klimawandel zeige sich aber immer deutlicher.
Höhere Temperaturen nähmen im Mittel seit Jahrzehnten zu, sagte Martin Schwienbacher vom DWD. Das Wetter an Weihnachten passe in den statistischen Kontext, der den Klimawandel dokumentiere.
Bei der Bayerischen Zugspitzbahn macht man sich indes keine großen Sorgen. Deutschlands höchstgelegenes Skigebiet an der Zugspitze kommt seit jeher ohne Kunstschnee aus. In Garmisch-Partenkirchen liegen die anderen Pisten eher nordseitig. «In den letzten Wochen war es ja extrem kalt, das waren optimale Bedingungen für die Beschneiung», sagte Sprecherin Verena Tanzer. Dieser Schnee sowie Naturschnee bilde nun eine Grundlage, die den milden Temperaturen gut standhalte. «Wir sind für die Weihnachtsferienzeit gut gewappnet.»