Köln (dpa) – «Ich hätte nicht gedacht, dass es am ersten Tag schon so abgeht», sagt eine hoch errötete Claudia Effenberg einigermaßen verblüfft über das Drama, das sich da vor ihren Augen entfaltet. Denn mitten im Dschungel steht Tessa Bergmeier, die Heidi Klum bei «Germany‘s Next Topmodel» vor vielen Jahren mal den Stinkefinger gezeigt hat, am und im Feuer, brüllt – und wird angebrüllt.
Sie streitet mit Camp-Kollegin Jolina Mennen um die Schlafstätten, mit Cosimo Citiolo um die Frage, ob er ihr mal in einem anderen Reality-Format den Fuß gebrochen hat, und mit Ex-«Bachelor»-Kandidatin Cecilia Asoro darüber, dass sie vorher mit den anderen beiden gestritten hat.
«Schreit Euch doch nicht so an», fordert Effenberg irgendwann, die nicht nur Mediatorenfähigkeiten unter Beweis stellt, sondern auch biologisches Spezialwissen («Opossum, ist das nicht ein Nilpferd?»). Asoros Zusammenfassung von Tag eins im Regenwald: «Drama des Todes.»
Eskalation am Lagerfeuer? Das kann nur eins bedeuten: Das RTL-Dschungelcamp ist zurück. Am Wochenende startete die Kultshow «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» mit Gebrüll – aber ohne Schauspieler Martin Semmelrogge («Das Boot»).
Der ursprünglich als Kandidat angekündigte 67-Jährige durfte nach Angaben von Neuankömmling und Moderator Jan Köppen (übernahm den Job an der Seite von Sonja Zietlow nach vielen Jahren von Daniel Hartwich und blieb noch etwas blass) nicht nach Australien einreisen, hänge «noch in Doha fest». «Vielleicht die ein oder andere Vorstrafe zu viel», sagt er. Die australischen Behörden hätten Semmelrogge zunächst kein Visum für die Einreise ausgestellt, fügte der Privatsender später hinzu.
Semmelrogge hatte in der Vergangenheit mehrfach Ärger mit der Justiz. Die Hoffnung, dass er verspätet noch einziehen kann, schwindet mit jedem Tag.
Seinen Platz nahm darum erstmal Djamila Rowe ein, die eine gewisse Bekanntheit erlangte, weil sie vor rund 20 Jahren eine Affäre mit einem Botschafter erfand und in deren Gesicht sich ihren Angaben zufolge nichtmal dann etwas bewegt, wenn sie – Dschungelprüfung Nummer eins – am Fallschirm aus dem Flugzeug springt: «Botox. Da bewegt sich nichts mehr.»
Insgesamt zwölf mehr oder weniger bekannte Kandidaten sind eingezogen in das Camp, darunter auch Lucas Cordalis, der sich als Spross einer royalen Dschungeldynastie sieht, weil sein 2019 gestorbener Vater Costa Cordalis 2004 der erste Dschungelkönig war und seine Schwägerin, Daniela Katzenbergers Schwester Jenny Frankhauser, 2018 Königin des Dschungels wurde.
Erstmals seit 2020 wird die Show wieder in Australien gedreht. 2021 fiel das Dschungelcamp der Corona-Pandemie zum Opfer; es gab nur eine in Köln gefilmte Ersatz-Variante. 2022 wurde «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» in Südafrika gedreht.
An die goldenen Quoten-Zeiten vor Corona kann das Camp dennoch nicht anknüpfen: 4,26 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer schalteten am Freitagabend ein. Das brachte RTL zwar einen Marktanteil von 21,2 Prozent, im vergangenen Jahr waren es zum Start aber noch 4,6 Millionen und 2020 sogar noch um die 6 Millionen. Am Samstagabend sammelte die Dschungelshow dann 3,96 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ein (Marktanteil 19,6 Prozent). In der jüngeren Zielgruppe (14-49 Jahre) waren es 1,70 Millionen und ein Marktanteil von 32,9 Prozent.
Ansonsten ist 2023 aber alles wieder so, wie man es gewohnt ist vom australischen RTL-Dschungel. Es gibt Ekelhaftes wie Krokodilaugen, Schweinepenis oder Bullenhoden zu essen, es wird gewürgt und sich übergeben und darüber diskutiert, ob es fair ist, wenn Veganer wie die als diesjährige Campzicke inszenierte Tessa («Mein Körper ist kein Grab») sich weigern, da mitzumachen. Dass sie es ist, die vom Publikum gleich zweimal hintereinander in die Prüfung gewählt wird (und bei der ersten nur drei von zwölf Sternen holt), folgt ebenfalls einer verlässlichen Dschungel-Logik.
Überraschend ist, wie schnell die Herausforderungen des australischen Regenwaldes und der Essensentzug den Kandidaten schon wenige Stunden nach Einzug ins Camp zu schaffen macht. Ein Lagerkoller macht sich breit wie er sonst erst zu Beginn von Woche zwei einsetzt: Mägen knurren, Nerven liegen jetzt schon blank.
Dabei soll das Finale erst am 29. Januar steigen. Dann soll feststehen, wer Dschungelkönig oder Dschungelkönigin 2023 wird und – zusätzlich zur unterschiedlich hohen Gage – noch 100 000 Euro einstreichen kann.
Kandidat Gigi Birofio fasst die Anforderungen an die Teilnehmer beinahe englisch-anmutend und wie als Antwort auf die legendäre Frage der früheren Dschungel-Teilnehmerin Sarah Knappik («What happens, when we break?») zusammen: «You‘re losing when you‘re kotzing.» Damit bringt er das seit Jahren womöglich wichtigste Dschungel-Motto auf den Punkt: Wer kotzt, verliert.