Weimar/Lauterbach/Erfurt (dpa/th) – Die Übernachtungszahlen in den Thüringer Jugendherbergen liegen trotz deutlicher Erholung noch unter dem Niveau vor der Corona-Krise. Der ungewisse Ausblick auf den Herbst und Winter bereitet dabei vielen Herbergen Sorge. «Wir hoffen auf das Beste, sind aber auf das Schlechteste vorbereitet», sagte der Sprecher des Thüringer Landesverbands des Deutschen Jugendherbergswerk (DJH), Marc Nawrodt. Aus Angst vor neuen Beschränkungen gebe es ab Oktober deutlich weniger Buchungen. Positiv sei aber, dass bereits zahlreiche Reservierungen für 2023 vorliegen.
Von Januar bis Juli dieses Jahres meldeten die 16 Thüringer Jugendherbergen demnach rund 118 000 Übernachtungen. Im Vorjahreszeitraum war diese Zahl coronabedingt auf etwa 30 000 gesunken. Vor der Pandemie im Januar bis Juli 2019 gab es den Angaben zufolge noch fast 151 000 Übernachtungen.
Vielerorts konnten die geltenden Corona-Regeln aufgrund der Struktur der Häuser nicht umgesetzt werden können, wie es hieß. Einrichtungen mussten daher schließen. Aktuell buchten vor allem Familien ihre Urlaube nur sehr kurzfristig, oft nur mit einer Woche Vorlauf. Auch die normalerweise lange im Voraus geplanten Gruppenreisen würden immer kurzfristiger geplant, sagte Nawrodt.
«Solange es keine Einschränkungen gibt, lassen sich unsere Gäste ihren Urlaub nicht nehmen», sagte Jaqueline Harting vom «Urwald-Life-Camp» in Lauterbach (Wartburgkreis). Schon jetzt seien in der Jugendherberge, die sich auf die Themen Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung spezialisiert habe, etwa 90 Gäste für den Oktober angemeldet. Die Einrichtung verfügt über 144 Betten, 30 Schlafplätze in Baumhäusern, 25 in Tipis und einen Campingplatz. Geboten werden demnach unter anderem Wildnis-Übernachtungen, Survival-Trainings oder Team-Spiele, oft in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal und dem Nationalpark Hainich.
Die Schwerpunkte der Thüringer Jugendherbergen richten sich nach ihrer Lage und reichen von der Naturbildung bis hin zu kulturellen Angeboten. Dementsprechend machen Schulen mit Abstand den größten Anteil der Gäste aus: Etwa die Hälfte der Übernachtungen in diesem Jahr entfiel laut DJH auf Schulklassen, gefolgt von Fort- und Weiterbildungen sowie Familienurlauben.
Nach der Wiedervereinigung habe es im Freistaat eine große Zahl an Jugendherbergen gegeben, deren Standard den modernen Qualitätsansprüchen nicht mehr genügten, sagte Nawrodt. Dazu gehöre unter anderem ein umfangreiches Frühstücksangebot und moderne Zimmer – in der Regel mit Einzelbetten und einem Badezimmer in jedem Raum.
Mit der Schließung der Jugendherbergen in Schwarzburg und Schnett sei der Transformationsprozess nun fast abgeschlossen. Derzeit entstehe eine neue Jugendherberge in Gotha, sagte Nawrodt. Die vier Weimarer Jugendherbergen sollen in einer einzigen modernen Einrichtung zusammengeschlossen werden. Ähnlich wie im Hotel-Geschäft bereiten den Jugendherbergen vor allem die steigenden Energiepreise und der Personalmangel Probleme. Einschränkungen aufgrund von Personalengpässen seien in der Zukunft nicht auszuschließen, sagte der Verbandssprecher.
«Jugendherbergen bieten eine Kombination aus günstiger Unterkunft und Freizeitprogrammen. Das ist besonders für Schulklassen und Familien sehr attraktiv», sagte der Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Thüringen, Dirk Ellinger. Viele Herbergen ermöglichten eine ideale Weiternutzung von besonders schönen und alten Gebäuden. Sie liegen zudem auf dem Land. Aus diesem Grund gibt es aus Sicht Ellingers auch nur eine begrenzte Konkurrenz zwischen den Jugendherbergen und Hostels, die in der Regel auf eine günstige Übernachtung ausgelegt sind.