Hamburg (dpa/tmn) – Wer wissen will, ob ein Restaurant oder Hotel einen Besuch wert ist, liest zuvor gerne die Bewertungen im Internet. Ähnlich gibt es Plattformen, auf denen Beschäftigte Arbeitgeber und Unternehmen beurteilen können.
Die Idee dahinter: Potenzielle Bewerberinnen und Bewerbern bekommen Einblicke, die ihnen bei der Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen weiterhelfen, der Arbeitsmarkt wird transparenter.
Aber wie sieht es rechtlich aus? Ist es unbedenklich, solche Bewertungen im Netz zu verfassen? Und bleibt die Anonymität immer gewahrt?
«Dem Arbeitnehmer steht ein Recht auf freie Meinungsäußerung zu, das auch während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses gilt», sagt Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Gleichzeitig bestehen in einem Arbeitsverhältnis aber auch «wechselseitige Rücksichtnahmepflichten». Der Arbeitnehmer müsse eine gewisse Mäßigung an den Tag legen, wenn es um Äußerungen geht, die den Arbeitgeber betreffen.
Wer dagegen verstößt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, die von einer Ermahnung, über eine Abmahnung bis hin zur (fristlosen) Kündigung reichen können. «Im laufenden Arbeitsverhältnis sollte sich der Arbeitnehmer also nur zurückhaltend äußern, wenn er Kritik öffentlich äußert», empfiehlt der Fachanwalt.
Die Meinungsäußerung hat Grenzen
In extremen Fällen können auch Schadenersatzansprüche drohen. Denkbar ist das etwa, wenn Beschäftigte wahrheitswidrig behaupten, der Arbeitgeber stehe kurz vor der Insolvenz oder verstoße gegen geltende Gesetze. Das gilt laut Fuhlrott zumindest dann, wenn andere Beschäftigte aufgrund dieser Äußerung nachweislich kündigen oder Bewerber einen Bogen um den Arbeitgeber machen.
Die Verhaltensweisen einzelner Personen zu kritisieren und deren Namen zu nennen, ist ebenfalls problematisch – «da das Persönlichkeitsrecht der genannten Person verletzt wird, die so an den Pranger gestellt wird.» Auch dürfen Mitarbeiter keine Geschäftsgeheimnisse offenbaren.
Klarname: Arbeitgeber kann mitunter Auskunft verlangen
In bestimmten Fällen müssen Verfasser einer Bewertung auch damit rechnen, dass ihre Anonymität offengelegt wird. Bei Straftaten, etwa der Beleidigung bestimmter Personen oder der Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen, kann der Arbeitgeber Strafanzeige stellen. «Die Staatsanwaltschaft, die die Straftat aufklärt, wird dann vom Portalbetreiber Auskunft verlangen können, wer die Äußerung getätigt hat», so Fuhlrott.
Auch ein Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg (Az.: 7 W 11/24) aus dem Februar zeigt, dass die Anonymität auf Arbeitgeberbewertungsplattformen nicht immer geschützt ist. In dem Fall war ein Arbeitgeber im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegenüber einer Bewertungsplattform erfolgreich. «Moniert ein Unternehmen konkrete Punkte am Eintrag, muss das Bewertungsportal nachforschen», erklärt Fuhlrott den Beschluss.
Das Portal müsse prüfen, ob die bewertende Person Arbeitnehmer oder Bewerber bei dem Unternehmen gewesen ist. Im Zweifel muss das Bewertungsportal dem Arbeitgeber die Namen der Ersteller der Bewertungen mitteilen. «Nur so kann dieser prüfen, ob diese aktuell oder vormals dort Mitarbeiter sind oder waren.»
Auch der Umstand, dass Verfasser negativer Bewertungen fürchten müssen, nach ihrer Kenntlichmachung Repressalien des Arbeitgebers ausgesetzt sein, rechtfertigt laut Gericht keine andere Sicht. Ein Arbeitgeber, der im Internet öffentliche Kritik hinnehmen muss, müsse die Möglichkeit einer Nachprüfung erhalten, da er sich nur so in der Sache positionieren könne.
Zur Person: Prof. Michael Fuhlrott ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg und Mitglied im Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA).