Pegau (dpa/sn) – In einigen asiatischen Ländern gehören sie regelmäßig zum Speiseplan, auch hierzulande kommen die Menschen an Insekten als Nahrungsmittel nicht vorbei. Davon ist zumindest Kai Hempel überzeugt, der Geschäftsführer der Insektenzucht madebymade in Pegau nahe Leipzig. «Da gibt es einfach keine Alternative zu», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Sein Betrieb, den er ab 2018 gemeinsam mit zwei Partnern aufbaute, besteht heute aus zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Gemessen an der Produktionsmenge sei er der größte Zuchtbetrieb in Deutschland. Dass die Europäischen Union seit Ende Januar weitere Insekten – den Getreideschimmelkäfer und Grillen – für die Produktion von Nahrungsmitteln zugelassen hat, ändere jedoch nichts an dem Geschäftsmodell des aus Dresden stammenden Züchters. «Wir machen weiter wie gehabt – wie alle anderen Züchter auch», sagte Hempel.
Schon vor der EU-Zulassung konnten einzelne Insektenarten zu Lebensmitteln verarbeitet werden, erklärte Hempel: «Wir essen also schon eine ganze Weile Insekten, zum Beispiel in Nudeln.» Dass die Sechsbeiner vor allem eine umweltschonendere Quelle zur Abdeckung des Proteinbedarfs sind, sei noch nicht in den Köpfen vieler Menschen angekommen. «Momentan züchten wir die Larven der Schwarzen Soldatenfliege, trocknen sie und geben sie dann zum Beispiel Hühnern oder Fischen zu essen – die wir dann wiederum essen», erklärte der 35-Jährige.
Zu den Abnehmern von madebymade zählten deshalb zurzeit vor allem landwirtschaftliche Betriebe, aber auch Produzenten von Futter für Hunde und Katzen oder Zoos. Verkauft würden die Tiere meist getrocknet und gemahlen, einzelne Abnehmer – beispielsweise Zoos – kauften die Tiere auch lebend. Der Kot der Fliegenmaden – auch Fraß genannt – werde außerdem zu biologischem Dünger verarbeitet und verkauft.
In Konkurrenz stehe das Unternehmen bei der Herstellung der Grundlage für Nutztiernahrung vor allem mit Produzenten im Ausland. «Zu großen Teilen werden Hühner, Schweine und Wassertiere, die gezüchtet werden, um sie zu essen, mit Soja und Fischmehl gefüttert», so Hempel. Soja und Fischmehl seien durchaus billiger als die umweltfreundlichere Alternative aus Pegau, es gebe jedoch einen Haken: «Beides ist endlich und muss importiert werden. Das kann die EU nicht ewig machen – und spätestens dann werden Insekten zu einer spannenden Alternative.»
Früher oder später werde die Zucht von Insekten deutlich an Bedeutung für die Lebensmittelindustrie gewinnen, prognostizierte Hempel. Zunächst müsse jedoch unter anderem in der Landwirtschaft, der Politik und auch bei den Endverbrauchern ein Umdenken stattfinden. Bis dahin werde es noch einige Jahre dauern. Diskussionen, wie sie momentan über die Verwendung von Insekten in Nahrungsmitteln geführt werden, sei hochemotional und gehe an der Realität vorbei, kritisierte der Züchter.