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FTI ist insolvent – was sollten Betroffene jetzt tun?

Hannover/Berlin (dpa/tmn) – Europas drittgrößter Reiseanbieter ist pleite. Seit Montag hat FTI einen Insolvenzverwalter. Was bedeutet das für den Sommerurlaub? Sollten Betroffene jetzt ihre Reise stornieren oder besser abwarten? 

Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu beantwortet Eugénie Zobel, Reiseexpertin bei der Zeitschrift «Finanztest». 

Wer ist betroffen?

Zunächst sollten Urlauber klären, ob sie überhaupt um ihren Urlaub fürchten müssen. «Wer einen Urlaub gebucht hat, sollte zunächst in seine Reisedokumente und in den Versicherungsschein schauen. Da steht unter anderem, wer der Veranstalter ist», sagt Zobel. Der Punkt ist entscheidend bei der Frage, ob Verbraucher von der Insolvenz überhaupt betroffen sind und ob die Reise stattfinden kann. 

Denn manche Verbraucher haben ihren Urlaub zwar über eine FTI-Plattform gebucht, wie www.fti.de oder www.5vorflug.de. Aber die Reise führt ein anderer Veranstalter durch. Dann haben sie Glück. Zu solchen Fällen schreibt FTI: «Nicht betroffen sind gebuchte Leistungen bei Drittanbietern, die über die Portale der FTI Touristik gebucht worden sind.» Als Beispiele zählt das Unternehmen konkret Tui, Alltours, Dertour und vtours auf.

«Ist FTI, 5vorFlug oder BigXtra jedoch der Reiseveranstalter, sind Verbraucher von der Insolvenz betroffen. Und zwar auch dann, wenn sie über eine andere Reiseplattform gebucht haben», erklärt Zobel. 

Was sollten Betroffene tun, die bereits unterwegs sind?

«Wer bereits unterwegs ist, sollte darauf vertrauen, dass FTI wie angekündigt die Reise wie geplant durchführt oder den Rücktransport organisiert. Dazu sind sie bei Pauschalreisen gesetzlich verpflichtet», sagt Zobel. Wer vor Ort unsicher ist, sollte sich an den Reiseleiter oder den Anbieter wenden.

Was gilt für anstehende Reisen – sollte man sie stornieren?

Davon rät Zobel derzeit ab. «Verbraucher sollten Ruhe bewahren – auch wenn dies gerade nervenaufreibend sein kann. Ich würde zunächst davon ausgehen, dass die Reise stattfindet.» 

Denn FTI schreibt zu Pauschalreisen ab dem 5. Juni (Mittwoch): «Wir bemühen uns derzeit nach Kräften, Ihnen die Durchführung Ihrer Reise wie geplant zu ermöglichen.» Wer also nichts von FTI hört, sollte nicht vorschnell seine Reise stornieren, so Zobel. 

Zumal nicht nur FTI, sondern auch Verbraucher Pflichten des Reisevertrags erfüllen müssen. Das bedeutet: Will und kann FTI die Reise durchführen, könnte eine vorzeitige Stornierung zu rechtlichen Problemen führen. Und: «Dann könnten unter Umständen sogar Stornierungsgebühren anfallen», warnt Zobel.

Was gilt, wenn man noch einen Restbetrag zahlen muss?

Wer bislang eine geplante Reise nur angezahlt hat, hat folgende Option: Sollte FTI den Kunden auffordern, den offenen Restbetrag zu zahlen, kann dieser darüber nachdenken, die Zahlung nicht zu tätigen. «Wichtig ist dann aber, dass Verbraucher klar und transparent kommunizieren – also dem Unternehmen schreiben, dass sie die Zahlung unter Vorbehalt verweigern», sagt Zobel. 

Verbraucher sollten in ihrem Schreiben klarstellen, dass sie den Restbetrag gerne zahlen, wenn es eine Zusage über die Erbringung und Durchführung der Reiseleistung gibt, so die Mitarbeiterin der Stiftung Warentest. Denn so können Verbraucher ihre Bereitschaft zeigen, dass sie ihren Vertrag erfüllen wollen.

Was gilt für bereits angezahlte Reisen?

Theoretisch können Verbraucher, die für die Reise bereits eine Anzahlung per Lastschrift gezahlt haben, das Geld über ihre Bank zurückholen. Das ist innerhalb von acht Wochen möglich. Allerdings würde Zobel von dieser Option zumindest bei Pauschalreisen abraten. «Denn auch hier können rechtliche Konsequenzen drohen, wenn Verbraucher ihre Zahlungspflichten nicht erfüllen.» Gleichzeitig sind Pauschalreisende gut abgesichert.

Wie sind Betroffene abgesichert?

Die gute Nachricht: Sollte die Pauschalreise nicht durchgeführt werden können, greift der Absicherungsschutz durch den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF). «Reisende müssen dann laut Gesetz ihr Geld in voller Höhe zurückerhalten», sagt Zobel. 

Dies müsste auch für Pauschalreisen gelten, die am 3. oder 4. Juni (Montag oder Dienstag) hätten stattfinden sollten, aber FTI nach eigenen Angaben stornieren musste. 

Grundsätzlich: Dafür brauchen Betroffene nur einen Sicherungsschein, den jeder deutsche Reiseveranstalter bei Pauschalreisen an den Urlauber herausgeben muss, ehe er von ihm Reisepreiszahlungen entgegennimmt.

Manche denken jetzt vielleicht skeptisch an die Pleite von Thomas Cook vor rund fünf Jahren zurück. «Damals gab es Chaos bei den Rückzahlungen. Einige Hoteliers haben von Urlaubern vor Ort Geld verlangt. Nicht alle Verbraucher haben ihr Geld zurückbekommen», erzählt Zobel. Doch seitdem habe sich einiges geändert.

Der Gesetzgeber in Deutschland habe bei der Umsetzung der EU-Reiserechtslinie nachgebessert. «Mit der Folge, dass es im Reisesicherungsfonds kein Deckungslimit mehr gibt. Betroffene, die eine Pauschalreise gebucht haben, müssen also ihr Geld in voller Höhe zurückerhalten.»

Allerdings: Der DRSF-Schutz gilt nicht für Personen, die Einzelleistungen über FTI gebucht haben, etwa nur einen Mietwagen oder ein Hotelzimmer. FTI schreibt dazu: «Wir prüfen derzeit, ob Sie die gebuchten Leistungen dennoch in Anspruch nehmen können und werden uns in Kürze bei Ihnen melden.» 

Was gilt, wenn die Reise erst in einigen Wochen stattfindet?

Solange FTI nicht von sich aus storniert, besteht noch die Möglichkeit, dass der Urlaub stattfinden kann. FTI-Kunden können sich bei dem Reiseveranstalter zum aktuellen Stand informieren. 

Das Unternehmen hat im Internet (www.fti-group.com/de/insolvenz) eine Informationsseite eingerichtet. Telefonisch ist eine kostenlose Hotline unter +49 (0) 89 710451498 erreichbar. Derzeit könnten wegen «erhöhtem Anrufaufkommen» nicht alle Anrufe entgegengenommen werden, schreibt FTI. Das Unternehmen arbeite «mit Hochdruck an der Ausweitung» der Kapazitäten (Stand: 04.06., früher Nachmittag).

Findet eine Reise also erst in einigen Wochen statt, sollten Verbraucher sich gedulden und mit ihrem Anruf besser noch warten. «Erst einmal Füße still halten. Auch wenn ich nachvollziehen kann, dass das schwer ist», rät Zobel. 

Die Fragen, welche Reisen durchgeführt werden können und wann Betroffene alternativ ihr Geld zurückbekommen, sind derzeit noch offen. Denn der Insolvenzverwalter muss sich erst einen Überblick zur Lage verschaffen.

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