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Sanierungsstau und Personalmangel – Bäder mit massiven Problemen

Das Freibad schließt plötzlich am heißen Sonntag schon um 18.00 Uhr, weil das Personal fehlt. Ein einst öffentliches Seebad ist an private Pächter vergeben, die viel mehr Eintritt wollen. Das sind nur wenige Einzelbeispiele, die aber auf ein grundlegendes Probleme verweisen.

Die öffentlichen Hallenbäder und Freibäder stehen nach Einschätzung des Verbandes Bäderallianz vor großen Problemen. Einige hundert bis zu tausend der 6500 öffentlichen Bäder seien wegen Personalmangel oder zu hoher Kosten teilweise geschlossen oder könnten nicht die vollen Öffnungszeiten anbieten, sagte Christian Kuhn, Sprecher der Bäderallianz, am Montag in Berlin. Zugleich seien Bäder wichtiger denn je, weil immer mehr Kinder schlecht oder gar nicht schwimmen könnten, viele Sportarten auf die Schwimmfähigkeit als Grundlage angewiesen seien und die heißen Sommer mehr würden. Nötig sei eine große gesellschaftliche und auch finanzielle Unterstützung.

Die Bäderallianz verwies auf eine Studie von 2022, nach der die Zahl der achtjährigen Kinder, die nicht schwimmen können, von 10 auf 20 Prozent stieg. Auch der Schulsport sei auf funktionierende Schwimmbäder angewiesen. «Schulsport und Schwimmunterricht muss der Politik auch etwas wert sein», sagte Kuhn. «Bäder sind notwendig.» Inzwischen müssten oft Vereine Schwimmbäder mit ehrenamtlichen Helfern betreiben, dabei sei das eigentlich die «Pflichtaufgabe der Kommunen».

Die Bäderallianz, die nach eigenen Angaben für den «Erhalt der Deutschen Bäderlandschaft» kämpfen will, legte einen Forderungskatalog vor, zu dessen Hauptpunkten die umfangreiche Sanierung vieler veralteter Bäder gehörte. Schwimmbäder müssten insgesamt den Ansprüchen entsprechend «zukunftsfähiger, klimafreundlicher, schlicht attraktiver und vor allem bedarfsgerechter» ausgerichtet werden, hieß es. Nach einer Schätzung von 2016 gebe es einen Sanierungsstau von etwa 4,5 Milliarden Euro, die Zahl liege inzwischen aber deutlich höher, sagte Kuhn.

«Leider entspricht ein Großteil der bundesdeutschen Sportstätten nicht diesen Anforderungen.» Viele klassische Bäder seien in den Bauphasen zwischen 1960 und 1975 sowie zwischen 1976 und 1992 entstanden und würden den Sportbedürfnissen der modernen Gesellschaft nur noch teilweise gerecht.

Für die Gewinnung des Badepersonals müsse es neue Wege wie zusätzliche Qualifikationen, mehr Quereinstieg, mehr Ausbildung und «vor allem mehr Wertschätzung» geben, forderte die Bäderallianz. Nur dann könne man «das wertvolle Gut Schwimmbad» auch weiterhin der Bevölkerung anbieten. Nach Schätzungen fehlten aktuell 2500 Bademeister und Schwimmmeisterinnen.

«War der Schwimmmeister früher eine Respektsperson, ereilt ihn heute das gleiche Schicksal wie fast allen vergleichbaren Berufen bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten», kritisierte die Bäderallianz. «Massenschlägereien» seien «glücklicherweise die Ausnahme, aber Beschimpfungen und Rangeleien dennoch an der Tagesordnung». Zur Eindämmung solcher rabiater Gruppen seiene alle gefordert. Nötig seien auch technische Hilfsmittel wie Videoüberwachung in Verbindung mit künstlicher Intelligenz. «Das sollten wir offen diskutieren», sagte Kuhn.

Die Freibäder und Hallenbäder stehen nach Einschätzung des Verbandes vor großen Veränderungen, um zukunftsfähig zu bleiben. «Unsere Freibäder werden die größte Revolution erleben.» Wegen der Abhängigkeit vom Wetter könnten sie etwa ausfahrbare Dächer erhalten und mit Hallenbädern kombiniert werden. Es werde kleine Freibäder mit angepassten Öffnungszeiten geben. Wasserangebote in Städten würden zugleich gerade in den Hitzeperioden wichtiger. «Sprayparks, neuartige und damit nutzbare Brunnen oder ganz andere Formen werden unsere Innenstädte bereichern.»

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