Chemnitz (dpa/sn) – Sachsen hinkt beim Bau neuer Radwege außerorts weit hinter den selbstgesteckten Zielen hinterher. Bisher komme das Land nur im Schneckentempo voran, sagte Janek Mücksch vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club der Deutschen Presse-Agentur. Deswegen liege das 2014 formulierte Ziel neuer Radwege an mehr als 500 Kilometern Bundes- und Staatsstraßen bis 2025 in weiter Ferne. «Dabei verschenkt Sachsen Geld», betonte Mücksch. Denn bei Bundesstraßen finanziert der Bund den Bau solcher Wege – sie müssen nur vom Land geplant werden.
Doch laut Mücksch fehlt es beim zuständigen Landesamt am Personal, um die Planung voranzutreiben. Auch gebe es im Haushalt zu wenig Geld für solche Wege an Staatsstraßen. Die aktuellen Mittel reichten bestenfalls für etwa 12 Kilometer pro Jahr, rechnete er vor.
Der Landesrechnungshof hatte jüngst ebenfalls eine ernüchternde Bilanz des Radewegebaus gezogen. Da die Wege nicht immer parallel zu den Straßen verlaufen, beziffern die Finanzexperten den tatsächlichen Baubedarf bis 2025 sogar auf rund 672 Kilometer. Davon werden rund 179 Kilometer nach jetzigem Bau- und Planungsstand erreicht. Ziele und Umsetzung klafften weit auseinander, heißt es im Jahresbericht. Das Geld im Landeshaushalt reiche trotz Erhöhung nicht, um das Ziel der Radverkehrskonzeption umzusetzen. Angemahnt wird, Planungen und Genehmigungen zu beschleunigen. Das Landesamt soll personell besser ausgestattet werden.
Verkehrsminister Martin Dulig kennt das Problem und beklagt eine lange Dauer bei der Planung von Radwegen: «Vom Planungsbeginn bis zum tatsächlichen Baubeginn vergehen in der Regel acht Jahre – Tendenz steigend», sagt der SPD-Politiker. Denn die Planung sei zeitlich und rechtlich genauso umfassend und aufwendig wie bei einer Straße. Um das zur Verfügung stehende Geld möglichst schnell und effizient zum Nutzen der Radfahrer einzusetzen, hätten Lückenschlussprojekte Priorität.
In diesem Jahr sollen den Angaben zufolge rund 14 Kilometer an Bundes- und Staatsstraßen neu für Radfahrer freigegeben werden und der Bau von weiteren 19,4 Kilometern beginnen. Insgesamt stehen dafür rund 16 Millionen Euro zur Verfügung. Hinzu kommen weitere Fördergelder für Radwege der Kommunen. Doch kritisiert die Grünen-Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta, dass Sachsen beim Abruf von Bundesmitteln für Radwege aus dem Programm «Stadt und Land» Schlusslicht sei. So seien im vergangenen Jahr 13 Millionen Euro übrig geblieben. «Wenn es nicht gelingt, hier endlich zu den anderen Bundesländern aufzuschließen, gehen den sächsischen Bürgern Millionen an Steuergeldern verloren.»
Voruntersuchungen für Radschnellwege
Weiter auf sich warten lassen auch die elf Radschnellwege rund um Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau. Die meisten befinden sich laut Ministerium im Stadium von Voruntersuchungen. Am weitesten fortgeschritten seien der Abschnitt Leipzig-Schkeuditz als Teil des Radschnellwegs Halle-Leipzig und der Abschnitt Dresden-Langebrück als Teil des Korridors Dresden-Neustadt-Radeberg. Für beide habe der Bund auf Basis der Voruntersuchungen grünes Licht gegeben und fördere die weitere Planung mit jeweils rund 1,9 Millionen Euro.
«Da muss deutlich mehr Tempo gemacht werden», forderte Radlobbyist Mücksch. Bei den Schnellwegen gehe es darum, effiziente und sichere Verbindungen mit möglichst wenigen Kreuzungen zu schaffen, damit es etwa für Pendler attraktiver wird, mit dem Rad zu fahren. Der Bau von Radwegen sei insgesamt wichtig, um mehr Menschen zum Umstieg aufs Rad zu bewegen. Umfragen zeigten, dass Sicherheit einer der Haupthinderungsgründe sei. «Viele Menschen sagen, dass sie mehr Fahrrad fahren würden, wenn es sicherer wäre.»
Auch Verkehrsminister Dulig baut auf einen «Kulturwandel» auf Sachsens Straßen. Es müsse für die Menschen selbstverständlicher werden, für bestimmte Strecken das Fahrrad zu nutzen. Als Vorbild verwies er auf die Niederlande. Dazu brauche es aber dringend einen stärkeren Ausbau. Fahrradfahren sei nicht nur umweltfreundlich, sondern fördere auch die Gesundheit. Doch dürften Fahrrad und Auto nicht in Konkurrenz gedacht werden – vielmehr müsse es ein besseres Nebeneinander geben.