München/Berlin (dpa/tmn) – Wer sein eigenes, handschriftlich erstelltes Testament durchstreicht, macht es damit unwirksam. Nur ungünstig: Nach dem Tod eines Erblassers lässt sich manchmal schwer feststellen, ob dieser die Durchstreichungen selbst vorgenommen hat oder ob Dritte das erst nachträglich getan haben, um den letzten Willen zu manipulieren. Was also gilt dann?
Das Oberlandesgericht München musste sich genau mit so einem Fall beschäftigen (Az.: 3 Wx 73/23 e), teilt die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit. Und das Gericht entschied: Grundsätzlich trägt derjenige, der Rechte aus einem Testament herleiten will, die Feststellungslast für die Gültigkeit des Dokuments. Dasselbe gilt auch für den Widerruf. Wer vermutet, dass ein Erblasser sein Testament noch zu Lebzeiten widerrufen hat, muss das auch beweisen können.
Beweise können niedrigschwellig ansetzen
Befindet sich ein Testament bis zum Tod eines Erblassers in dessen Gewahrsam und liegen keine ernsthaften Anhaltspunkte für eine Manipulation von Dritten vor, ist der Beweis nach Ansicht der Richter aber nicht schwer zu erbringen.
Im konkreten Fall lief es so: Die Erblasserin hatte sich krankheitsbedingt bis zuletzt nahezu dauerhaft in dem Raum aufgehalten, in dem sich auch das Testament befand. Zudem pflegte die Verstorbene vor ihrem Tod kaum soziale Kontakte. Insofern war es Dritten nach Ansicht des Oberlandesgerichts praktisch unmöglich, Zugriff auf das Dokument zu erlangen.
Die Richter gingen deshalb davon aus, dass die Erblasserin selbst die Änderungen an dem Testament vorgenommen hatte, sie mit den Durchstreichungen tatsächlich den bereits erstellten letzten Willen widerrufen wollte.