Berlin (dpa) – Auch Weltmeister müssen lernen: Mit klaren Vorgaben schickt Joachim Löw seine Nationalspieler in die neue Saison. Vor allem für Lukas Podolski hat der Bundestrainer einen klaren Auftrag. «Ich habe zu Lukas gesagt, dass er mit (Arsenal-Trainer) Arsène Wenger sprechen soll. Er soll nicht alles auf sich zukommen lassen, sondern auf ihn zugehen, um in Erfahrung zu bringen, woran er ist. Plant der Trainer mit ihm? Und wenn ja, in welcher Rolle?», sagte der Bundestrainer der «Welt am Sonntag».
Sollte Podolski wie zuletzt beim FC Arsenal und als Leihspieler bei Inter Mailand nur Ergänzungsspieler sein, «muss er sich überlegen, was er möchte», ergänzte Löw: «Ich will, dass er spielt, mindestens 30 bis 40 Spiele.» Der DFB-Chefcoach sieht die gesamte deutsche Fußball-Nationalmannschaft ein Jahr nach dem Triumph von Rio de Janeiro gefordert. «Jetzt sind wir Weltmeister und werden, das ist klar, mit ganz anderen Augen betrachtet. Auch von den Gegnern, von denen nun jeder unbedingt gegen uns gewinnen will», erklärte Löw.
«Das ist eine Situation, mit der unsere Spieler erst einmal lernen müssen umzugehen», bemerkte der Weltmeistercoach: «Es kann sein, dass die Ansprüche an uns durch den Titel sogar noch ein bisschen gestiegen sind.» In der laufenden EM-Qualifikation liegt Deutschland in seiner Gruppe vor dem «heißen Herbst» mit Spielen gegen Tabellenführer Polen (4. September), in Schottland (7. September) und in Irland (8. Oktober) derzeit auf dem ungewohnten zweiten Platz.
«Grundsätzlich ist Lukas seit Jahren ein wichtiger Teil der Nationalmannschaft, weil er ein positiv denkender Mensch ist, der dem Team durch seine Art einfach gut tut», sagte Löw zum «Problem» Podolski. Allerdings habe dem 30-Jährigen, mit 125 Länderspielen seit 2004 erfahrenster Mann im derzeitigen DFB-Kader, in den vergangenen Monaten die nötige Physis gefehlt. «Er muss spielen. Denn zwei Jahre ohne richtige Spielpraxis wären keine gute Grundlage, um bei der EM 2016 dabei sein zu können.»
Podolski zeigt Verständnis für die klaren Worte von Löw: «Ich sehe das nicht als Kritik an meiner Person. Der Bundestrainer hat genau das richtige gesagt. Man will als Fußballer regelmäßig spielen. Das ist auch mein Ziel.» Der Ex-Kölner sieht in Löws Aufforderung ein allgemeines Signal: «Ich denke, dass das nicht nur eine Ansage für mich ist, sondern alle Spieler gemeint sind.» Am 10. Juli will Podolski ins Training des FC Arsenal einzusteigen. «Bis dahin wird sicher wieder viel spekuliert. Daran werde ich mich aber nicht beteiligen. Das ist kraftraubend.»
Podolski hat noch einen Vertrag bis 2016 beim FC Arsenal. In der ersten Hälfte der Saison 2014/15 kam er dort nur noch sporadisch zum Einsatz. Auch die Ausleihe zu Inter Mailand in der Rückrunde war für ihn sportlich eine Enttäuschung.
«Nicht gänzlich» zufrieden ist Löw auch mit der Entwicklung im deutschen Nachwuchs. «Es gibt schon einige Spieler, die ihren Weg gehen werden. Aber wir haben Positionen, auf denen ich, wenn ich mal auf die U-Teams schaue, noch nicht den Weltklasse-Spieler heranwachsen sehe», betonte Löw mit Hinweis auf die Außenverteidiger und Stürmer. Für diese Positionen sehe er «derzeit keinen Spieler, der so gut ist, dass ich ihn sofort zu uns holen müsste». In einzelnen Bereichen gebe es «durchaus noch Potenzial nach oben».