Berlin (dpa/tmn) – Nicht erst seit der Inflation im Zuge der Energiekrise, sondern schon seit Jahren werden Fahrräder immer teurer. Der Preisanstieg, wie ihn Verbände wie der ZIV in Berlin in ihren Statistiken berechnen, basiert jedoch auch auf dem Boom der Elektrofahrräder. Diese sind mit ihren zusätzlichen Komponenten einfach teurer und heben damit den Gesamtschnitt an.
Dennoch: Auch bei normalen, technisch ebenfalls immer komplexeren Fahrrädern werden die Preisschilder wieder und wieder nach oben korrigiert. Auch sie trifft neben der allgemeinen Teuerung nach wie vor die Lieferkettenproblematik, die zu Engpässen und Korrekturen führt. Kostet ein Fahrrad heute neu um die 500 oder 600 Euro, reibt man sich fast schon die Augen.
Doch es gibt noch Modelle, die als allgemein erschwinglich gelten dürften. Vor allem im Segment der Cityräder. Diese müssen anders als Spezialräder und Sportmaschinen nicht zwingend höhere Ansprüche bei Ausstattung und Komponenten erfüllen. Zu den preislich weniger abgehobenen Bikes zählt das Loft 7D der zum US-Konzern Trek zählenden Marke Electra, auf das wir beispielhaft aufgesattelt sind.
Der Einsatzzweck: Electra bezeichnet das Modell als «stylischen Cityflitzer» mit wartungsarmer Technik. Für tägliche Strecken – ob zur Arbeit oder zum Supermarkt – sei das 7D geeignet.
Mindestens zwei Gründe führt die in den 1990er Jahren von zwei Berlinern im kalifornischen San Diego gegründete Marke an: Dank aufrechter Sitzposition behielten Radler und Radlerinnen in vielen Verkehrssituationen den Überblick. Auch die Außenwirkung soll beim Cruisen offenbar nicht zu kurz kommen. Electra bezeichnet das Bike als modern-minimalistischen Klassiker.
Die Technik: Das Stichwort Minimalismus darf man ernst nehmen. Denn dem 7D mangelt es Dingen, die eigentlich zu den integralen Bestandteilen eines Cityrades zählen. Ein Gepäckträger fehlt ebenso wie eine Beleuchtung, die das Bike im Sinne der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) verkehrssicher machen würde.
Ein «komfortabler Begleiter und Lastesel für alltägliche und kurze Strecken», wie der ADFC Cityräder auf seiner Website definiert, ist das Electra damit nicht. Mehr schon geht es in Richtung Urbanbike, eine Gattung, die vor allem auf optische Merkmale setzt.
Bei den Komponenten ist größtenteils Markenware montiert. Das Acera-Schaltwerk von Shimano am Testrad stammt aus dem Mountainbike-Einstiegsbereich. Die sieben Gänge der Shimano-Kassette lassen sich über einen Drehgriff betätigen, wie man ihn in Zusammenhang mit einer Kettenschaltung meist an preissensiblen Kinderrädern vorfindet.
Die zum Schutz vor Korrosion vernickelte Kette steuert KMC bei. Für Verzögerung sorgen jedoch schlichte Doppelgelenk-Felgenbremsen, an Hydraulik ist in den Preisgefilden schon gar nicht zu denken.
Das D7 rollt auf 28-Zoll-Rädern – was eine gewisse Laufruhe verspricht. Felgen, Sattelstütze, Lenker, Kurbel, Kettenblatt und Rahmen sind aus Aluminiumlegierung gefertigt – die Rahmenrohre, «Made in Taiwan», sind anders als bei Alu-Rädern der ersten Stunde aber so dünn, dass man das Loft tatsächlich für einen Stahlradklassiker halten könnte.
Weitere Bauteile, Zubehör, Peripherie: Den Retro-Look verstärken weitere Details. Der Rahmen ist mit früher üblichem Glanzlack versehen, die Lenkergriffe mit hellbraunem, laut Hersteller «handgenähtem» Kunstleder überzogen. Im gleichen Ton ist der Sattel gehalten. Für optischen Feinschliff sorgen weiterhin die kantigen, glänzenden Doppelkammerfelgen.
Ein Mindestmaß an Alltagstauglichkeit bei Regen stellen die in Rahmenfarbe lackierten Schutzbleche sicher sowie der etwas klapprig anmutende Kettenschutz, der Hosenbeine vor Schmutz und Löchern bewahren soll. Was an dem Modell gegenüber anderen besonders wartungsarm sein soll, bleibt unklar.
