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Korsika in Zahlen und Fakten

Korsai, „mit dichten Wäldern bewachsener Ort“, bedeutet der phönizische Inselname. Dieses 183 Kilometer lange und maximal 90 Kilometer breite Eiland beherrschten bereits so ziemlich alle Völker, die im Mittelmeerraum Handel trieben: Phönizier, Hispanier, Ligurer, Katharger, Griechen und Römer stritten sich um die 8680 Quadratkilometer 40 Seeminuten vom wesentlich größeren Sardinien entfernt.

Korsische Begeisterung über Korsika – aus Asterix en Corse.

Bastia, Hauptstadt der Fähren und des Nordens.

1000 Kilometer Küste umfangen einen Gebirgszug mit sage und schreibe 70 Gipfeln über 2000 Metern Höhe. Die französische Verwaltung gliedert die Insel geografisch sinnvoll in ein Département Haute-Corse (Kfz-Zeichen 1A) im Norden mit der Hauptstadt Bastia und ein Corse-du-Sud mit der Hauptstadt Ajaccio (1B). Rund 300.000 Korsen mit unklarem Stammbaum teilen sich heute die nach Kräutern duftende Île de Beauté – 100.000 davon schon in den beiden Großstädtchen.

Korsisch-nationale Ökologen
Der Parc Régional de la Corse, ein riesiges Naturschutzgebiet, das ein Viertel der Inselfläche bedeckt, reicht im Nordwesten bis zur Küste des Golfe de Girolata und im Südosten bis zum Golfe von Porto-Vecchio. Beide Départements investieren beträchtliche Summen in den Umweltschutz und den Erhalt der typisch korsischen Baustile – die freilich eine lange Tradition haben. Bei den Europawahlen 2009 hatten die grüne Liste Europe-Ecologie mit mehr als 25 Prozent der Stimmen das zweitstärkste Ergebnis nach der führenden rechtskonservativen UMP (Union pour un mouvement populaire) erreicht – im Süden der Insel sogar fast gleichauf mit den Konservativen. Frankreichweit hatte die Ökoliste nur etwa zehn Prozent eingefahren. Korsika schickte zusammen mit dem Wahlkreis Südfrankreich 13 Abgeordnete nach Straßburg.

Hintergrund für diesen spektakulären Öko-Wahlerfolg war der damals heftig diskutierte Regionalentwicklungsplan, plan d”aménagement et de développement durable de la Corse (PADDUC), in dem die wirtschaftliche, landwirtschaftliche, soziale, kulturelle und touristische Strategieplanung der Insel festgesetzt werden sollte. Kritiker hatten befürchten, dass in den Raumordnungsverfahren, Küstenstriche verplant und mit Hotels und Ferienanlagen zugebaut werden sollten. Nachdem allerdings der Korse und Stimmenkönig François Alfonsi vor der Europa-Wahl 2014 von der Grünen zur Regionalpartei „France Regions“ wechselte, eine Gruppierung, die den Einfluss der Regionen in der EU stärken will und für die Beibehaltung regionaler Besonderheiten vor allem hinsichtlich der Sprache kämpft, brachen die Grünen auf 4,4 Prozent ein.

Prähistorische Hauptstadt
Zahlreiche prähistorische Fundstellen und Museen präsentieren Zeugnisse der frühen Megalith-Kultur: Rätselhafte Dolmenanlagen, vor allem entlang von Wasserstellen und anderen logistisch wichtigen Orten, harren immer noch einer wissenschaftlichen Funktionsdeutung. Besonders beeindruckend: die prähistorische „Hauptstadt“ Korsikas, das 8000 Jahre alte Filitosa, das ein wenig so wirkt, als hätte Steven Spielberg hier die Kulisse für seinen Dino-Film aufgebaut – beste Wohnlage für Steinzeitmenschen.

Filitosa, Hauptstadt der Steinzeit.

Etwa 1600 Jahre vor unserer Zeitrechnung verdrängte ein technologisch geschickteres Volk die Neolithiker Richtung Norden und machte durch atemberaubende Turmbauten aus Zyklopenmauerwerk auf sich aufmerksam – zu besichtigen unter anderem beim Castellu d’Araghju – ihrem Faible für Türme verdanken sie ihre Bezeichnung als Torreaner.

Römer, Franken und Italiener
Einige Jahrtausende später versuchten die Römer ihr Glück im Lager Aléria, dessen Fundamente das Ausmaß der antiken Garnisonsstadt erahnen lassen. Nach dem Untergang des römischen Weltreiches fielen Germanen, Byzantiner, Mauren und der Frankenkönig Pippin über „Kalliste“, die Schönste, wie sie die Griechen nannten, her. Letzterer, der Vater Karls des Großen, machte sie dem Papst zum Geschenk, der sie im 9. Jahrhundert an die Sarazenen verlor.

Der Frankenherrscher und der Kirchenstaat entsandten ein Heer, unter anderem mit Ugo Colonna an der Spitze, der zusammen mit anderen ligurischen und toskanischen Adelsgeschlechtern Korsika unter sich aufteilte und ausbeutete. Die italienischen Signori traten als erbarmungslose Feudalherren auf den Plan, unbeugsame Korsen flüchteten ins bergige Hinterland.

Das Volksparlament Sambucuccio d’Alandos
Als im 11. Jahrhundert ein Graf von Cinarca die ganze Insel unter seine Knute zwingen wollte, sammelte sich in den Bergen der Widerstand und berief eine Art Volksparlament ein, das Sambucuccio d’Alando zum Vorsitzenden wählte. Dieser Volksheld besiegte den gierigen Grafen und gründete die Terra del Commune, einen befreiten Landstrich, der von Aléria bis Calvi reichte.

Die Zyklopenmauer von Arraghju.

Nach dem Tod des Anführers erstarrte das Projekt, die gewählten Caporale der Dorfgemeinschaften rissen die Macht an sich, es entstand das Korsika der Clanchefs. Gleichzeitig bauten die Signori im Süden ihre Herrschaft wieder aus. Schließlich geriet die Insel auf Betreiben des Papstes im 14. Jahrhundert 100 Jahre lang unter pisanischen Einfluss, fromme Mönche, denen zumindest eine rege Bautätigkeit gutgeschrieben werden kann.

500 Jahre Genueser – und dann kam Paoli
Als dann die Genueser ihre Machtposition im Mittelmeer ausbauten, versank Korsika endgültig im Chaos der widerstreitenden Interessen – 1195 überfielen sie Bonifacio, vertrieben oder ermordeten die Einwohner und erklärten das Städtchen zur Bastion Genuas, der 1268 Calvi im Norden folgte. Die Herrschaft der Norditaliener dauerte 500 Jahre bis zur Revolte der Korsen 1755 und der kurzen Unabhängigkeit vor der Annexion durch Frankreich.

14 Jahre lang (1755-1769) war Corte tatsächlich Haupt- und Universitätsstadt eines unabhängigen Korsikas. Hier ließ Pasquale Paoli über die demokratische Verfassung der Insel abstimmen, hier trat jährlich der korsische Nationalrat zusammen. An den Wänden der Universität steht das Bekenntnis „So corsu ne so fieru“, „Ich bin stolz, ein Korse zu sein“ und am Eingang der Zitadelle der Schlachtruf „Terra corsa a i corsa“, „Korsika den Korsen“. Doch Frankreich verriet die Republik und der einstige Revolutionsgeneral krönte sich selbst zum Kaiser – ausgerechnet der italienisch stämmige Napoléon I. zerstörte alle Hoffnungen seiner Insulaner auf die Liberté vom Kontinent. Immerhin, seit 1981 ist Corte wieder Universitätsstadt, ob sie nochmal Hauptstadt wird, steht in den europäischen Sternen.

40 Jahre Autonomiebewegung
Heute ist Korsika die am dünnsten besiedelte Mittelmeerinsel – im 19. Jahrhundert hatte eine Auswanderungswelle die Hirteninsel erfasst, die bis heute wie in vielen ländlichen Regionen Europas anhält. Man behilft sich mit sanftem, Tourismus, Slow Food mit vor der Haustüre produzierten Lebensmitteln, der Wiederbelebung traditioneller Handwerke und Musik, um die regionale Wirtschaft einigermaßen in Schwung zu bekommen.

Nach über 40 Jahren Autonomiebewegung verzeichneten die organisierten Korsen bei den Wahlen zur Assemblée de Corse, ein Zugeständnis, das es seit 1982 gibt, im Jahr 2010 30 Prozent der Stimmen. Die größere Überraschung aber war, dass die traditionell konservative Insel erstmals mehrheitlich links wählte.

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