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Königlich in 608 Räumen

„Good Morning, Stockholm“, heißt die Schiffstour, die eine erste Vorstellung von der Struktur der Pfahlinsel, wie Stockholm wörtlich übersetzt werden kann, geben soll. Unübersehbar in unserem Rücken das Kungliga Slottet (Slottsbacken, www.kungahuset.se) an der nördlichen Spitze der Altstadt, deren Gründung für spätestens 1252 angenommen werden darf. Die prächtige Burg aus dem 13. Jahrhundert, die früher der Herrscherfamilie sicherer Unterschlupf war, brannte leider 1697 fast vollständig nieder.

Innen macht die außen doch sehr nüchterne Renaissanceanlage weit mehr her.

Um einen Turm herum schichteten die verschiedenen Bauherren etwa seit Anfang des 13. Jahrhunderts die alte Burganlage auf. Gustav Vasa, Vater des schwedischen Nationalstaates, trug vor allem zur Befestigung der Feste bei, während Sohnemann Johan III. mehr den Angenehmlichkeiten gehobener Wohnkultur zugetan war und die kühle Burg in ein opulentes Renaissance-Kastell umbauen ließ. Spätestens mit dem Dreißigjährigen Krieg stieg Schweden zur europäischen Großmacht auf und mit ihr wuchs der Beamtenapparat, für den in den „Drei Kronen“ Platz in nüchternen Verwaltungsgebäuden geschaffen wurde.

So sah das Panorama Stockholms mit der alten Burg “Tri Kronor” vor dem verheerenden Brand aus.

Ade, alte Burg
Keimzelle des Schlosses, wie wir es heute kennen, war der Umbau des nördlichen Flügels durch den Architekten Nicodemus Tessin d.J. im Auftrag Karl XI zwischen 1692 bis 95. Mit seiner repräsentativen Residenz samt prachtvollem Interieur im jetzigen Festsaal machte er dem absolutistischen Herrscher alle Ehre. Dass beim verheerenden Brand am 7. Mai 1697 ausgerechnet dieser Neubau unbeschadet blieb, war wohl großem Glück oder neueren Brandschutzmethoden zu verdanken – wenn man nicht unterstellen möchte, der Architekt habe zu unkonventionellen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gegriffen.

Baustopp wegen drohendem Staatsbankrott
Jedenfalls war Tessins Prototyp nun Ausgangspunkt eines Schlossneubaus, für den der flinke Architekt nur wenige Wochen nach der Katastrophe, am 21. Juni ersten Entwürfe vorlegte. Doch viel Glück brachte Tessin der Großauftrag nicht. Nach kurzer, stürmischer Bautätigkeit erlahmte der königliche Eifer. Karls XII. maßlose militärische Abenteuer versetzten die Baustelle 1710 in einen 18-jährigen Dornröschenschlaf – in der Staatskasse herrschten de facto griechische Verhältnisse. Erst kurz bevor der ambitionierte Baumeister den Weg alles Irdischen antrat, durfte er noch ein Licht am Ende seines Nahtod-Tunnels erblicken: Wie heutzutage die EU-Troika traten damals die Stände auf den Plan und garantierten mit einer Sondersteuer, der sogenannten Schlossbauhilfe, den Weiterbau des Palazzo prozzo.

Hier geht”s zum Chef: Wuchtige Treppenaufgänge lassen keinen Zweifel, dass hier einst ein absolutistischer Herrscher residierte.

Wohl mit Rücksicht auf die Verdienste des Vaters wurden dem Sohn, Carl Gustaf Tessin, die künstlerische und administrative Leitung des Schlossbaus übertragen. Der starke Mann hinter den Palastmauern war jedoch Architekt Carl Hårleman, der allerdings weitgehend die Originalpläne umsetzte. Lediglich beim Interieur tobte sich der überschwengliche Zeitgeschmack im verspielten Rokoko-Dekor aus. Es vergingen noch einmal 26 Jahre, ehe das Königspaar Adolf Fredrik und Lovisa Ulrika 1754 in die untere der beiden großen Schlossetagen, die heutigen Bernadotte-Wohnräume, Einzug halten konnte. Seit dem Brand hatte „Riddarholmen“ als provisorische Residenz herhalten müssen. Als offiziell abgeschlossen galt das Projekt sogar erst 1770.


Königliche Museen-Vielfalt

Die nüchterne Fassade des Königlichen Schlosses zu Stockholm verbirgt gut, welche kunst- und kulturgeschichtlichen Reichtümer der Komplex im Norden der Altstadt beherbergt. Das Museum „Tre Kronor“ im Keller des Nordflügels präsentiert die Geschichte der Anlage seit Baubeginn. Bei einer Schlossführung vermitteln die Respekt einfößenden Treppenaufgänge und Paraderäume einen Eindruck vom Großmachtstreben der absolutistischen Ära. Farbenreichtum und verspielte Formen in den Salons des Rokoko und zurückgenommene Eleganz bei der klassizistischen Einrichtung sowie fast bürgerliche Behaglichkeit und Fin-de-Siècle-Dekadenz atmen die vielen im Originalzustand der jeweiligen Epoche belassenen Wohnräume.

Alte königliche Klamotten.

In der Schatzkammer sind vor allem die Kroninsignien Magnet für die Besucherströme. Die Leibrüstkammer wartet mit Dokumenten und Objekten auf, welche die Rolle der schwedischen Könige von Gustav Vasas bis zur heutigen Bernadotte-Dynastie widerspiegeln. Beide Museen sind in den Gewölben unter dem südlichen und östlichen Teil des Schlosses angesiedelt. Im nordöstlichen Flügel des Schlosses ist bereits seit 1792 die Antikensammlung Gustavs III. untergebracht.

Noch heute empfängt im Stockholmer Schloss Carl XVI. Gustaf alias Carl Gustaf Folke Hubertus Bernadotte mit Gemahlin Silvia und Töchterchen Victoria zu Staatsbesuchen, Audienzen, Empfängen und großen Staatsfeten.

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