Stuttgart (dpa/lsw) – Erstmals seit Jahren ist die Zahl der Fahrraddiebstähle in Baden-Württemberg wieder gestiegen. Für das vergangene Jahr verzeichnet die Polizeistatistik laut Innenministerium 22 350 Fälle, ein Plus von 36,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings seien die Jahre 2020 und 2021 von Einschränkungen des öffentlichen Lebens wegen der Corona-Pandemie geprägt gewesen, heißt es in einer Antwort des Ministeriums auf einen Antrag des FDP-Landtagsabgeordneten Christian Jung, die der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart vorliegt. Der Gesamtschaden belief sich im vergangenen Jahr demnach auf rund 24,2 Millionen Euro.
Zum Vergleich: 2021 betrug er bei 16 380 gemeldeten Diebstählen 15,4 Millionen Euro, im Jahr 2018 bei 23 288 Fällen 13,9 Millionen Euro. Der massive Anstieg kann nach Einschätzung des Ministeriums auch damit zusammenhängen, dass Menschen vor allem in den Corona-Jahren viele neue und hochwertige Fahrräder wie Pedelecs gekauft haben. «Da oftmals bei den Schlössern nicht gleichwertig investiert wird, sind diese hochwertigen Fahrräder verhältnismäßig leicht zu entwenden.»
Auch FDP-Politiker Jung nimmt an, «dass sich viele Diebe offenbar auf teure Fahrräder und E-Bikes spezialisiert haben und gerade diese Diebstähle für die Versicherungs-Regulierung bei der Polizei gemeldet werden». Fahrradbesitzer sollten auf jeden Fall mehr in qualitativ hochwertige Schlösser und abschließbare Boxen investieren, da Räder auch in Wohngebieten und Mehrfamilienhäusern nicht sicher seien, rät er. Rund ein Drittel der Fahrraddiebstähle, zu denen in der Statistik ein Tatort erfasst wurde, ereignete sich 2022 in Wohngebieten.
Diebstahl-Spitzenreiter war den Ministeriumsangaben zufolge die Stadt Freiburg mit 849 Fällen pro 100 000 Einwohnern, gefolgt von Mannheim (563) und Karlsruhe (560). Weil die Fahrradinfrastruktur aber sehr unterschiedlich sei, könne man solche Zahlen nur bedingt vergleichen.
«Für die Landesregierung ist die Diebstahlprävention von hoher Bedeutung», erklärte Minister Thomas Strobl (CDU) in der Antwort. So werde etwa Viertklässlerinnen und Viertklässlern erklärt, wie wichtig Diebstahlsicherungen sind. Außerdem werde über Pressemitteilungen sowie in sozialen Medien über das Thema informiert.
Die Polizei biete zudem an, Fahrräder zu codieren: Die Registrierungen seien eine zusätzliche Möglichkeit, Diebstahl vorzubeugen. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) erklärte dazu, codierte Fahrräder seien als Diebesgut schwerer zu verkaufen. Die Codierung sei effektiver Diebstahlschutz und zeige, wer Eigentümer oder Eigentümerin des Fahrrads sei. So hab die Polizei es leicht, gefundene Räder ihren Besitzerinnen und Besitzern zuzuordnen.
Denn die Aufklärungsquote liegt im landesweiten Schnitt bei unter zehn Prozent. Das erklärte das Ministerium auch damit, dass Geschädigte häufig nicht die benötigten Daten wie die Rahmennummer vorlegen können. «Dies erschwert die Ausschreibung des Fahrrads zur Fahndung und damit die spätere Feststellung der Besitzverhältnisse im Rahmen einer Kontrolle oder beim Fund eines Fahrrads», hieß es.
«Um das Ziel des Landes, den Radverkehrsanteil bis zum Jahr 2030 auf 20 Prozent zu steigern, zu erreichen, muss unter anderem auch die Anzahl sicherer Abstellanlagen an ÖPNV-Haltestellen verdoppelt werden», erklärte das Ministerium. Hierzu sollten zusätzlich 100 000 Abstellanlagen an Haltestellen gebaut werden. «Auch in Wohngebieten und Innenstädten gibt es bisher zu wenig sichere Abstellanlagen.»
Jung dringt hier auf einen schnellen Ausbau. «Dazu sind für Kommunen über Bundes- und Landeshilfen bis zu 90 Prozent Förderung möglich, um eine optimale Verzahnung mit Bus und Bahn sicherzustellen.»