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Das Team als Familie: Wie wir im Job Grenzen setzen

Leipzig (dpa/tmn) – Schon mal in einer Stellenanzeige gelesen: «Unser Team ist wie eine Familie»? Manche ziehen bei dieser Aussage die Augenbrauen hoch, während andere sich genau so ein Berufsumfeld wünschen.

Viel Nähe und ein enger privater Austausch am Arbeitsplatz können erfrischend und motivierend sein. Doch manche Unternehmen schreiben sich ein familiäres Berufsumfeld geradezu auf die Fahne. Dass die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben da verfließen, ist vorprogrammiert. Hannes Zacher, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Leipzig, erklärt im Interview, welche Folgen das hat und wie Beschäftigte damit umgehen können, wenn sie lieber auf Distanz bleiben würden.

Frage: Welche Auswirkungen kann es haben, wenn Arbeitgeber stark auf ein familiäres Arbeitsumfeld setzen?

Hannes Zacher: Ein solches Arbeitsmodell ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen ist es vorteilhaft für Unternehmen, wenn das Team als Familie gesehen wird und eine hohe Verbundenheit mit der Arbeit besteht. Wir wissen auch, dass Freundschaften am Arbeitsplatz eine positive Funktion haben – sie können zu höherer Arbeitszufriedenheit und zu besserer Leistung beitragen.

Andererseits kann dieses Arbeitsmodell auch dazu führen, dass Grenzen zwischen Privatleben und Arbeitsleben verwischen. Und das kann Nachteile haben, wie zum Beispiel entgrenzte Arbeitszeiten. Wenn wir zum Beispiel nach dem offiziellen Feierabend noch mit dem Team kochen oder andere Dinge unternehmen, können wir schwerer von der Arbeit abschalten. Und das ist ein ganz wichtiger Faktor für die Erholung und Gesundheit.

Bei Freundschaften am Arbeitsplatz können auch schnell Dinge vermischt werden, die besser auseinandergehalten werden sollten. Freundschaften können sich verschlechtern und das kann sich dann negativ auf die Arbeit auswirken.

Frage: Wie kann man als Arbeitnehmer in so einem Berufsumfeld Grenzen setzen, damit die Work-Life-Balance trotzdem intakt bleibt?

Zacher: Ganz wichtig ist es, sich noch ein anderes Standbein außerhalb der Arbeit und neben den Kolleginnen und Kollegen aufzubauen. Ein Freundeskreis, mit dem man auch mal kritisch über die Arbeit sprechen kann oder ein Hobby, das andere Anforderungen an einen stellt und andere Ressourcen bietet als die Arbeit selbst.

Man sollte sich im Leben nicht nur auf die Arbeit fokussieren, sondern sich auch nach Ausgleichsmöglichkeiten im privaten Bereich umschauen. Es ist wichtig, dass man dann auch mal Abende oder Tage hat, an denen man von der Arbeit komplett abschalten kann.

Frage: Wenn ich gar keinen Drang habe, auf der Arbeit freundschaftliche Beziehungen aufzubauen: Sollte ich mich in dem Fall gar nicht auf Jobs in solchen Unternehmen bewerben?

Zacher: Als Bewerber würde ich auf jeden Fall aufhorchen, wenn diese familiäre Atmosphäre von einem Unternehmen so stark betont wird. Wichtig sind vor allem professionelle und faire Arbeitsbedingungen, weil die Erwerbsarbeit eben nicht die Familie oder der private Freundeskreis ist.

Wir wissen aus der psychologischen Forschung, dass sich Menschen sehr stark in ihren Präferenzen für die Stärke der Grenze zwischen Arbeit und Privatleben unterscheiden. Für manche ist es absolut in Ordnung, wenn diese Grenze eher fließend ist – und wenn Kollegen und Kolleginnen zum Freundeskreis gehören und sie viel Privates mit der Arbeit teilen. Andere Menschen bevorzugen es, stärkere Grenzen zu ziehen und die Arbeit bei der Arbeit zu lassen und das Private im Privaten. Je nachdem, was da die persönlichen Präferenzen sind, sollte man entscheiden, welches Unternehmen zu einem passt.

Unternehmen würde ich raten, vor allem auf professionelle Arbeitsbeziehungen und gute Arbeitsgestaltung zu setzen und nicht so sehr auf diesen familiären und Freundschafts-Aspekt. Man kann Freundschaften nicht erzwingen und es ist besser, wenn Freundschaften und gute Beziehungen natürlich entstehen. Eine positive Unternehmenskultur muss wachsen und kann nicht durch das Unternehmen vorgegeben werden.

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