Frankfurt/Hannover (dpa) – Der Textroboter ChatGPT gibt Sonnenhungrigen erste Empfehlungen für ihren Urlaub oder macht personalisierte Vorschläge für Ausflüge: Generative Künstliche Intelligenz (KI) hat im Tourismus Einzug gehalten. «Die Art und Weise, wie Menschen ihre Reisen zukünftig planen und buchen, wird das grundlegend verändern», erwartet Tui-IT-Chef (CIO) Pieter Jordaan. Werden es Urlauber künftig vor allem mit KI zu tun haben? Werden Mitarbeiter bei Reisebüros und Veranstaltern überflüssig?
Künftig könnten Beschäftigte in den Reisebüros selbst KI nutzen, um die Kunden zu beraten, erläutert Jordaan. «Generative KI wird sehr schnell Aufgaben ersetzen, aber keine Arbeitsplätze», heißt es beim Branchenprimus. Die sogenannte generative KI, zu der auch Textroboter wie ChatGPT gehören, ist in der Lage, auf Basis vorhandener Informationen und Vorgaben eines Anwenders neue Inhalte zu erstellen.
Tui nutzt in Großbritannien in seiner App ChatGPT. Etwa jeder zweite Nutzer kann dort in einem Test auf ChatGPT in der App zugreifen, um beispielsweise personalisierte Vorschläge für Ausflüge zu erhalten. In Deutschland soll es das Angebot bis Ende des Jahres geben.
Fachkräfte auch in Zukunft unerlässlich
Nach Einschätzung des Veranstalters Schauinsland-Reisen werden qualifizierte Fachkräfte auch in Zukunft unerlässlich bleiben. Die Duisburger setzen ChatGPT derzeit testweise ein. Die Software hilft zum Beispiel bei der Erstellung von Kunden-Newslettern. «KI kann dabei jedoch die Erfahrung und Expertise unserer Fachkräfte nicht ersetzen, sondern lediglich als Unterstützung dienen», sagt ein Schauinsland-Sprecher.
Eine KI wie ChatGPT könne zwar langfristig einzelne zeitaufwendige Arbeitsabläufe vereinfachen und automatisieren. «Das menschliche Bauchgefühl bei der Zusammenstellung unserer Produkte kann durch KI nicht ersetzt werden», sagt der Sprecher. Ein voll automatisierter Einsatz von ChatGPT komme für Schauinsland auch in Zukunft nicht in Frage.
Auch der Branchenverband DRV geht davon aus, dass die Reiseprofis nicht überflüssig werden: Die Experten in den Reisebüros würden die Wünsche und Vorlieben ihrer Kunden gut kennen und maßgeschneiderte Angebote machen. «Diesen – im Netz nicht frei verfügbaren – Content mit sämtlichen Expertentipps kann die KI heute nicht bieten.»
Chancen im Kampf gegen Fachkräftemangel
DER-Touristik-Topmanager Mark Tantz (COO Zentraleuropa) sieht Chancen, den Fachkräftemangel abzufedern. Automation – egal ob einfache oder künstliche – sei eine Möglichkeit, Beschäftigte von einfachen Aufgaben zu entlasten, so dass sich diese zum Beispiel auf interessantere Tätigkeiten konzentrieren könnten. «Das ist gerade bei Fachkräftemangel ein relevantes Thema», sagt Tantz.
Aus seiner Sicht ist die Verbindung zwischen persönlicher Beratung und Betreuung und der Unterstützung durch KI künftig der Schlüssel zum Erfolg. Der Branchenzweite nutzt KI aktuell unter anderem im Kundenkontakt. «Hierdurch sind wir in der Lage, Kunden zum richtigen Zeitpunkt das für sie jeweils passende Angebot zu schicken.»
Ungeprüft verlassen wollen sich Tui, DER Touristik und Co. auf die Ergebnisse von KI nicht. Die Beschäftigten seien angehalten nicht nur Datenschutzbestimmungen strikt einzuhalten, «sondern auch die Ergebnisse vor der Weiterverwendung stets auf Plausibilität, Sicherheit und Korrektheit zu prüfen», sagt beispielsweise Tantz.
Persönlicher Kundenkontakt bleibt wichtig
Der Spezialreiseanbieter Chamäleon Reisen, der seit diesem Jahr ChatGPT für Unterkunftsbeschreibungen auf seiner Homepage einsetzt, legt unvermindert Wert auf einen unmittelbaren Draht zu den Kunden. «Wir setzen weiter ganz bewusst auf den direkten Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden. Sie sollen die Zuständigen für die einzelnen Ziele auch künftig direkt erreichen können», berichtet Ingo Lies, Gründer des Veranstalters für nachhaltige Reisen.
Ähnlich sieht das der Reisekonzern Alltours: «Wichtig bleibt für uns der persönliche Kontakt mit unseren Kundinnen und Kunden, den KI nicht ersetzen kann.»