Rostock (dpa/mv) – Der Hafenbetreiber Rostock Port hat im Jahr 2022 erneut das Rekordniveau aus dem Vorjahr erreicht. Der Überseehafen hatte daran nicht nur den Löwenanteil, er konnte die Messlatte beim Allzeithoch sogar noch nach oben setzen. «Der Hafen brummt», sagte Hafengeschäftsführer Jens Scharner am Freitag in Rostock.
Insgesamt wurden im Hafen im Jahr 2022 30,5 Millionen Güter umgeschlagen, davon 29 Millionen im Überseehafen. Die übrigen Mengen entfallen auf andere Hafenanlagen wie den Chemiehafen Yara sowie den Fracht- und Fischereihafen. Mit Blick auf das Jahr 2023 will der Hafenbetreiber seine Investitionen von 27,5 Millionen Euro auf 40 Millionen Euro steigern. Das Geld soll vor allem in die Hafeninfrastruktur – unter anderem zum Import von Energieträgern – aber auch in Gebäudebau und Anbindung investiert werden.
Dass der Krieg in der Ukraine das Geschäft von Rostock Port verhältnismäßig wenig beeinträchtigte, war nicht selbstverständlich: Den Angaben nach fürchtete der Betreiber, dass ganze Logistikketten zusammenbrechen könnten. Auch sei unklar gewesen, was mit den in der Branche beschäftigten Ukrainern und Russen passiert. Einige Belastungen musste der Hafen laut Co-Geschäftsführer Gernot Tesch hinnehmen: Verbindungen seien weggefallen oder mussten neu strukturiert werden, «wir beziehen andere Gutarten aus viel weiter entfernten Regionen». In Folge des Krieges ändert sich auch die langfristige Strategie: Dem Hafenchef zufolge wurde Russland lange Zeit viel Potenzial als Markt zugeschrieben, dieses werde jetzt für lange Zeit verbaut bleiben.
Auch im Jahr 2022 kann die gute Gesamtbilanz nicht über Rückgänge hinwegtäuschen: Sowohl das mit einem Anteil von 61 Prozent bedeutendste Geschäft mit rollenden Gütern (Roll-On/Roll-Off – RoRo)lag mit 17,7 Millionen Tonnen rund 2 Prozent unter dem Vorjahr als auch das Stückgütergeschäft, dass mit 9 Prozent Rückgang auf 680 000 Tonnen noch stärker belastet war. Tesch nannte als Gründe sowohl sinkende Zellulose-Mengen wegen Streiks in der finnischen Papierindustrie als auch die Schließung des Werkes des Windkraftanlagen-Herstellers Nordex in Rostock. Der russische Angriffskrieg drückte zudem auf den Container-Umschlag.
Licht und Schatten gab es auch im Fähr- und Passagiergeschäft: Mit einem Zuwachs von 800 000 Passagieren zu 2021 auf nun 2,5 Millionen machte das Passagier-Geschäft einen Sprung nach vorn und lies damit den Angaben nach die Folgen der Corona-Pandemie hinter sich. Dies sei – trotz Erholung – im Kreuzfahrtgeschäft noch nicht gelungen, hier gab es im abgeschlossenen Jahr 139 Anläufe mit 294 000 Reisenden.
Für die Zukunft setzt der Hafen ganz auf das Thema Energie: Während der Rostock Port mit der Beteiligung an einer Produktionsanlage für grünen Wasserstoff vorangehen will, steht mittelfristig jedoch ein verstärkter Öl-Import – zur Versorgung der Raffinerie PCK im brandenburgischen Schwedt – ins Haus. Statt bisher ein bis zwei Öltankern im Jahr sollen künftig bis zu sechs Schiffe pro Monat eine jährliche Gesamtmenge von bis zu 6 Millionen Tonnen Rohöl anlanden.
Der begrenzende Faktor ist laut Scharner die hierbei genutzte Pipeline. Um die Raffinerie voll zu versorgen, seien 12 Millionen Tonnen nötig. Strategisch will Rostock Port sich auf den Im- und Export verschiedener Energieträger vorbereiten. Scharner ist optimistisch, dass der Plan aufgeht: Es seien bereits Flächen zugekauft worden.
Das Wirtschaftsministerium in Schwerin sicherte dem Rostocker Hafen Unterstützung bei den Zukunftsinvestitionen zu. Der Hafen spiele sowohl aktuell als Ölhafen wie auch in Zukunft bei erneuerbaren Energien eine wichtige Rolle. «Deshalb werden wir weiter in die Infrastruktur des Seehafens investieren, um den Ausbau des Hafens und das Voranbringen verschiedenster Energievorhaben zu forcieren», sagte Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD). Die bereits gestartete Vertiefung des Seekanals von derzeit 14,50 auf 16,50 Meter soll seinen Worten nach die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens sichern.