Barcelona (dpa) – Bei der wichtigsten Mobilfunk-Messe Mobile World Congress treten die Gegensätze zwischen der Telekom-Industrie und den Internet-Konzernen offen zu Tage. Konzernchefs der Netzbetreiber prangerten am Montag Wettbewerbs-Nachteile an und forderten gleiche Bedingungen. Google kündigte unterdessen bei der Messe in Barcelona an, dass der Konzern in den USA selber ins Geschäft mit Mobilfunk-Diensten einsteigen werde. Der Internet-Konzern wolle aber nicht ernsthaft ein Netzbetreiber werden, versicherte Google-Manager Sundar Pichai.
Von Google wird es zudem eine Plattform für mobile Bezahldienste für Hersteller von Smartphones mit seinem Betriebssystem Android geben. Die Deutsche Telekom will unterdessen ein «Europa-Netz» mit schnellem mobilen Internet über die Grenzen Deutschlands hinaus ausbauen.
Ein wiederkehrender Punkt waren am Montag aber die Differenzen zwischen den Netzbetreibern und der Internet-Branche. «Wie kann man einem Videodienst konkurrieren, der kostenlos ist?», beklagte der Chef der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges. Die Telekom-Branche werde dabei viel schärfer als die Internet-Konzerne reguliert. «Sind Facebook oder Googles Hangouts ein Kommunikationsdienst? Definitiv ja. Aber sie werden nicht als solche behandelt», kritisierte der Telekom-Chef. «Wir brauchen ein gleiches Spielfeld. Eine Regulierung, in der alle gleich behandelt werden.» Er konkurriere gern – «aber nicht mit Handschellen oder Zusatzgewicht». «Wir wollen die Internet-Firmen nicht in eine Regulierung zwingen. Aber wenn sie davon befreit sind, wollen wir es auch sein.»
Während die Mobilfunk-Provider Milliarden in neue Netze investierten, die sie zurückverdienen müssen, kämen die Internet-Player mit geringen Investitionen aus. Die Internet-Unternehmen, die meisten von denen aus den USA kommen, kontern den Vorwurf der Provider mit dem Hinweis, erst ihre Dienste machten die Mobilfunk-Netze für die Verbraucher attraktiv.
Höttges sagte, man brauche auch bei einer Netzneutralität verschiedene Priorisierungsklassen: «Daten aus dem Auto müssen immer Priorität haben, Gesundheit muss immer Priorität haben.» Nach Barcelona kommt auch der Chef des amerikanischen Telekom-Regulierers FCC, Tom Wheeler. Seine Behörde hatte vergangene Woche eine strikte Umsetzung der Netzneutralität mit einem Verbot bezahlter Überholspuren für bestimmte Daten oder Dienste beschlossen.
Google-Manager Sundar Pichai sagte in Barcelona, an der Bezahlplattform Android Pay werde derzeit gearbeitet. «Jeder soll einen Bezahldienst auf dieser Plattform aufbauen können.» Damit bekämen die Hersteller von Android-Geräten den Zugang zu einem vergleichbaren Angebot wie der Bezahldienst Apple Pay im neuen iPhone 6. Wie der Google-Service mit dem am Sonntag angekündigten Dienst Samsung Pay zusammenpassen könnte, ließ Pichai offen. Nach aktuellem Stand würden sie parallel existieren. Samsung ist einer der wichtigsten Hersteller von Android-Smartphones. Google hatte vor wenigen Tagen Technologien von der Firma Softcard gekauft, dem mobilen Bezahldienst der amerikanischen Mobilfunk-Betreiber.
Die Telekom verband für ihr «Europa-Netz» als erste drei von zehn Ländern Kroatien, Ungarn und die Slowakei. In den europaweiten Ausbau sollen bis 2018 insgesamt mehr als sechs Milliarden Euro investiert werden, hieß es.