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Hilfe für zu viele junge Nichtschwimmer im Land zwischen den Meeren

Nord- und Ostsee in der Nähe, viele Seen auch - da sollte Schwimmen können eine Selbstverständlichkeit sein. Doch für viele Mädchen und Jungen in Schleswig-Holstein gilt das nicht. Das Gegensteuern engagierter Akteure bringt aber sichtbare Fortschritte.

«Bei uns lernst du schwimmen» – das steht auf dem «Schwimmmobil», das Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Freitag persönlich auf das Naturerlebnisbad in Büdelsdorf lenkt. Mit dem von einer Firma gesponserten Wohnmobil sind normalerweise zwei Freiwilligendienstleistende landauf, landab unterwegs, um dort bei der Schwimmausbildung zu helfen, wo es an Ausbildern mangelt. Die Ministerin zieht am Beckenrand eine positive Zwischenbilanz einer Schwimmlern-Offensive, die im Land zwischen den Meeren nötig ist.

Denn nach Schätzungen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) können nach Abschluss der Grundschule 40 Prozent der Kinder in Schleswig-Holstein nicht halbwegs sicher schwimmen. Die Tendenz sei steigend, sagte der Präsident des DLRG-Landesverbandes, Jochen Möller. Zum einen stünden weniger geeignete Wasserflächen zur Verfügung, weil Bäder schließen. Außerdem wirkten die Corona-Folgen nach. Unter dem Strich erreichen gegenwärtig nur 60 Prozent aller Kinder bis zum Abschluss der vierten Klasse das Schwimmabzeichen in Bronze.

Die Pandemie hat laut DLRG dazu geführt, dass im Land 40 000 Schwimmabzeichen-Abschlüsse fehlten. Dank der Schwimmlern-Offensive wurden rund 15 500 in den vergangenen zwei Jahren mit rund 1400 zusätzlichen Kursen nachgeholt.

Bis die fehlenden 25 000 geschafft sein werden, wird es noch etwa drei Jahre dauern, sagte die Innenministerin in dem Schwimmbad, in dem Dutzende Kinder an diesem Tag ihre Schwimmabzeichen erhielten. Sie dankte allen Beteiligten für deren Anstrengungen. Derweil springen Mädchen und Jungen in das große Becken des Erlebnisbades, schwimmen, tauchen und hüpfen im Wasser. «Dass sie hier auch Spaß haben, finde ich total klasse», sagte die Ministerin.

Allein die DLRG ermöglichte mit zusätzlichen Kursen rund 5000 Kindern und Jugendlichen, das Schwimmen zu erlernen. Noch einmal 2000 Kursteilnehmer sollen bis Jahresende dazukommen. «Wir sind in einem Land zwischen den Meeren, und da darf es und muss es nicht sein, dass Kinder nicht schwimmen können und Menschen vielleicht beim Baden ums Leben kommen», sagte DLRG-Landespräsident Möller. Schwimmen sei ein Kulturgut und Teil der Daseinsvorsorge. «Und von daher ist es ganz wichtig, diesen Rückstand aufzuholen.»

Allein mit dem Schwimmmobil sei es gelungen, innerhalb eines Jahres 600 Kindern und Jugendlichen das Schwimmen beizubringen. «Wir nennen es auch unsere rollende Seepferdchenschmiede», sagte Möller. «Der Bedarf im Land ist einfach riesengroß.» Es gebe Überlegungen, ein zweites Mobil anzuschaffen.

Ausgestattet ist das Gefährt mit Schwimmbrettern, Schwimmnudeln, Schwimmkissen und Tauchringen. «Das ist wirklich ein ganz tolles Gefährt», kommentierte die Ministerin. «Daher habe ich es mir nicht nehmen lassen, das Schwimmmobil selbst nach Büdelsdorf zu steuern.»

Ein Kernproblem ist laut DLRG ein großer Sanierungsstau in den Schwimmbädern. Personell ist die Lage dagegen offenkundig gut. «Wir sind gut ausgestattet mit Ausbilderinnen und Ausbildern», sagte der DLRG-Landeschef. Das große Problem sei der Mangel an geeigneten Wasserflächen. Die Hoffnung, speziell in der Mittagszeit auch Schwimmbecken von Hotels nutzen zu können, hat sich bisher kaum erfüllt.

Die Innenministerin verwies auf finanzielle Anstrengungen des Landes: Seit 2019 habe das Land, insbesondere ab 2021, die in der Schwimmausbildung engagierten Organisationen, die DLRG, den Schwimmsportverband und seit diesem Jahr auch die DRK-Wasserwacht mit insgesamt knapp 1,04 Millionen Euro unterstützt, sagte Sütterlin-Waack. «Auch in diesem Jahr fördern wir konsequent sowohl die Schwimm- als auch die Rettungsschwimmausbildung von Kindern und Jugendlichen sowie Heranwachsenden.»

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