Bielefeld (dpa) – Die Pandemie-Flaute der Jugendherbergen in Deutschland ist nach Einschätzung des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) dank deutlich gestiegener Übernachtungszahlen überwunden. Vor allem das «Comeback der Klassenfahrten» habe 2022 zu einer positiven Entwicklung beigetragen, berichtete das DJH am Dienstag in Bielefeld. Allerdings stellten Inflation und Energiekrise neue Herausforderungen dar, sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Peters.
Insgesamt zählte das DJH im vergangenen Jahr fast 8,6 Millionen Übernachtungen – und damit sogar mehr als doppelt so viele wie im Krisenjahr zuvor mit nur 3,9 Millionen Übernachtungen. «Damit erreichen wir erstmals wieder annähernd das Vor-Pandemie-Niveau», betonte Peters. Und das, obwohl noch bis Frühjahr 2022 Corona-Einschränkungen im Bereich Reisen und Unterbringung galten. Für 2023 stimme ein sehr guter Vorbuchungsstand optimistisch. Es gebe nur wenige Vereinsaustritte, aber viele Neumitgliedschaften. Zum Stand Ende 2022 waren es gut 2,3 Millionen Mitglieder.
Die flächendeckende Rückkehr von Schülerinnen und Schülern schlug positiv zu Buche. Rund 3,6 Millionen Übernachtungen aus dem Bereich Schulen wurden 2022 gezählt – fast 2,7 Millionen mehr als 2021 mit damals nur 910 000 Übernachtungen. Unter den Gästegruppen sind Schulen und Hochschulen die wichtigsten, gefolgt von Familien.
Auch im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen meldeten die Landesverbände Rheinland und Westfalen-Lippe einen positiven Trend. Ein enormer Nachholbedarf bei den Klassenfahrten habe 2022 zu erheblichen Zuwächsen geführt – und zu noch höheren Übernachtungszahlen als vor der Pandemie 2019.
Vor allem junge Menschen seien im Zuge der pandemiebedingten Einschränkungen oftmals auf der Strecke geblieben und benötigten jetzt dringend wieder die Chance, sich sozial und persönlich in einem sicheren Raum entwickeln zu können, mahnte Peters. Klassenfahrten seien deshalb wichtiger denn je und müssten grundsätzlich allen Kindern zur Verfügung stehen.
Das DJH sehe sich als wichtiger Akteur für Gemeinwohl und Zivilgesellschaft, unterstrich der Hauptgeschäftsführer. Viele Kinder und Jugendliche seien nach den Corona-Einschränkungen weiterhin psychisch belastet. Hinzu kämen Ängste vor Krieg, Inflation und Klimakrise. Der gemeinnützige Verband arbeite mit eigenen Offerten und durch Mitwirken an gemeinsamen Initiativen an einer Verbesserung der Situation mit.
So konnten die Jugendherbergen alleine durch das Programm «Aufholen nach Corona» mit Hilfe von Bundesfördermitteln seit Sommer 2021 knapp 200 Ferienfreizeiten mit gut 35 000 Teilnehmertagen anbieten. Zudem habe man in knapp 40 besonders geeigneten DJH-Häusern für mehrere Tausend Familien freizeitpädagogisch begleitete «Corona-Auszeiten» auf die Beine gestellt. Unter den eigenen Angeboten nannte Peters etwa Sport- oder Ernährungsprogramme, Anti-Mobbing- oder Outdoor-Trainings.
Gerade sei die Corona-Krise gemeistert – und schon erweisen sich die steigenden Preise etwa für Lebensmittel und Energie als neue Herausforderungen, schilderte der Verband. Das DJH arbeite zwar nicht gewinnorientiert, könne aber geringe Preiserhöhungen nicht ganz vermeiden. Die Mitgliedsbeiträge sollten allerdings nicht steigen. Aktuell sind dem Verband zufolge in 408 Jugendherbergen gut 66 800 Betten verfügbar.