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Jogi, jetzt mach´ die 5 gerade!

Danke Jogi, danke Klinsi ... ""Dieser Weg wird kein leichter sein"", sang Xavier Naidoo zum Sommermärchen 2006. Jürgen Klinsmann und Joachim Löw haben aus deutschen Rumpelfußballern ein Technikensemble geformt, das die letzten acht Jahre der Welt berauschende Fußballfeste bereitete - um im Halbfinale an den eigenen Nerven zu scheitern. Heute gelang den gereiften Deutschen im dritten Anlauf gegen starke Argentinier der letzte Schritt: 1:0 nach verlängerung, ein Psychothriller mit Happy End.

Das deutsche Weltmeister-Team 2014.

Rio de Janeiro (dpa) – Der Bundestrainer hatte zwischenzeitlich einen Ruf wie Bayer Leverkusen auf Vereinsebene – ewiger Zweiter oder Dritter, ganz nach oben schien es nicht zu reichen. Mal verlor die Mannschaft gegen die entnervenden Ticki-Tacker aus Spanien die Nerven, mal verzockte sich Löw mit taktischen Entscheidungen, wie Edeltechniker Toni Kroos zum Manndecker Andrea Pirlos abzustellen, mal spielte die deutsche Mannschaft Harakiri und verdaddelte ein 4:0 gegen Schweden.

Aber das ABER ist viel größer: Der deutsche Fußball bereitete macnhmal Kopfschmerzen, aber meistens machte er Spaß. Deshalb ist dieser Titel heute so verdient: Die Reformer haben sich durchgesetzt – logische Konsquenz: Jetzt muss Jogi Löw den fünften Tietel in Russland perfekt machen und zuvor im Vorbeigehen die Europameisterschaft mitnehmen. Auf geht´s!

Spaßvögel unter sich: Manuel Neuer (rechts) und Kevin Großkreutz beim freundschaftlichen Bodycheck nach dem Schlusspfiff.

Mario Neuer, der Mann mit dem Goldenen Händchen
Joachim Löw hat mit den deutschen Fußballern in einem packenden WM-Finale die Titelmission in Brasilien vollendet. “Wir hatten ein paar Rückschläge einzustecken, wie Marco Reuß oder die Benders”, bezieht Torwartriese Manuel Neuer auch die Verletzten mit ein, “die sind auch Weltmeister – aber wir sind immer wieder zurückgekommen.” Der beste Torwart des Turniers ist jetzt auch stolzer Besitzer des Goldenen Händchens.

Ausgelassen und überglücklich bejubelten die unbeugsamen WM-Kämpfer in Schwarz-Rot-Gold im Fußball-Tempel Maracanã nach dem Siegtreffer von Joker Mario Götze (113. Minute) zum 1:0 (0:0) nach Verlängerung gegen die von Lionel Messi angeführten Argentinier den vierten Gewinn des Weltpokals.

1954, 1974, 1990, 2014
Nach 1954, 1974 und 1990 war es ein historischer Triumph, denn es war der erste Erfolg einer europäischen Nation auf dem amerikanischen Kontinent. Vor 74 738 Zuschauern stoppte der erst in der 88. Minute für Miroslav Klose eingewechselte Götze sieben Minuten vor Ende der Extra-Spielzeit eine Flanke von Andre Schürrle mit der Brust und jagte den Ball ins lange Eck.

Auf der Ehrentribüne in Rio de Janeiro jubelten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck mit den rund 13 000 deutschen Fans im Stadion mit. Für die Generation um die Kapitäne Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger war es die Karriere-Krönung. Für den Triumph kassiert jeder der 23 deutschen Akteure die Rekordprämie von 300 000 Euro. Nach einer großen Titelparty in Rio werden sich Kapitän Lahm und Co. am Dienstagvormittag in Berlin am Brandenburger Tor mit dem «goldenen Pott» präsentieren.

120 Minuten Nervenkrieg
Nach 90 dramatischen Minuten wogte die Partie in der Verlängerung weiter hin und her. Die erste Chance zur erlösenden Führung verpasste Schürrle, der Sergio Romero anschoss (91.). Sechs Minuten später stand Rodrigo Palacio nach einem Stellungsfehler von Mats Hummels frei vor Manuel Neuer, lupfte den Ball aber am Kasten vorbei.

Miro Kloses glorreicher Abschied.

