Herr Schröpf, Sie sind ja gebürtiger Amberger und Rückkehrer – wird es nicht auch für Ihren Protagonisten Schöngeist Zeit, nach Amberg umzuziehen?
Schröpf: Nein, wieso? Dem geht’s doch gut, wo er ist (lacht). Im Ernst, meine Uni-Residenzstadt Würzburg hat mir immer gut gefallen, und heute freue ich mich, wenn ich mit meiner Figur durch die Straßen und Gassen meiner Studienzeit schlendre, über meine Lieblingsplätze und in die Cafés und Kneipen von damals. Außerdem finde ich es ganz angenehm, dass ich gedanklich nicht so nah an meinem Wohnort arbeite.
Was macht einen Ort für Sie interessant?
Schröpf: Den Charme machten die vielen Freundschaften aus, die man in dieser Phase schließt. Regensburg wäre auch ein schöner Schauplatz, aber der war mir zu nah an Amberg. Außerdem ist die Natur in Mainfranken immer zwei Wochen weiter, der Frühling hält früher Einzug. Die Stadt ist mir schnell ans Herz gewachsen, das Panorama, Promenaden am Main, die Kneipen, das Schicksal der Stadt nach dem Krieg – mich haben die Romane von Leonhard Frank beeindruckt, der die Situation vor und nach der Zerstörung beschreibt.
In Ihren bisherigen Romanen haben Sie sich als literarischer Globetrotter erwiesen. Würzburg wird auch im dritten Band der Schöngeist-Reihe wieder nur Ausgangspunkt sein?
Schröpf: Richtig, jedenfalls sofern man schon von einem „dritten Roman“ sprechen kann. Ich habe bisher ein paar Ideen im Kopf und habe mir ein paar Notizen gemacht. Die Geschichte könnte mich dieses Mal nach Breslau führen, das mich persönlich sehr interessiert, seit ich es besucht und den polnischen Krimiautor Marek Krajewski kennenlernte, der das deutsche Breslau beschreibt. Aber endgültig festgelegt habe ich mich noch nicht.
Was ist Ihnen wichtig an diesen Ausflügen?
Schröpf: Mir geht es darum, einen Schritt aus unserem direkten Umfeld herauszutreten, neue, andere Einflüsse aufzunehmen. Im konkreten Fall Breslau bin ich neugierig, wo ein Teil der Kultur herkommt, der nach dem Krieg durch die Flüchtlinge zu uns gekommen ist, die uns auch geprägt hat. Ich möchte verstehen, welche Gemengelage zu dem Teufelskreislauf von Krieg, Zerstörung und Vertreibung geführt hat. Und ich möchte das anhand von spannenden Biographien erlebbar machen.
Sie arbeiten da auch biographisch?
Schröpf: Natürlich recherchiere ich auch konkrete Lebensläufe, um der Handlung jenseits des Unterhaltungswerts eine historische Authentizität zu verleihen. Ich habe zum Beispiel die Geschichte eines Nazi-Bürgermeisters ausgegraben, der sich als Widerstandkämpfer generiert und mit der Stadtkasse Richtung Westen flieht. Solche Fakten fließen in die Figuren ein, auch wenn ich sie nicht eins zu eins verwende.
Überleben alle ihre Schöpfungen die ersten Skizzen fürs Storyboard oder haben sie schon mal welche ganz gestrichen?
Schröpf: Gestrichen noch nicht, aber mich hat im Entstehungsprozess von „Dicht dran“ doch etwas überrascht, wie die Gestalt der Karin immer stärker wurde – Figuren können in diesem Sinn ein Eigenleben entwickeln. Im neuen Buch wird eine Randfigur aus dem ersten Roman, Peter, ein alter Schulfreund, etwas stärker in Erscheinung treten. Die Story beginnt mit seinem Verschwinden und Schöngeist macht sich auf die Suche nach seinen Wurzeln in Blaukirchen. Die Recherchen führen nicht nur nach Breslau, sondern enthüllen auch gut verborgene Geheimnisse des fremd gewordenen Bekannten.