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Doppelter Spaß: Unterwegs mit einem Falttandem

Berlin (dpa/tmn) – Falträder fahren in einer Nische. Auch Tandems sind Spezialräder. Beide Radgattungen haben ihre Fans. Aber ein Falttandem, das beide Gattungen in sich vereint? «Das ist die Nische in der Nische», räumt Thomas Bernds ein. Er ist der Gründer und Geschäftsführer des Fahrradherstellers Bernds in Überlingen am Bodensee. Und dennoch baut er solche Räder. Nur sehr wenige Hersteller machen das, zu den Pionieren zählt Bike Friday aus den USA; auch Pedalpower aus Berlin fertigt Falttandems.

Bislang haben die Tandem-E-Bike-Modelle von Bernds Frontantrieb, einen tiefen Einstieg und wirken etwas, als seien sie nur etwas für betagtere Menschen. Mit dem neuen Modell Kompakt-Tandem soll sich das ändern.

Der Einsatzzweck: «Wir wollen im Freizeitbereich eine größere Zielgruppe ansprechen», sagt Bernds. Zu den Tandem-Kunden des Herstellers gehören oft Menschen mit Einschränkungen, «die allein nicht mehr so gut oder gar nicht Fahrrad fahren können.»

Doppelantrieb: Vordere und hintere Kurbel sind über lange Zahnriemen verbunden, die die Kraft aufs Hinterrad bringen. Wer die Nexus-Nabe bestellt, muss aber mit einer Kettenkonstruktion vorliebnehmen.
Doppelantrieb: Vordere und hintere Kurbel sind über lange Zahnriemen verbunden, die die Kraft aufs Hinterrad bringen. Wer die Nexus-Nabe bestellt, muss aber mit einer Kettenkonstruktion vorliebnehmen. Foto: Stefan Weißenborn/dpa-tmn/dpa

Tretunterstützung durch Mittelmotor

Seit dem Jahr 2000 konstruiert Bernds Tandems. Mit dem neuen Modell wolle man dem Zweier ein sportlicheres Image geben, es für weitere Kundenkreise interessant machen. Die Rahmenkonstruktion des neuen Modells sieht ohne den tiefen Einstieg des Vorgängers schon mal schnittiger aus. Und statt eines Frontmotors sorgt ein Mittelmotor für die Tretunterstützung des Doppelsitzer-Pedelecs. «Das ist für viele Anwender die bessere Variante», sagt Bernds. Allein, weil der Schwerpunkt weiter in die Mitte des Rads rutscht und Mittelmotoren dank Drehmomentsensor natürlicher beschleunigen.

Tandems, gerade mit Motor, eignen sich aber auch gut für Radreisen in der Gruppe. So zählt Bernds auch Familien zur Zielgruppe des Kompakt-Tandems. «Der Kindertransport ist eine Option.» Im Grunde aber muss man der Gattung gegenüber schlicht offen sein.

Mit wenigen Handgriffen eingepackt

Die Technik: Das Kompakt-Tandem lässt sich mit ein paar Handgriffen komprimieren: Dazu schwenkt man das Hinterrad nach vorn unter den Rahmen, nimmt die Sättel und Lenker per Schnellspanner aus den Rohren und legt sie daneben. Ergebnis: ein Packmaß von 162x80x25 Zentimetern.

Das ist natürlich viel mehr als bei einem Faltrad für eine Person, man hat mit den Sätteln Einzelteile zu verstauen und muss aufpassen, dass der gelöste Lenker nicht zu fest an den Zügen zerrt. Doch lässt sich das Modell dann immer noch gut im Kofferraum von vielen Kombis transportieren. Manchmal muss man dazu jedoch die Sitzlehne umlegen.

Nur mit Ticket im ÖPNV

Für die Mitnahme im öffentlichen Nahverkehr aber ist es eher sperrig. Zudem gelten für Tandems je nach Beförderungsunternehmen und Verkehrsmittel Einschränkungen oder Verbote. Und anders als bei Falträdern für eine Person muss man für ein Tandem, auch wenn es faltbar ist, in der Regel ein Ticket lösen.

In puncto Mittelmotor hat der Hersteller den Stahlrahmen um die neuen Steps-Motoren von Shimano herumkonstruiert. Verfügbar sind die Modelle E5000 mit bis zu 40 Newtonmeter Drehmoment und E6100 mit bis zu 60 Nm. Das Display ist abnehmbar; ohne es lässt sich der Motor nicht starten. Beim Akku, der aus Platzgründen unten am Unterrohr befestigt ist, haben Kunden die Wahl zwischen 506 und 630 Wattstunden (Wh) an Energiegehalt.

Für einen Schuss mehr Fahrkomfort sorgt am Hinterbau ein Elastomer-Element aus Polyurethan von 48 Millimetern Dicke, das in einem großen Temperaturbereich gleichbleibende Dämpfungseigenschaften verspricht.

