Berlin (dpa/tmn) – Im Krankheitsfall müssen Beschäftigte in der Regel spätesten am vierten Kalendertag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber vorlegen. Nur so behalten sie ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Aber kann der Arbeitgeber die AU-Bescheinigung eigentlich überprüfen lassen, wenn Zweifel am tatsächlichen Gesundheitszustand bestehen?
Ja, das ist möglich. Bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber von der Krankenkasse verlangen, dass diese eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Das ist gesetzlich geregelt.
Prüfung bei häufiger Krankheit möglich
Einfach so geht das aber nicht. Der Arbeitgeber muss dafür begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit haben, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Eine Überprüfung sei etwa regelmäßig dann möglich, wenn ein Arbeitnehmer auffallend häufig oder immer wieder für kurze Zeit arbeitsunfähig ist – und die Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Montag oder Freitag fällt oder an solchen Tagen beginnt.
Und auch aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung selbst könnten sich Zweifel ergeben. «Zum Beispiel wenn diese rückwirkend oder für einen sehr langen Zeitraum ausgestellt ist», so Bredereck.
Diese Verhaltensweisen begründen Zweifel
Verhalten sich Beschäftigte im Zusammenhang mit ihrer Krankschreibung auffällig, kann das ebenfalls eine Überprüfung begründen. Etwa, wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer die Bescheinigung direkt nach Ausspruch einer Kündigung vorlegen und eine Erkrankung exakt bis zum Ende der Kündigungsfrist dauert.
«Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer die spätere Erkrankung vorher angekündigt hat», so der Fachanwalt. «Auch Arbeitnehmer, die als Reaktion auf einen nicht genehmigten Urlaub krank werden, begründen durch dieses Verhalten entsprechende Zweifel.» Gehäufte Bescheinigungen der Arbeitsunfähigkeit direkt im Anschluss an einen Urlaub oder vor dessen Beginn sind auch so ein Fall.
Betriebsarzt kann Arbeitsunfähigkeit nicht überprüfen
Es sei aber nicht Aufgabe von Betriebsärzten die Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmer zu überprüfen: «Anders als in der Praxis immer wieder anzutreffen.»
Stattdessen übernimmt die Prüfung der Medizinische Dienst, der das Ergebnis der Krankenkasse des Versicherten und dem behandelnden Arzt mitteilt. «Dem Arbeitgeber wird lediglich das Ergebnis mitgeteilt, soweit die Einschätzung des Medizinischen Dienstes von der des Arztes abweicht», sagt Bredereck. «Mitteilungen über die Krankheit selbst erfolgen auch auf diesem Weg nicht.»
Streit ums Entgelt vor Gericht
Der Fachanwalt weist zudem darauf hin, dass eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auch indirekt stattfinden kann. Nämlich etwa, wenn der Arbeitgeber «sich schlichtweg weigert Entgeltfortzahlung zu leisten».
Klagt ein Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt dann vor Gericht ein, prüfe dieses «bei begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit», ob sie tatsächlich vorliegt. Dabei kann es notwendig werden, dass der Arbeitnehmer den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbindet «und dieser dann als sachverständiger Zeuge zum Gesundheitszustand des Arbeitnehmers befragt wird», so Bredereck.