Berlin/Niederfinow (dpa/bb) – Der Bundesrechnungshof hält Kosten von fast 400 Millionen Euro für das neue Schiffshebewerk in Niederfinow für nicht gerechtfertigt. Die Kritik richtet sich gegen das Bundesverkehrsministerium, das mit dem Auftragnehmer, einem Zusammenschluss von Bauunternehmern, nach Streitigkeiten einen außergerichtlichen Vergleich schloss. Die Errichtung des Schiffshebewerks, das Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) im vergangenen Oktober eröffnete, verzögerte sich lange.
Der Bundesrechnungshof sprach von einer «zweifelhaften Einigung» und teilte am Dienstag nach einer Prüfung der Kosten mit, das Ministerium hätte den Vergleich nicht abschließen und die Vergleichssumme von 107 Millionen Euro nicht zahlen dürfen. Zuvor berichtete «Rbb24-Recherche» über den Abschlussbericht.
Kurz vor der Fertigstellung des Projektes seien die Streitigkeiten eskaliert, und das Bundesverkehrsministerium habe eine Bauruine befürchtet, hieß es. «Entgegen haushaltsrechtlicher Vorschriften schloss es einen Vergleich mit dem Auftragnehmer, ohne zu prüfen, ob dies für den Bund zweckmäßig und wirtschaftlich war», urteilte der Rechnungshof. Dabei hätten sowohl die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung als auch der juristische Berater festgestellt, dass die Forderungen des Auftragnehmers in der Sache und in der Höhe nicht gerechtfertigt gewesen seien. Der Bundesrechnungshof forderte das Ministerium auf zu prüfen, ob es den Vergleich rückabwickeln könne.
Im März hatte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) mitgeteilt: «Kurz vor der Fertigstellung drohten die Streitigkeiten zu einem Baustillstand bei der bereits 13,5 Jahre andauernden, um 8 Jahre verzögerten Baumaßnahme zu führen.» Ein vollständiges Scheitern des Projektes sei ein konkretes Szenario gewesen. Man habe deshalb Möglichkeiten eines außergerichtlichen Vergleiches ausgelotet, so der Sprecher. «Am Ende wurde mit Zustimmung des Bundesfinanzministeriums Einigkeit über eine Vereinbarung erzielt, mit der die Streitigkeiten durch einen Vergleich beigelegt wurden.»
Der Rechnungshof kritisierte auch, dass ihm das Ministerium keine belastbaren Nachweise für seine Befürchtungen vorgelegt habe. Zudem bestehe eine Gefahr, dass damit ein Exempel geschaffen werde: «Sind die zusätzlichen Forderungen und die damit einhergehende Komplexität hoch genug, lässt sich das BMDV ohne Prüfung auf zusätzlich geforderte Vergütungen ein», so der Rechnungshof.
Mit dem Schiffshebewerk Niederfinow (Kreis Barnim) überwinden Schiffe auf der Oder-Havel-Wasserstraße einen Höhenunterschied von 36 Metern. Immer wieder kam es auch zu Störungen an der Anlage, die eine Touristenattraktion ist.