Frankfurt/Main (dpa) – Das Chaos im deutschen Luftverkehr geht für die Passagiere weiter. Für diesen Freitag hat die Gewerkschaft Verdi an sieben deutschen Flughäfen die Beschäftigten mehrerer Bereiche zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Am Donnerstag hatte sich der Betrieb der Lufthansa gerade erst wieder normalisiert, nachdem am Mittwoch die IT-Systeme der größten deutschen Airline zusammengebrochen waren. Ursache war ein von einem Bagger verursachter Kabelschaden an einer Bahnstrecke in Frankfurt.
Der Flughafenverband ADV erwartet, dass am Freitag weite Teile des innerdeutschen und internationalen Luftverkehrs nicht stattfinden. Die Flughäfen Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg kündigten an, den regulären Passagierbetrieb einzustellen. Laut ADV wird der Warnstreik zu gut 2340 Flugausfällen führen. «Über 295 000 Passagiere werden zum Spielball der Verdi-Streiktaktik», kritisierte der Verband und sprach von einer «beispiellosen Eskalation».
Von der Arbeitsniederlegung sind auch Dortmund, Hannover und Bremen betroffen. Sie soll am frühen Freitagmorgen beginnen und in der Nacht auf Samstag enden. Nach der ADV-Statistik für das Jahr 2022 stehen die sieben Flughäfen für knapp zwei Drittel (64,5 Prozent) der Fluggäste in Deutschland. Überraschend rief Verdi am Donnerstag noch zu einem Warnstreik am Leipziger Flughafen auf, der am selben Tag um 15 Uhr beginnen und bis Samstag, 6 Uhr, dauern sollte.
Mit dem Ausstand wollen die Beschäftigten ihren Forderungen im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Nachdruck verleihen. Neben dem öffentlichen Dienst gibt es örtliche Verhandlungen für die Bodenverkehrsdienste sowie eine bundesweite Tarifrunde für die Luftsicherheit.
Der reguläre Passagierbetrieb werde in Frankfurt am Freitag nicht möglich sein, teilte die Betreiberin Fraport mit. Ausgenommen seien Notflüge. Allein in Frankfurt waren für Freitag 1005 Flugbewegungen geplant. Fraport sprach von 137 000 betroffenen Passagieren. Sie rief die Fluggäste auf, nicht zum Flughafen zu kommen und sich bei ihrer Fluggesellschaft zu informieren. Auch Umsteiger sind betroffen.
Die Lufthansa muss alleine an ihren wichtigsten Standorten Frankfurt und München rund 1200 Flüge streichen, wie ein Sprecher am Mittwochabend angekündigt hat. Tausende Passagiere müssen auf andere Flüge oder die Bahn umgebucht werden.
Verdi-Vizechefin Christine Behle hatte erklärt, dass Hilfsflüge in die Türkei und nach Syrien vom Streik ausgenommen werden. Zudem könnten Hilfsgüter über den nicht bestreikten Flughafen Frankfurt-Hahn ausgeflogen werden. Es fällt aber auch an den sieben bestreikten Flughäfen eine unbekannte Zahl von Passagierflügen aus, die zumindest theoretisch Hilfsgüter als Beiladung hätten transportieren können. Für Freitag geplante Frachtmaschinen der Turkish Airlines und der Lufthansa Cargo sollen nach Auskunft der Airlines starten dürfen.
Der Warnstreik findet zum Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz statt, die eines der wichtigsten Treffen zur Sicherheitspolitik weltweit ist und von Freitag bis Sonntag dauert. Von der Aussetzung des normalen Passagierbetriebs in München sind Flüge für die Sicherheitskonferenz ausgenommen, betonte der Flughafen. Die Konferenz arbeite daran, die Anreise der Teilnehmer gewährleisten zu können. Behle hatte die Anreise mit der Bahn oder über den Flughafen Nürnberg empfohlen.
Verdi und der Beamtenbund DBB fordern im Tarifstreit des Öffentlichen Dienstes 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Die Arbeitgeber haben die Forderungen zurückgewiesen. Die zweite Verhandlungsrunde ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant. Ein Angebot der Arbeitgeber liegt bislang nicht vor.
Die Arbeitgeber der Luftsicherheitsbranche kritisierten den Ausstand. Der Verband BDLS wehrte sich gegen die gewerkschaftliche Strategie, dass seine Verhandlungen mit denen des Öffentlichen Dienstes und der Bodenverkehrsdienste verquickt werden. «Verdi macht gemeinsame Sache mit mehreren anderen Gewerken, und so verschwimmen für Außenstehende die Ziele und Grenzen des Streiks. Dies wird ganz bewusst so ausgenutzt» sagte BDLS-Verhandlungsführer Rainer Friebertshäuser.