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Kunstmäzen, um Frauen rumzukriegen

Kunstmäzen Igor Markin, 41, ist so etwas wie das Lieblingsfeindbild des Erzabtes Tichon. Dem ehemaligen Bauunternehmer und Multimillionär ist nichts von dem heilig, was die Konservativen gerne als unantastbar betrachten.

Antichristliche Künstler, die blasphemische und pornografische Werke zur Schau stellen, finden in seinem Museum Asyl. Dabei ist Markin nicht unbedingt das, was man sich unter einem überzeugten Kunstverteidiger vorstellt. Seine Begründung, warum er das Geschäft, in dem er rund 40 Millionen Euro gescheffelt hat, aufgab, ist so originell wie pragmatisch: Kohle langweile den Ingenieur inzwischen, er wolle an seiner kulturellen Fortbildung arbeiten, denn: „Mit Gesprächen über Kunst kommt man besser an Frauen ran.”

Instalattion von Ilja Kabakow: Der gefallene Kronleuchter.

Der Provokateur aus Lust sammelt seit 2006 in seinem „art4.ru“ auf 600 Quadratmetern Werke bekannter Größen wie Ilja Kabakow und Dimitrij Krasnopewzew. Aber besonders stolz ist er darauf, viele neue Talente entdeckt zu haben. Unter seinen rund 1500 Gemälden, Skulpturen und Installationen finden sich nach Ansicht der Verteidiger der guten alten Orthodoxie so teuflische Fotokunstwerke wie der „Marxismus de Sade“, auf dem zwei nackte junge Männer als angekettete Sklaven vor einem Herrn knien. Auf einem Cartoon lässt sich Lenin von Micky Maus anbeten und beim Anblick zweier Polizisten beim Zungenkuss im Birkenwäldchen ließ sich Ex-Kultusminister Aleksander Sokolov zu der Aussage hinreißen, dass dies „eine Schande für Russland” sei – er verhinderte die Ausstellung des Werkes im Ausland.

Hering im Pelzmantel

Anstelle eines Gästebuchs legt Markin Filzstifte bereit, mit denen man seine Eindrücke auf Klokacheln schmieren kann. Was im Museum so locker antiautoritär und machtkritisch daherkommt, ist für den Pragmatiker aber keinesfalls antirussisch: Der unfreiwillige Antipode des neuen Moskaus sammelt aus eigener Sicht „das Beste der Gegenwartskunst, um den Ruhm seiner Heimat zu mehren“. Der Kunstunternehmer reist selbst nicht sehr gern, vermisst schnell die Heimat, liebt die russische Küche, vor allem wenn sie von Meisterkoch Anatolij Komm (41) zelebriert wird, der in seinem Restaurant „Barbaren“ in zentraler Lage zwischen der „Geburt der Gottesmutter“-Kirche und dem Euro-Casino nur mit heimischen Zutaten arbeitet: Dessen kreative Menüs, etwa mit „Hering im Pelzmantel“, kosten um 200 Euro. Statt in die Welt zu gondeln, möchte der Architekt der russischen Kunsterneuerung die Welt nach Moskau holen: Markin will ein Museum bauen, das „eindrucksvoller als das Guggenheim in New York“ werden soll, eben „Weltklasse, vom Westen unerreicht“.

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