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Brüssel ist gewappnet

Tagelang schon lähmt die Furcht vor Terrorangriffen wie in Paris das Leben in Brüssel. Belgische Fahnder fassen einen weiteren Verdächtigen, sehen die Gefahr aber nicht gebannt. Frankreich geht mit diplomatischen und militärischen Mitteln gegen den IS vor.

Brüssel/Paris (dpa) – Unter dem Druck drohender Terroranschläge bleibt das öffentliche Leben in Belgiens Hauptstadt vorerst weitgehend gelähmt. Die höchste Warnstufe für Brüssel wurde am Montagabend erneut verlängert, nach und nach sollen öffentliche Einrichtungen aber wieder öffnen. Die Suche der Ermittler nach dem Terrorverdächtigen Salah Abdeslam (26), Bruder eines der Selbstmordattentäter von Paris, blieb zunächst weiter ohne Erfolg.

Soldaten und Polizisten patroullieren auf der Grande place in Belgiens Hauptstadt Brüssel am 23. November 2015.

Bei Polizeieinsätzen in Brüssel wurden am Sonntagabend und am Montag mehrere Verdächtige festgenommen. Gegen einen von ihnen wurde Haftbefehl erlassen, wie die Staatsanwaltschaft am Montagabend in Brüssel mitteilte. Er soll eine Rolle bei den Anschlägen von Paris gespielt haben. Weitere Festgenommene kamen wieder auf freien Fuß.

Die maximale Warnstufe in Brüssel soll bis Montag nächster Woche gelten, allerdings sollen Schulen und die U-Bahn bereits von Mittwoch an wieder öffnen, teilte Premierminister Charles Michel nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates mit. «Die Situation bleibt unverändert», sagte Michel. Es bestehe immer noch eine «ernste und unmittelbare Bedrohung». Die Warnstufe gilt seit Samstagmorgen, weil die belgischen Behörden einen islamistischen Terroranschlag wie in Paris befürchten.

Salah Abdeslam weiter auf der Flucht
Den dritten Tag in Folge war die U-Bahn in Brüssel am Montag komplett geschlossen, es fuhren nur Busse und Straßenbahnen. Schulen, Universitäten, Schwimmbäder und Kinderkrippen waren geschlossen. Viele Einkaufszentren, große Geschäfte, Supermärkte, Banken und große Versicherungen blieben zu. Märkte und Sportereignisse waren abgesagt. Viele Unternehmen empfahlen ihren Mitarbeitern, von zu Hause zu arbeiten. Die Brüsseler EU-Institutionen waren geöffnet, allerdings galten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen und Personenkontrollen.

Der Hauptverdächtige Salah Abdeslam soll an den Anschlägen in Paris am 13. November mit 130 Toten und Hunderten Verletzten beteiligt gewesen sein. «Die Operation ist noch nicht beendet, sie muss weitergehen», sagte der belgische Innenminister Jan Jambon dem Sender VRT. Auf die Frage, wie der Gesuchte immer wieder entkommen könnte, sagte er: «Er muss sehr viel Unterstützung auf unserem Gebiet haben.»

In einem Vorort von Paris wurde am Montag ein Gegenstand entdeckt, der einem Sprengstoffgürtel ähnelt. Laut Polizei lag das verdächtige Fundstück in einem Mülleimer in der bislang nicht im Mittelpunkt der Terrorermittlungen stehenden Gemeinde Montrouge. Die Polizei sperrte das Gebiet weiträumig ab. «Die Ermittlungen sind im Gange», sagte ein Sprecher am Abend. Mehrere Attentäter von Paris hatten sich mit Sprengstoffgürteln in die Luft gesprengt.

Frankreich im Lufteinsatz gegen den IS
Die französischen Streitkräfte flogen derweil im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) wieder Lufteinsätze vom Flugzeugträger «Charles de Gaulle» aus. Dabei seien zwei Ziele zerstört worden, teilte der Generalstab ohne Angabe von Details mit. Um Terroristen den Geldhahn abzudrehen, will Frankreich außerdem die Regeln für sogenannte Prepaid-Bankkarten verschärfen, mit denen anonym Geld abgehoben werden kann, und die Befugnisse der Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche erweitern.

Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron gedachten vor dem Konzertsaal «Bataclan» in Paris der Opfer der Terrorserie. Das Treffen war für Hollande der Auftakt zu einer Woche intensiver diplomatischer Bemühungen. Der Staatschef will eine breite internationale Koalition gegen die IS-Terrormiliz schmieden. Dazu besucht Hollande an diesem Dienstag auch US-Präsident Barack Obama und am Donnerstag den russischen Staatschef Wladimir Putin. Cameron sagte Frankreich Unterstützung zu.

Einstimmge UN-Resolution
Der Kampf gegen den islamistischen Terror wird die Welt nach Ansicht von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) enger zusammenrücken lassen. Dieser Terror sei «eine Bedrohung für die Staatengemeinschaft als Ganzes», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Mein fester Eindruck ist, dass die internationale Gemeinschaft über alle Religionen und weltanschaulichen Grenzen hinweg jetzt verstanden hat, um was es geht.»

Steinmeier verwies auf die einstimmig verabschiedete Resolution des UN-Sicherheitsrats gegen den IS, mit der die Vereinten Nationen ein klares Zeichen gesetzt hätten. An die arabische Welt appellierte er, «dem islamistischen Terrorismus den ideologischen Nährboden zu entziehen». Zugleich würden in Deutschland Maßnahmen der inneren Sicherheit verstärkt, auch gegen zurückkehrende Kämpfer aus Syrien, Unterstützer und Sympathisanten.

Anschlag in Bamako
Nach dem Anschlag islamistischer Terroristen auf ein Luxushotel in Bamako am Freitag begann im westafrikanischen Mali eine dreitägige Staatstrauer. In Hotels und auf öffentlichen Plätzen wurden strenge Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Auch die Nachbarländer Senegal, Guinea und Mauretanien gedachten am Montag der 19 Todesopfer der Geiselnahme. Die malischen Sicherheitskräfte fahndeten weiter nach Komplizen der beiden Terroristen, die bei dem Anschlag ums Leben gekommen waren. Berichten zufolge bekannten sich zwei mit dem Terrornetz Al-Kaida verbundene Islamistengruppen zu dem Anschlag.

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