Brüssel (dpa) – Günther Oettinger sorgt in Brüssel wieder einmal für Aufregung. An diesem Montag musste der deutsche EU-Kommissar im Europaparlament zu einer Anhörung antreten. Ist die «Schlitzaugen-Affäre» doch noch nicht überstanden? Fragen und Antworten im Überblick:
Der Name Oettinger ist in Brüssel derzeit in aller Munde. Ist der 63-Jährige erneut in ein Fettnäpfchen getreten oder in eine Affäre geschlittert?
Nein. Diesmal ist es seine Beförderung innerhalb der EU-Kommission, die für Wirbel sorgt. Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat dem Deutschen zum 1. Januar die Zuständigkeit für den EU-Haushalt und das Personalwesen der 33 000 Mitarbeiter zählenden Behörde übertragen. Damit hat dieser eine deutlich verantwortungsvollere Aufgabe als früher. Zuletzt musste sich Oettinger um das wenig prestigeprächtige Ressort Digitalwirtschaft kümmern.
Gibt es etwas am Aufstieg Oettingers auszusetzen?
Organisationen wie Transparency International und Lesben- und Schwulenverbände kritisieren, dass Oettinger jetzt für das Personalwesen der EU-Kommission zuständig ist. Für diese Aufgabe sei er wegen Affären um «rassistische, sexistische und homophobe Bemerkungen» nicht geeignet, schrieben sie zur Anhörung im Parlament. Hinzu komme, ein fraglicher Umgang mit Lobbyisten.
Wie kommt es zu der Kritik?
Ein Grund ist eine Rede, die Oettinger Ende Oktober in Hamburg hielt. Der EU-Kommissar bezeichnete dabei Chinesen als «Schlitzaugen», sprach von einer «Pflicht-Homoehe» und machte missverständliche Äußerungen zur Frauenquote. Wenig später wurde zudem bekannt, dass Oettinger im Mai im Privatjet des ehemaligen Daimler-Manager und russischen Honorarkonsul Klaus Mangold zu einem Abendessen mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban geflogen war. Kritiker sehen darin einen Verstoß gegen Ethikregeln der Behörde.
Was sagt Oettinger zu den Vorwürfen?
Bei der Anhörung im Parlament bat Oettinger für die Hamburger Rede erneut um Verzeihung. Die Flugreise im Jet des Lobbyisten Mangold wurde seinen Angaben zufolge von der ungarischen Regierung organisiert und verstieß nicht gegen die Ethikregeln – zumindest nicht nach Meinung der EU-Kommission.
Wie ist die Anhörung für Oettinger gelaufen?
Der Deutsche gab eine souveräne Vorstellung ab und ließ sich von kritischen Fragen nicht nervös machen. Mit Blick auf das schwierige EU-Haushaltsressort verwies er vor allem auf seine langjährige Erfahrung als Ministerpräsident in Baden-Württemberg. Dort gelang ihm 2008 etwas, wofür ihn der Bund und viele andere Länder damals beneideten: Nach 36 Jahren schaffte er erstmals die schwarze Null im Haushalt.
Könnten die Abgeordneten dennoch noch dafür sorgen, dass Oettingers Beförderung wieder rückgängig gemacht werden muss?
Nein. Das EU-Parlament hat in diesem Bereich kein Mitspracherecht – es könnte nur dem kompletten Kollegium der Kommissare das Misstrauen aussprechen. Dies gilt als ausgeschlossen, auch wenn viele Abgeordnete sauer darüber sind, dass Kommissionschef Juncker den Deutschen bereits zum 1. Januar zum Kommissar für Haushalt und Personal machte. Sie hätten sich gewünscht, dass der Luxemburger dies erst nach der Anhörung tut. «Junckers Entscheidung, nicht einmal die Anhörung im Parlament abzuwarten, ist eine inakzeptable Machtdemonstration», schimpfte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold.