DeutschlandFrankfurt (Oder)Tipps

Feiern am See ohne See – Weiterer Sommer ohne Badespaß an der Helene

Der Helenesee ist das größte Naherholungsgebiet in Ostbrandenburg und ein Magnet für tausende Touristen. Doch seit der Sperrung vor zwei Jahren sind die Strände verweist. Gibt es Hoffnung für den Sommer?

Mit seinem glasklaren Wasser, den breiten Sandstränden und kleinen Buchten ist der Helenesee bei Frankfurt (Oder) die «Kleine Ostsee» für Ostbrandenburg – doch Badegäste wird man dort vergeblich suchen. Vor zwei Jahren wurde das beliebte Gewässer mit einer Gesamtlänge von 1350 Metern gesperrt, nachdem am Ostufer massive Rutschungen festgestellt worden waren.

Eine ganze Region geriet danach in Schockstarre – die Gäste auf dem anliegenden Zeltplatz wurden weniger, Badelustige suchten sich andere Seen, es gab Absagen von Beach-Festivals und fehlende Einnahmen für Gewerbetreibende. «Für uns als Stadt ist das wirklich schlimm», sagt Oberbürgermeister René Wilke (Linke).

«Vorsicht Altbergbaugebiet. Betreten verboten. Böschungsrutschungsgefahr!», steht auf Warnschildern an Bauzäunen. Dahinter regt sich nichts. Verwaiste Strände treffen auf einen spiegelglatten See. Leere Stühle vor Imbissbuden zeugen vom Dilemma der Gastronomen. Was aber ist seit der Sperrung durch das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) passiert? Und wie lange ist der See noch gesperrt?

Das kann LBGR-Präsident Sebastian Fritze noch nicht beantworten. Zumindest ist aber ein weiterer Schritt Richtung Sanierungsplanung getan. Fritze zufolge sind Kernbohrungen am Nord- und Westufer erfolgt, die diese Woche abgeschlossen sein sollen. Das Landesbergbauamt hatte in den vergangenen Monaten unter anderem damit die Gefahrenlage erkundet. Die Arbeiten für die Untersuchungen hatten sich verzögert, weil zunächst keine geeignete Fachfirma dafür gefunden werden konnte. Voraussichtlich Ende September solle das Gutachten zur Standsicherheit vorliegen, sagt der Fachmann. Dann soll klar sein, welche Flächen gesichert werden müssen.

Bei dem bis zu 60 Meter tiefen Gewässer handelt es sich um das Restloch der früheren Braunkohlegrube «Helene», die von 1943 bis 1958 betrieben worden war. Danach wurde der Tagebau laut LBGR als unwirtschaftlich aufgegeben und lief bis etwa 1970 voll Grundwasser. Abgerutschte Böschungen und Teilsperrungen hatte es im Laufe der Jahre häufig gegeben. Das Südufer wurde 2010 gesperrt.

Nach Angaben der Stadt wird die Öffentlichkeit im September über Ergebnisse des Gutachtens des LBGR informiert. Nicht wenige hoffen, dass nach der Untersuchung vielleicht doch Teilabschnitte des Helenesees wieder betretbar sind. Er könne weder zur Freigabe des Sees noch zu dieser Möglichkeit Aussagen treffen, betont Fritze.

Was er an weiteren Maßnahmen auflistet, lässt noch nicht auf einen klaren Sanierungszeitraum hoffen. Zunächst soll das Gutachten des Landesbergbauamtes Grundlage für die Vorplanung sein. Dazu gehört Fritze zufolge die Kartierung der Biotope und geschützten Arten für 2024. «Eine naturschutzfachliche Kartierung des Sanierungsgebietes benötigt allerdings eine gesamte Vegetationsperiode, also ein Jahr», erläutert er. Erst dann folgen Planung, Ausschreibung und Ausführung der Sicherungsmaßnahmen – der Zeitrahmen hänge auch von benötigten Fachfirmen ab, die die Arbeiten übernehmen.

Einsame Schilder weisen zum Familienstellplatz der Camper, zu Bungalows und dem Minimarkt. In Spitzenzeiten gibt es 60 000 Übernachtungen im Jahr und bis zu 120 000 Tagesgäste. «Wir kämpfen hier ums Überleben», beschreibt Unternehmer Daniel Grabow die Lage. Er ist Inhaber der Helenesee AG und betreibt auch den Campingplatz.

Nach zwei Jahren Sperrung erwartet er, dass über die weiteren Schritte transparent kommuniziert wird. «Es müssen verbindlich zeitliche Perspektiven geschaffen werden, damit die Gewerbetreibenden planen können.» Die Sanierung des Sees müsse Priorität bei den Behörden haben, fordert der Unternehmer. «Wir haben bislang wenig Verbindliches.» Ob er am Ende des Jahres noch seine Rechnungen bezahlen könne, wisse er nicht.

Der Unternehmer organisiert derzeit Veranstaltungen am See ohne den See. So findet in dieser Woche (18.5.- 21.5.) ein Brauereifest statt, mit Oldtimertreffen, Kinderprogramm, Trödelmarkt und Live-Musik. Die Treue halten Grabow auch Camper wie Familie Reinert aus Blankenburg im Harz. Das Paar kommt seit vielen Jahren mit dem Wohnwagen an den See, weil ihm die Region sehr gefällt. «Wir fahren viel Fahrrad», sagen beide und bedauern den Verzicht aufs Schwimmen. Der Ruhe durch die Sperrung können sie aber Einiges abgewinnen. Ein anderer Camper hat seinen Aufenthalt wegen des guten Services noch einmal verlängert, wie er erzählt.

«Dieser See ist für die Lebensqualität und Attraktivität der Region sehr wichtig», beschreibt OB Wilke die Bedeutung des Gewässers. Das Interesse der Bürger an den Arbeiten zur Sanierung sei deshalb groß. Die Verluste bei den Gewerbesteuereinnahmen kann der Linken-Politiker nicht beziffern, eine andere Zahl hat er aber parat. Als das letzte Beach-Festival am Helenesee stattfand, gab es ihm zufolge durch Hotelübernachtungen und Einkaufstouren von Touristen und Besuchern ungefähr eine Million Euro Umsatz in der Region.

Die Stadt hat nach seinen Worten hart darum gekämpft, dass das Areal am See für Veranstaltungen genutzt werden kann. Dazu brauche es aber auch mutige Unternehmer wie Daniel Grabow, lobt Wilke. Im Sommer werden ihm zufolge fast jede Woche Veranstaltungen stattfinden, darunter mehrere Festivals. Auch die Europa-Universität Viadrina will Studierendenpartys und Beach-Feste mit Blick auf den See ausrichten. Doch wie viele Jahre müssen Veranstalter die Sperrung so überbrücken?

Dazu ist auch eine entscheidende Frage noch nicht abschließend beantwortet. Wie werden die Kosten für die Sanierung aufgeteilt? Das Land hat das klare Ziel, dass das Vorhaben in die Braunkohlesanierung mit hineingeht. Schätzungen zufolge könnte die Sanierung 40 bis 60 Millionen Euro kosten. Experten des LBGR kamen in einem Gutachten zu dem Schluss, dass der Bund bergrechtlich offensichtlich eine Mitverantwortung trägt, sich also an den Kosten beteiligen müsste.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"