Der kurzfristige Ausfall von Sami Khedira hatte die deutsche Erfolgself aus dem Viertel- und Halbfinale unmittelbar vor dem Anstoß gesprengt. Der während des Turniers immer stärker gewordene Mittelfeldspieler von Champions-League-Sieger Real Madrid klagte nach dem Aufwärmen über Wadenprobleme und wurde in der Startformation durch Christoph Kramer ersetzt. Der Gladbacher ging unerschrocken, aber auch bisweilen ungestüm zu Werke. In der 17. Minute wurde Kramer von Ezequiel Garay im Zweikampf voll mit der Schulter am Kopf erwischt, konnte noch eine Zeit lang weiterspielen, musste dann aber doch mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung das Feld räumen.

Löw zu schwierigen Umstellungen gezwungen
Joachim Löw brachte in der 32. Minute Schürrle in die kampfbetonte Partie und stellte das System auf ein 4-2-3-1 um, Mesut Özil rückte jetzt auf seine Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld, wo Schweinsteiger ein gewohnt großes Pensum leistete und immer wieder Lücken schloss. Toni Kroos konnte nicht an seine herausragende Leistung aus dem Brasilien-Spiel anknüpfen. Der Münchner schlug zwar erneut gute Diagonalpässe und Standards, war aber oft zu langsam in seinen Aktionen und ohne Traute im Abschluss. Auf magische Momente von Özil warteten die Fans erneut vergebens.

Völlig überfordert war Hummels mit der Bewachung von Superstar Lionel Messi, der als stärkste Offensivkraft auf dem Feld ein ständiger Gefahrenherd für die deutsche Abwehr war. Der Dortmunder sah mehrfach nur die Hacken des viermaligen Weltfußballers. In der 40. Minute musste der in der Abwehr herausragende Jerome Boateng kurz vor der Linie gegen Messi Schlimmeres verhüten.

Argentienes stärkstes Spiel des Turniers
Argentiniens Coach Alejandro Sabella hatte sein weiter ohne den verletzten Angel di Maria spielendes Team hervorragend auf den Gegner eingestellt. Mit zwei Viererketten machten Martin Demichelis und Co. die Räume vor dem eigenen Strafraum eng und gingen in den Zweikämpfen kompromisslos zur Sache. Vor allem Schweinsteiger und Thomas Müller bekamen immer wieder die Härte der Argentinier zu spüren. Müller ging im Finale leer aus und schaffte es nicht mehr, den Kolumbianer James Rodriguez im Kampf um die Torjägerkrone der WM zu überflügeln.

Manuel Neuer riskiert einmal mehr Kopf und Kragen hier gegen Gonzalo Higuain:

Die deutsche Mannschaft war von Beginn um Spielkontrolle bemüht, während die Albiceleste vor allem auf Fehler lauerte, um zu überfallartigen Attacken anzusetzen. Nach vier Minuten setzte sich Gonzalo Higuain auf der rechten Seite durch, sein Schuss aus spitzem Winkel flog an der langen Ecke vorbei. Wenig später zog Messi im Sprintduell an Mats Hummels vorbei, doch in der Mitte hatte Schweinsteiger aufgepasst und schlug den Ball weg (8.). Dann hätte ein Blackout von Kroos die deutsche Elf um ein Haar in die Bredouille gebracht. Der Münchner köpfte den Ball aus dem Mittelfeld unbedrängt zurück und lieferte damit eine Steilvorlage für Higuain, der jedoch von der unverhofften Möglichkeit überrascht wurde vorbeischoss (21.).

Höwedes Pfostenknaller
Mit Schürrle auf der linken Seite erhielt das deutsche Offensivspiel in der Schlussphase der ersten Halbzeit mehr Kontur. Der Wahl-Londoner zwang Romero zur ersten Parade (37.). Die bis dahin beste Möglichkeit bot sich Kroos (43.), der aber mit der Innenseite nur ein Schüsschen zustande brachte. 60 Sekunden später klatschte ein Kopfball von Benedikt Höwedes an den Pfosten, doch Schiedsrichter Nicola Rizzoli aus Italien hatte die Partie wegen einer Abseitsstellung von Müller zuvor schon unterbrochen.

Zwei Minuten nach Wiederbeginn war der bis dahin fehlerlose Boateng gegen Messi erstmals nicht im Bilde, der Schuss des 27-Jährigen flog knapp am Kasten von Manuel Neuer vorbei. Wenig später klärte der deutsche Keeper mit einer grenzwertigen und riskanten Einsatz an der Strafraumgrenze gegen Higuain (57.). Die Aktionen der Südamerikaner wirkten nun zwingender, während sich die deutschen Offensivakteure von der sehr körperbetonten Spielweise beeindrucken ließen. In der 71. Minute verstolperte Schürrle noch eine gute Gelegenheit, danach verpasste Kroos (82.) mit schwachem Abschluss das mögliche 1:0.

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