In der amerikanischen Fernsehserie Mad Men meistert der Werber Don Draper die Hürde, die seinem Kunden Lucky Strike in den Weg gelegt wird: Die Firma darf nicht mehr die gesundheitlichen Vorteile des Rauchens postulieren. Draper fällt ein, ein neues Image aufzubauen mit dem Slogan “It”s toasted!”, das mehr auf die Art der Produktion als die Wirkung abzielt. Versucht die EU der Tabakindustrie nun mit der neuen Richtlinie Fesseln anzulegen, die auch Don Draper nicht mehr überwinden könnte??
?Ulf Bauer: “Never say never”, würde Drapper sich vielleicht hilfesuchend rausreden. Aber er stünde vor einer gewaltigen Aufgabe, wollte er sich von diesen Fesseln befreien. Der Vorschlag zur Richtlinie, der nun im EU-Parlament und den EU-Mitgliedsstaaten diskutiert wird, legt in weiten Teilen nicht mehr allein regulative Fesseln an, er ist Vorschlag zur Prohibition. Ein Beispiel: Allein Polen würde auf Basis des Vorschlags von einem auf den anderen Tag rund 40 Prozent seiner Tabakprodukte verlieren, weil sie schlicht verboten wären.?
Welche vorgeschlagenen Regelungen gehen für Sie zu weit??
?Ulf Bauer:
Die Position wurde neu geschaffen und ist in Brüssel angesiedelt.
Verbote und Standardisierungen ohne fundierte, wissenschaftlich anerkannte Begruendung gehen mir zu weit. Das betrifft zum Beispiel das Verbot von Slim Cigaretten, das betrifft das Verbot von Menthol, das betrifft den Zwang zur Einheitspackung und zum Einheitsprodukt. Diese Direktive macht Attraktivität zur Basis für Regulierung. Wer sagt, was attraktiv ist oder nicht? Das ist sehr subjektiv und kann zu purer Willkür werden. Zudem finde ich es bemerkenswert negativ, dass die EU nach wie vor nicht bereit ist, sich einer ernsthaften wissenschaftlichen Diskussion zum Thema Risikoreduzierung bei Tabakprodukten zu stellen. Die USA macht es vor und ist uns da weit voraus.?
?Haben Sie von der deutschen Autorin und Juristin Juli Zeh die Novelle “Corpus Delicti” gelesen? Darin wird Gesundheit zum Staatsprinzip erhoben, was aus beispielsweise Rauchern Staatsfeinde macht – die zu bekämpfen staatliches Interesse und gesellschaftlicher common sense wird. Sehen Sie eine Pflicht zur Gesundheit auf dem Vormarsch??
?Ulf Bauer: Zunaechst: Juli Zeh muss ich noch lesen. Aber das ist eine sehr philosophische Frage. Und es ist überhaupt keine Frage, dass die Gesundheit eines Menschen mit zu dem Wichtigsten gehört, was er hat. Aber ich möchte persönlich nicht in einer Gesellschaft leben, in der mir jeder Schritt vorgegeben oder jeder Genuss madig gemacht oder verboten wird. Eine Tendenz dazu sehe ich auch abseits von Tabak, und ich bin sehr gespannt auf den Zeitpunkt, zu dem die Menschen sagen: bis hierhin und nicht weiter.?
?Würden Sie zustimmen, dass auf allen Produkten, die wie Coca Cola viel Zucker enthalten und nachgewiesen gesundheitsschädigend sind, künftig Bilder von Fettlebern etc. abgedruckt werden müssen??
?Ulf Bauer: Zunächst muss ich mich mal um mein eigenes Thema kümmern. Und dazu habe ich eine klare Haltung. Tabak ist mit Risiko verbunden, über die Risiken muss jeder aufgekärt werden und sein. Wie weit das gehen soll oder muss, darüber werde ich gerne streiten. Und ich bin sicher, das tun andere auch. Coca Cola hat genau diese Diskussion zurzeit in Neuseeland, Thailand erwägt Alkohol nur noch in farblosen, einheitlichen Flaschen zu erlauben, in Australien gibt es einen Vorschlag, Fast Food die Werbung zu verbieten und einheitlich weiß einzupacken. Diese Trends werden sich fortsetzen. Fragt sich, wo wir enden??
?Wie ist der Protest gegen die Richtlinie organisiert: wieviel Geld steht zur Verfügung, wie arbeiten Produzenten und Einzelhandel zusammen??
Ulf Bauer: Die Tabakproduktrichtlinie betrifft in Europa rund 1,5 Millionen Bürger unmittelbar – vom Tabakbauern bis zum Kioskbetreiber. Familien, Freunde sind da nicht eingerechnet. Ich habe keine Ahnung über eine Zahl, die widerspiegelte, was diese Menschen gemeinsam in die Hand nehmen, um auf ihre Positionen hinzuweisen. Richtig ist, dass der Vorschlag in seiner Striktheit und seiner allumfassenden Regulierungswut viele Menschen vereint, ihre Stimme zu erheben – zurecht.