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«Bio in der gesamten Wertschöpfungskette» – Özdemir eröffnet Messe

Bio in aller Munde - das möchte Agrarminister Özdemir erreichen. Die Nachfrage nach Öko-Lebensmitteln ging 2022 leicht zurück. Die Branche sieht eine Delle und fordert mehr Anreize.

Der Appetit auf Bio-Lebensmittel ist den Menschen in Deutschland trotz steigender Lebenshaltungskosten nicht vergangen: Sie gaben im vergangenen Jahr zwar etwas weniger dafür aus, aber immer noch mehr als vor der Pandemie. Bundesagrarminister Cem Özdemir möchte den Appetit auf Bio weiter anregen und die ganze Branche stärken: «Dabei geht es um Öko in der gesamten Wertschöpfungskette – auf den Feldern und in der Herstellung, in den Ladenregalen, aber natürlich auch an der Ladenkasse», sagte der Grünen-Politiker am Dienstag zur Eröffnung der weltgrößten Naturkostmesse Biofach in Nürnberg.

15,3 Milliarden Euro gaben Verbraucherinnen und Verbraucher 2022 nach Angaben des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) für Bio-Lebensmittel aus – und damit 3,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Doch im Vergleich zu 2019 stieg der Umsatz um 25 Prozent. 2020 und 2021 wuchs die Branche besonders kräftig, weil während der Corona-Krise mehr Menschen zu Hause kochten und dafür Bio-Lebensmittel kauften.

«Der Verbraucher-Wunsch nach Bio ist ungebrochen», sagte die BÖLW-Vorsitzende Tina Andres. Angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten griffen aber viele Menschen verstärkt zu preiswerteren Produkten – davon konnten insbesondere die Discounter und günstigere Handelsmarken profitieren. Die Preise für Bio-Lebensmittel stiegen den Fachleuten zufolge im Vergleich zu konventionellen Produkten allerdings weniger stark.

Auf der Biofach und der parallel veranstalteten Naturkosmetikmesse Vivaness werden bis Freitag mehr als 2700 Aussteller aus mehr als 90 Ländern ihre Produkte präsentieren. Zu den Trends gehören in diesem Jahr regionale Zutaten, neue Süßstoffe sowie ressourcenschonende und vegane Produkte.

Bio sei eine entscheidende Antwort auf die Klima- und Biodiversitätskrise, betonte Özedmir. Am Mittwoch werde das Kabinett den Entwurf des Öko-Landbaugesetzes beschließen. Die Bundesregierung und sein Ministerium planten unter anderem mehr Bio in Kantinen und Mensen, mehr Geld für die Öko-Forschung und eine Informationskampagne über Bio. Außerdem bekräftigte Özdemir das Ziel, dass 30 Prozent der Landwirtschaftsfläche bis 2030 ökologisch bewirtschaftet werden sollen.

«Die Zeit ist knapp. Das Ziel ambitioniert», sagte Andres. Demnach wirtschaftet inzwischen jeder siebte Hof in Deutschland ökologisch. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Höfe um 2,3 Prozent auf etwa 36 500. Die Anbaufläche nahm um 3,7 Prozent auf fast 1,87 Millionen Hektar zu – rund 11 Prozent der deutschen Agrarfläche.

Nach Ansicht der Verbraucherorganisation Foodwatch reichen die Ziele der Bundesregierung nicht. «Bio ist und bleibt Nische mit sieben Prozent Marktanteil», kritisierte Geschäftsführer Chris Methmann. Statt diese Nische zu päppeln, müsse die Politik die gesamte Landwirtschaft umbauen, um die gewaltigen Herausforderungen zu bewältigen.

Eine Umfrage des Agrarministeriums hatte ergeben, dass 33 Prozent der Menschen häufig Bio kaufen und 49 Prozent gelegentlich. Damit Kunden noch kräftiger zugreifen, braucht es Andres zufolge weitere Anreize der Politik: Neben einer Mehrwertsteuersenkung für Bio fordert sie, dass sich die Umweltkosten auch in den Preisen der Waren widerspiegeln müssten. Solange es sich nicht lohne, Ressourcen zu sparen, lebe die Bio-Wirtschaft mit einer «eklatanten Wettbewerbsverzerrung».

Andere Bio-Verbände fordern außerdem einen Schadensausgleich für die Branche: Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft und der Bundesverband Naturkost Naturwaren schätzen, dass der Einsatz von Pestiziden in der konventionellen Landwirtschaft den Bio-Unternehmen mehr als 100 Millionen Euro an Folgekosten verursacht. Allein für die Rückstandsanalyse müsse die Branche hochgerechnet rund 23 Millionen Euro ausgeben.

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