Hannover (dpa/lni) – Im Verbund wollen Forschende von drei niedersächsischen Hochschulen Alternativen zu Tierversuchen voranbringen. Sie arbeiten derzeit an zellbasierten Testsystemen, die zum Beispiel Experimente mit Mäusen ersetzen sollen. Rund 3,6 Millionen Euro aus dem Förderprogramm «Spitzenforschung für Niedersachsen» der Volkswagenstiftung sind für die Forschung vorgesehen, wie die Technische Universität (TU) Braunschweig mitteilte.
Die Wissenschaftler der TU kooperieren mit Kolleginnen und Kollegen von der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) Hannover. Unter Federführung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) entwickeln sie Testsysteme auf Basis von Zellkulturen und künstlichen Geweben als Tierversuchsersatzmethoden. Speziell in der Grundlagenforschung zum Darm und zu Atemwegen soll die Notwendigkeit von Tierversuchen verringert werden.
«Neben den ethischen Vorbehalten, mit denen Tierversuche verbunden sind, zeigen diese auch Nachteile bei der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Situation beim Menschen», sagte Stephan Reichl vom Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der TU der dpa. Manche Substanzen würden bei Tieren anders wirken als beim Menschen. Zellkulturen und nachgebildete Gewebe, die auf humanen Zellen basieren, seien daher «nützliche Alternativen, die nicht nur ethische Bedenken ausräumen, sondern manchmal auch bessere qualitative und quantitative Informationen liefern als Studien mit Versuchstieren».
Dafür sollen grundlegende Funktionseinheiten eines Organs möglichst originalgetreu in einem sogenannten Chip nachgebildet werden. «Diese Organ-on-Chip-Systeme enthalten kleine dreidimensionale Ausschnitte des betreffenden Organs in Form von Chips mit einer Größe von ungefähr einer Euro-Münze», sagte Andreas Dietzel, Leiter des Instituts für Mikrotechnik an der TU. Diese Mechanik simuliere die Funktionsweise von Organen, die dann mit Hilfe von Mikroskopen analysiert werden können.
Tierversuche stehen schon seit Jahren in der Kritik, da sie häufig zu Leid oder auch zum Tod von Tieren wie beispielsweise Mäusen, Ratten, Kaninchen oder Fischen führen. Für den wissenschaftlichen Fortschritt sind sie allerdings häufig noch unumgänglich.