Teneriffa/Victoria (dpa) – Menschen mit angsterfüllten Augen und wenigem Hab und Gut, die aus ihren Häusern fliehen. Himmel, die vom dunklen Rauch tagelang verdeckt sind. Flammen, die sich den bewohnten Gebieten immer näher fressen. Gluthitze, erstickende Luft und heulende Feuerwehrsirenen. Zwei Wochen nach den verheerenden Waldbränden auf Hawaii mit mindestens 114 Todesopfern halten Feuer vielerorts wieder Zehntausende in Atem. Am Sonntag brannte es vor allem auf der bei Urlaubern beliebten Kanaren-Insel Teneriffa, in Griechenland und in mehreren Provinzen Kanadas weiter lichterloh.
Bislang gibt es nirgendwo Berichte über Tote. Das Leiden ist aber riesig. Etwa auf Teneriffa: «Wir sind in Panik geraten (…) das ist für uns Canarios eine Katastrophe», erzählte Rentner Antonio Jiménez der regionalen Digitalzeitung «CanariasAhora». Der 65-Jährige und seine Frau blieben trotz aller quälenden Angst die ersten Nächte nach Ausbruch des Feuers am Dienstagabend bei ihren Tieren – bis sie am Wochenende ihre Finca doch verließen. Eine andere ebenfalls evakuierte Frau sagte im TV: «Es ist zum Heulen.»
Auf Teneriffa erfassten die Flammen schon 11 600 Hektar Natur. Das entspricht der Fläche von gut 16 000 Fußballfeldern – oder fast sechs Prozent des Territoriums der spanischen Atlantik-Insel. Die Polizei sieht Brandstiftung als Ursache inzwischen als erwiesen an. Nach amtlicher Schätzung waren es bis Sonntag über 12 000 Menschen, die dem Evakuierungsaufruf der Behörden in den betroffenen Gebieten im Norden und Nordosten folgten. Genau weiß man es aber nicht, denn die große Mehrheit geht nicht zu den eigens vor allem in Turnhallen eingerichteten Notunterkünften, sondern zu Freunden und Verwandten. In den touristischen Gebieten herrsche derweil Normalität, hieß es.
Der kanarische Regierungschef Fernando Clavijo sprach von einem der schlimmsten Brände auf der Insel in den vergangenen 40 Jahren. Bei der Brandbekämpfung werden bis zu 300 Einsatzkräfte gleichzeitig sowie 24 Löschflugzeuge und Hubschrauber eingesetzt. Das schwer zugängliche Gelände, die widrigen Wetterbedingungen mit extremer Trockenheit, Hitze von bis zu 34 Grad und starken Winden sowie die starke Rauchentwicklung erschwerten die Löscharbeiten.
Im äußersten Nordosten Griechenlands konnten unter massivem Einsatz von Löschflugzeugen mehrere große Wald- und Buschbrände am Sonntag teils unter Kontrolle gebracht werden. «Die Lage ist etwas besser», sagte ein Feuerwehrmann dem Staatsradio (ERA -1). Die Gefahr sei aber noch nicht vorbei. Die Flammen haben laut den Behörden mehrere Häuser in der Ortschaft Loutros beschädigt und auch Agrarland zerstört. Acht Dörfer in der Nähe der Stadt Alexandroupolis wurden evakuiert. «Es war eine sehr schwierige Nacht», sagte Bürgermeister Giannis Zamboukis am Sonntag im staatlichen Rundfunk.
Noch schwieriger war aber die Situation in Kanada. In der Provinz British Columbia vereinten sich zwei Brände bis Samstagabend zu einem Feuer der Größe von mehr als 41 000 Hektar. Betroffen war die Region um den See Shuswap Lake im Süden der Provinz. Auf Bildern des Senders CBC waren im Ort Scotch Creek zerstörte Häuser und ausgebrannte Autos zu sehen. Offizielle Angaben zu den Schäden gab es zunächst nicht. In der gesamten Provinz galten Anordnungen, dass etwa 35 000 Menschen in Sicherheit gebracht werden sollen, wie Premierminister David Eby mitteilte. Touristische Reisen in den betroffenen Gebieten wurden ab sofort untersagt, damit die Unterkünfte für Einsatzkräfte und Evakuierte freigehalten werden.
Etwa hundert Kilometer weiter südlich an dem bei Touristen beliebten See Okanagan Lake wüten ebenfalls heftige Waldbrände. Das sogenannte McDougall Creek Fire, das unter anderem die Stadt West Kelowna bedroht, erstreckte sich nach Schätzungen der Behörden am Sonntag über eine Fläche von 11 000 Hektar. Der Brand hatte sich in seiner Größe seit Freitag mehr als verzehnfacht. Tausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen, mehrere Gebäude wurden zerstört.
Waldbrände sind in vielen Regionen Kanadas üblich. Derzeit erlebt man aber die schlimmste bekannte Saison in der Geschichte des Landes. «Das ist vorprogrammiert durch die Austrocknung der Böden, der Wälder und der Feuchtgebiete», sagte Johann Georg Goldammer, der das Zentrum für Globale Feuerüberwachung am Max-Planck-Institut für Chemie und an der Universität Freiburg leitet. Das Klima sei früher vorwiegend kalt und feucht gewesen. Das verändere sich vor allem durch die Wetterextreme. Entscheidend seien Ausreißer wie längere Dürreperioden. «Sie versetzen den Wald in höhere Brennbereitschaft.» Auch anderswo sind Experten nicht überrascht: «Eines ist klar: Der Klimawandel verstärkt extreme Wetterereignisse», betont Ruben del Campo, Sprecher des spanischen Wetterdienstes Aemet, immer wieder.