Edelgetriebe: Für die Gangwechsel sorgt am Testrad eine langlebige Rohloff-Nabenschaltung mit 14 Gängen. Wer Geld sparen möchte, kann aber auch zu einer Shimano-Nexus-Nabe greifen.
Edelgetriebe: Für die Gangwechsel sorgt am Testrad eine langlebige Rohloff-Nabenschaltung mit 14 Gängen. Wer Geld sparen möchte, kann aber auch zu einer Shimano-Nexus-Nabe greifen. Foto: Stefan Weißenborn/dpa-tmn/dpa

Wahlweise Rohloff-Nabenschaltung oder Shimano Nexus

Die Kraft wird am Testrad per Riemen ans Hinterrad übertragen. Nur dieser ist mit der Rohloff-Nabenschaltung (14 Gänge) zu haben. Wer die günstigere Shimano Nexus mit acht Gängen bestellt, muss mit einer Kette vorliebnehmen. Mit Kettenschaltung wird das Modell konstruktionsbedingt nicht angeboten.

Der Fahreindruck: Eine weitere Angabe ist für Familien mit Kindern interessant: Lenker und Sättel sind so weit höhenverstellbar, dass Personen mit Körpergrößen zwischen 1,40 Meter und 2,10 Meter das Doppel-Bike bequem fahren können.

Aber kompakt ist relativ: Die Gesamtlänge von 2,37 Metern ist nicht ohne. Engere Kurven müssen ausholend angefahren werden – gewöhnungsbedürftig. Und ein Grundvertrauen in das Steuertalent des Piloten muss man hinten ohnehin haben. Aber mit der Zeit lernt man als Beifahrer, sich wie beim Motorradfahren mit in die Kurve zu legen.

Nicht ideal für Beifahrer

Auf unserer Testfahrt bemängelte der zehnjährige Beifahrer, dass es hinten keinen eigenen Freilauf gibt. Wie bei den meisten Tandems dreht sich die hintere Kurbel mit, wenn über die vordere getreten wird. Der Vordermann sollte Tretpausen für ein gutes Miteinander ankündigen. Helfen beide Personen mit, macht sich das in den Beinen bemerkbar: Man spürt, wenn der jeweils andere etwas mehr oder auch etwas weniger in die Pedale tritt.

Geht es über Schwellen, kommt es vor, dass die Chose mit dem – auch angesichts viel Gepäck ansonsten standfesten – Doppelfußständer aufsetzt. Und wer hinten Taschen auf dem Träger hat, kommt selbst mit kleinen Füßen mit ihnen ins Gehege. Mehr Fersenfreiheit wäre besser.

Zudem knickt das Hinterrad mit Gepäck an Bord nach unten leicht weg, wenn man das Bike im Stehen anhebt: Der Faltmechanismus gibt nach. Der Hersteller kennt das Problem, tüftelt an einer Lösung, versichert aber, für die Fahrt bestehe keinerlei Sicherheitsrisiko, da das Körpergewicht in die entgegengesetzte Richtung wirke.

Eine stabile Sache: Der Doppelfußständer hält das Rad auch dann sicher, wenn ordentlich Gepäck an Bord ist. Geht die Fahrt über Schwellen, setzt man mit eingeklapptem Ständer aber manchmal auf.
Eine stabile Sache: Der Doppelfußständer hält das Rad auch dann sicher, wenn ordentlich Gepäck an Bord ist. Geht die Fahrt über Schwellen, setzt man mit eingeklapptem Ständer aber manchmal auf. Foto: Stefan Weißenborn/dpa-tmn/dpa

Individuelle Konfiguration ist möglich

Weitere Bauteile, Zubehör, Peripherie: «Wie alle Modelle bei uns lässt sich das Kompakt-Tandem individuell konfigurieren», sagt Thomas Bernds. Heißt: Es gibt einen Startpreis, und dann werden Häkchen gesetzt. Damit zählen sowohl Gepäckträger als auch Beleuchtung (plus 210 Euro), Gepäckträger (100 Euro), Schutzbleche (85 Euro) oder Rahmenschloss (ab 70 Euro) zu den Extras. Ein Ladegerät liegt bei.

Der neue Zweier von Bernds lässt sich zudem zum Lastenrad umfunktionieren. Dazu wird der hintere Sattel samt Sattelrohr mit wenigen Handgriffen entfernt und am Heck eine Plattform (plus 250 Euro) werkzeuglos montiert – nur kann dann keine zweite Person mehr mitfahren, aber bis zu 100 Kilo Ladung. Die wird in passenden Boxen verstaut oder mit Spanngurten fixiert. Die maximale Zuladung samt Maus und Mann liegt bei 230 Kilo.

Der Preis: Ab 6300 Euro kostet das nackte Bernds Kompakt-Tandem, kein Pappenstiel. Für ein handgefertigtes Modell seiner Art aber ein moderater Preis. Ist der Rahmen eines Tandems aus Titan oder wurde viel Carbon am Bike verbaut, sind Preise im fünfstelligen Bereich keine Seltenheit. Für die Rohloff-Version werden mindestens 7900 Euro fällig.

Das Fazit: Ein Tandem ist etwas für Fans. Da macht das Bernds-Modell keinen Unterschied. Dass es sich falten lässt, macht Pilot und Beifahrer flexibler beim Transport – etwa zum Ausgangspunkt einer Wochenendtour. Als Erstfahrrad aber taugt es wohl nur, um eingeschränkten Menschen Fahrradmobilität zu ermöglichen.

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