Weder ist zum Beispiel anstelle einer Kette ein pflegeleichter Antriebsriemen vorhanden, noch eine gegenüber dem Kettenpendant üblicherweise weniger anfällige Nabenschaltung – auf die viele aktuelle Cityräder setzen. Die Laufräder lassen sich über normale Muttern lösen, praktische Schnellspanner fehlen, teure, der Spurtreue förderliche Steckachsen sowieso.
Praktisch, und tatsächlich nicht an jedem Rahmen vorhanden: Befestigungsösen an Unter- und Sitzrohr. Hier lassen sich Trinkflaschenhalterungen, Rahmentaschen oder Fahrradschlösser anbringen. Auch ein Ringschloss kann nachgerüstet werden, eine entsprechende Vorrichtung findet sich an den Sitzstreben.
Wer den Cityrad-Eigenschaften auf die Sprünge helfen möchte, kann auf eine EQ-Version («equipped») des 7D zurückgreifen. Gegen Aufpreis sind dann ein Gepäckträger und eine Nexus-Nabenschaltung an Bord sowie ein dynamobetriebenes LED-Front- und ein batteriebetriebenes Rücklicht montiert. Vorn leuchten dann die 15 Lux des Modells «Brio» von Spanninga zumindest Wege im Urbanen ausreichend aus. Passende Fahrradkörbe oder Klingeln gibts im Webshop.
Der Fahreindruck: Trotz der großen Laufräder fährt sich das Loft fast schon quirlig. Das mit 13,8 Kilo recht leichte Bike lässt sich überraschend direkt lenken, was sich als Vorteil in der Stadt erfahren lässt. Manch einem kommt das Lenkverhalten womöglich aber einen Touch zu nervös vor. Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Fahrcharakter allemal.
Wichtiger: die Sitzhaltung. Tatsächlich fährt man im bequemen, da breiten Sattel sehr aufrecht. Die Rahmengeometrie lässt sportliche Ambitionen erst gar nicht aufkommen und sorgt für Entspannung und einen guten Blick auf Verkehrssituationen. Angenehm fasst sich auch der Lenker. Die Griffe sind zum Fahrer hin gekrümmt, was die Schultern entlastet.
Unnachgiebiger ist das Loft beim Fahrkomfort. Gefedert und gedämpft werden Unebenheiten kaum. Auch für mehr Pannenschutz könnten die Reifen breiter sein als die faktischen 37 Millimeter der Pneus. Immerhin rotiert das Vorderrad in einer Stahlgabel, die sich weicher und weniger starr fährt als Modelle aus Alu.
Spürbar zeitverzögert reagiert die Kettenschaltung auf Befehle des Drehschalters. Da man mit dem Loft aber kein Performance-Bike unter dem Po hat, ist dies ebenso zu verschmerzen wie die gröbere Abstufung des Einfachantriebs. Allerdings muss man aufpassen, dass man nicht im Stand schaltet – wozu der oft in Verbindung mit Nabenschaltungen montierte Drehgriff verleiten könnte. Auf die Gefahr einer Kettenblockade weist selbst Electra auf seiner Website hin.
In der Regel ist statt der Acera eine vergleichbare Tourney-7-Gang-Schaltung verbaut. «Es kann mit der momentanen Lieferschwierigkeit zu Änderungen kommen», begründet Electra-Mitarbeiter Lars Waser auch die Abweichung am Testrad.
Der Preis: Das Loft 7D Step-Over kostet in der gefahrenen «nackten» Version 549 Euro. Angeboten wird es in zwei Rahmengrößen, die für Körpergrößen von 1,62 bis 1,93 Meter passen sollen. Auch als Step-Thru-Version mit abgesenktem und leicht geschwungenen Oberrohr wird das Modell gebaut. Wer die EQ-Variante kauft, muss mit 799 Euro kalkulieren. Das Beste: Nach Hersteller-Auskunft ist das Rad «sofort lieferbar beziehungsweise über Händler bestellbar».
Das Fazit: Schick und günstig schließen sich nicht aus – das zeigt das Electra Loft 7D Step-Over. Doch den niedrigen Preis zahlt man mit Kompromissen bei der Ausstattung. Andererseits sind an vielen teuren Bikes oft Hightech-Komponenten an Bord, deren Möglichkeiten manche Radler und Radlerinnen nicht ausschöpfen dürften.
Wer mit einem Fahrrad tatsächlich nur von A nach B möchte, spart mit dem Electra Loft 7D nicht am falschen Ende. Wer im Alltag aber einen Schuss mehr Wartungsarmut und praktischen Nutzen möchte, sollte den Aufpreis für die EQ-Version nicht scheuen.