Celle (dpa/tmn) – Sie wissen, was ein Anscheinsbeweis ist? Vereinfacht gesagt versteht man in der Rechtsprechung darunter: Rückschlüsse aus bewiesenen Tatsachen aus anderen Fällen können auf zu beweisende Tatsachen übertragen werden – typische Abläufe etwa.
Der Anscheinsbeweis kann oft dafür sprechen, dass der Auffahrende Schuld hat. Das kann auch bei Unfällen ohne Berührungen zweier Fahrzeuge gelten. Das zeigt ein Fall (Az.: 14 U 32/23), der vor dem Oberlandesgerichts (OLG) Celle verhandelt wurde.
Motorradfahrer stürzt ohne Berührung
In dem Fall ging es um einen Motorradfahrer, der mit seiner Maschine auf der Landstraße hinter einem Auto fuhr. Ein Hindernis auf der Gegenfahrbahn veranlasste einen Entgegenkommenden zum Ausweichen – dabei gelangte er auf die Fahrspur von Auto und Motorrad. Daraufhin bremste der Vordermann des Motorradfahrers abrupt ab.
Auch der Biker stieg in die Eisen, verlor aber dabei die Kontrolle. Er stürzte infolge des Manövers und wurde verletzt. Im Nachgang verklagte er den Autofahrer von der Gegenfahrbahn auf Schadenersatz. Der Fall ging über mehrere Instanzen vor Gericht.
Das OLG Celle klärte den Fall final
Schlussendlich gab das OLG Celle dem Motorradfahrer recht – allerdings nur zum Teil. Denn das Gericht nutzte die Grundsätze des Anscheinsbeweises. Der sprach hier dafür, dass der Hinterherfahrende einen Verkehrsverstoß begangen hatte. Schließlich war er so gefahren, dass er nicht mehr rechtzeitig und gefahrlos hatte bremsen konnte. Daher musste der Motorradfahrer überwiegend mit einer Quote von 60 Prozent haften.
Allerdings trug auch der Autofahrer durch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs und mit dem Vorbeifahrmanöver in den Gegenverkehr zum Unfall bei – so musste er zu 40 Prozent haften.