Ratgeber

Mit Präzision und Idealismus: Was macht eine Präparatorin?

Husum (dpa/tmn) – Es braucht ein bisschen Mut, eine Portion Kreativität und ganz viel Fingerspitzengefühl: Präparatoren rekonstruieren und konservieren Tierkörper, Fossilien oder menschliche Überreste und arbeiten dabei an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Kunst und Handwerk. Yvonne Fritzsche-Nehls ist selbstständige biologische Präparatorin und bereitet Amsel, Spitzmaus und Co. für naturkundliche Ausstellungen auf. Mit ihrem Beruf möchte sie den Menschen die Natur wieder näherbringen – ganz ohne Vergrößerungsglas oder Zeitlupe.

Der Weg in den Beruf

Wie ich auf das Berufsbild gekommen bin, erinnere ich nicht mehr. Ich weiß aber, dass ich beim Arbeitsamt war und ganz konkret nach dem Beruf der Präparatorin gefragt habe. Die Mitarbeiterin konnte mir Unterlagen und die Adresse der einzig staatlich anerkannten Ausbildungsstätte Deutschlands, dem Walter-Gropius-Berufskolleg in Bochum, geben. Damit war ich im Rennen. 

Es gibt drei Fachrichtungen der Präparation. Die biologische, das, was man als Tierpräparation kennt. Die geowissenschaftliche Präparation, bei der beispielsweise Fossilien für Museen oder Universitäten aufbereitet werden und die medizinische Präparation in der Anatomie, Pathologie und Rechtsmedizin. Die biologische Präparation hat mich sofort angesprochen und mein Dilemma gelöst: meine Orientierungslosigkeit zwischen meinen Interessen für Biologie, Handwerk und künstlerischem Schaffen.

Der Berufsalltag

Wenn ich ein Tier ausstellen soll – egal ob Rotkehlchen oder Marder – muss ich es erst vermessen. Ein bisschen Buchhaltung gehört auch dazu, insbesondere bei geschützten Tierarten. Dann muss ich die Haut vom Körper trennen, an bestimmten Gelenken trenne ich die Extremitäten ab. Die Haut mit Fell oder Gefieder muss gesäubert, gewaschen, entfettet, gegerbt und getrocknet werden. Manche der Präparationsschritte können sich über mehrere Wochen hinziehen. 

Aus festem Schaumstoff, Watte oder Holzwolle bilde ich den künstlichen Körper nach. Dann rekonstruiere ich die Form, ziehe die Haut über diese und gebe dem Tier die Gestalt, die es vorher hatte. Nach dem finalen Trocknen kommt die Retusche, bei der kleine Fehler ausgebessert oder künstliche Farbe aufgetragen wird, etwa an den Schnäbeln oder Beinen, wo Haut zu sehen ist. Ganz zum Schluss baue ich ein Podest für das Präparat.

Die Herausforderungen

Zum Beruf gehört ein bisschen Idealismus, denn was die Details betrifft, kann der Arbeitsaufwand nicht immer exakt in Euro und Cent umgesetzt werden. Eine gewisse Präzision bei der Arbeit ist in allen Fachrichtungen sehr wichtig. 

Auch eine gute Beobachtungsgabe halte ich für essenziell. Ob mit dem Fernglas, im Zoo oder die Hühner im eigenen Garten, ich beobachte Tiere bei jeder Gelegenheit. Wie bewegen sie sich? Was ist charakteristisch für sie? Welche Funktionen haben bestimmte Bewegungen? Dafür sollte man stets offen sein, es ist nichts, was man ab 17 Uhr beiseitelegt.

Ein Tier aufzuschneiden ist durchaus Gewöhnungssache und muss erst mal mit Interesse überspielt werden. Ich hatte schon vor der Ausbildung mit toten Tieren zu tun – in der Küche. Das ist erst mal das Gleiche: Man hat ein totes Tier, von dem Fell und Haut entfernt werden müssen. Beim Essen will man jedoch das Innere haben, bei der Präparation das Äußere.

Schöne und weniger schöne Seiten des Berufs

Der Beruf ist unglaublich vielseitig. Ich bin über 40 Jahre dabei und habe immer wieder neue Anforderungen und Aufgabenstellungen. Manchmal sind die Stücke nicht mehr in dem Zustand, den man haben möchte oder der Auftraggeber hat eine besondere Aufgabenstellung. Hier muss man sich eine neue Technik oder Darstellung überlegen.

Weniger gut gefällt mir die Arbeit für Knochenpräparationen. Knochensammlungen sind die Basis für ganz unterschiedliche biologische Fragen, man kann viel dabei lernen. Dafür muss man das Tier abfleischen und die Knochen heraussammeln. Das ist wie eine gut sortierte Schlachterarbeit und nicht unbedingt das, was ich mir als Basisarbeit für einen ganz Tag wünschen würde.

Die Vorurteile

Die Tiere, die von mir präpariert werden, wurden tot gefunden und nicht gejagt. Das war früher durchaus anders und wird noch immer als Grund gegen Präparationen vorgebracht. Ich finde, gerade in biologischen Ausstellungen ist die Dreidimensionalität der Präparationen schwer zu ersetzen. Viele Leute sind fasziniert davon, wie klein die Tiere teilweise sind. Über Fotos, die oft vergrößert werden, verliert man völlig die Proportionen.

Die Berufsaussichten

Der Präparator gehört zu den Kleinstberufen und hat extrem wenige Vertreter. Es ist schwer zu sagen, in welche Richtung sich Berufsbild verändern wird. Vor etwa 40 Jahren gab es eine Tendenz, bei der Universitäten die Präparationssammlungen reduzierten und stattdessen Labore einrichteten, um biologische Fragestellungen auf Grundlage von Genetik zu beantworten. 

Inzwischen hat man gemerkt, dass aus Knochen- oder Feuchtigkeitssammlungen ganz viele zusätzliche Informationen gewonnen werden können. Beispielsweise zu Fragen der Schadstoffbelastung. Seitdem werden Präparatoren wieder eingestellt.

Doch die Naturschutzrichtlinien werden strenger und es gibt immer weniger private Sammler. Es hat ein Wandel in der Sammlungstätigkeit stattgefunden und immer mehr Jagdzimmer werden aufgelöst. Insgesamt werden wir Präparatoren künftig wohl eher weniger.

Info-Kasten: Verdienstmöglichkeiten

Laut Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit liegt das Medianentgelt für ausgebildete präparationstechnische Assistentinnen und Assistenten bei 3585 Euro brutto im Monat. Bei diesen Angaben handelt es sich jedoch nur um Orientierungswerte. Vor allem in der Selbstständigkeit, kann der Verdienst abhängig von Ausbildung, Berufserfahrung und Auftrag stark variieren.

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